Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
inneren Systems schienen sich dafür anzubieten–, doch es gab nicht die geringsten Anzeichen dafür. Höchstwahrscheinlich befand sich Chays Bewusstsein Hunderte oder gar Tausende von Lichtjahren entfernt, tief im Innern der Substrate einer völlig fremden Gesellschaft.
Manchmal sah Prin nachts zu den Sternen hoch und fragte sich, wo Chay war.
Fühlen Sie sich nicht schuldig, weil Sie sie zurückgelassen haben? Wie können Sie sich nicht schuldig fühlen, obwohl Sie sie zurückgelassen haben? Schlafen Sie gut, mit all der Schuld? Träumen Sie von ihr? Sie müssen sich schuldig fühlen– würden Sie so etwas noch einmal tun? Hätte sie Sie dort zurückgelassen?
Immer wieder hatte man ihm diese Fragen gestellt, in der einen oder anderen Form, und immer hatte er sie wahrheitsgemäß beantwortet.
Die Pro-Höllen-Leute hatten versucht, ihn mithilfe der Chay zu erreichen, die auf dem Hausboot erwacht war, der Chay, die sich nie an die gemeinsam in der Hölle verbrachte Zeit erinnern würde. Sie hatten jene Chay dazu bringen wollen, ihn anzuzeigen, weil er sie zurückgelassen hatte. Aber sie war nicht dazu bereit gewesen, sich als Werkzeug gegen ihn benutzen zu lassen. Sie meinte, zu Anfang wäre sie verletzt gewesen, dann aber zu dem Schluss gelangt, dass er richtig gehandelt hatte. Sie glaubte noch immer fest an ihre Mission und sicherte ihm ihre volle Unterstützung zu.
Sie weigerte sich standhaft, jene Dinge zu sagen, die die Medien von ihr hören wollten– insbesondere die feindlichen Medien, die die Hölle befürworteten–, und so hörten sie bald damit auf, sie zu fragen, wie sie sich fühlte.
Die Pro-Höllen-Seite– die Erruns von Pavul, jene Leute, die eine Hölle behalten wollten– hatten auch versucht, Prin mit öffentlichen Verlautbarungen in Versuchung zu führen, insbesondere mit einem kaum verhüllten Angebot: Sie würden Chay freilassen, wenn er seine früheren Aussagen zurücknahm und auf weitere Auftritte als Zeuge verzichtete. Er hatte Filhyn und Kemracht gestattet, ihn vor dieser Art von Verlockung zu schützen, aber er konnte kaum etwas machen, wenn Journalisten bei einem Live-Interview fragten, was er von solchen Angeboten hielt.
Und jetzt, eine Woche vor seiner Aussage vor dem Galaktischen Rat, hatten ihn die Pro-Höllen-Leute gefunden.
Prin wusste, dass etwas nicht stimmte, noch bevor er ganz wach war. Er fühlte sich wie jemand, der auf einem schmalen Felsvorsprung hoch oben an einer Klippe eingeschlafen war und beim Erwachen in Dunkelheit die Andeutung einer Kante im Rücken spürte, und Leere, als er sich zur Seite streckte.
Sein Herz klopfte heftig, der Gaumen war trocken, und er fürchtete zu fallen. Er versuchte, richtig wach zu werden.
» Prin, mein Sohn, ist alles in Ordnung mit Ihnen?«
Es war die Stimme von Repräsentant Errun, des alten Pro-Höllen-Aktivisten, der vor zwei Monaten im Parlament versucht hatte, ihn an der Aussage zu hindern. Natürlich fühlte es sich jetzt so an, als hätte er gewusst, dass man Errun zu ihm schicken würde, aber er sagte sich, dass es nur ein Zufall war.
Prin erwachte und sah sich um. Er befand sich in einem recht großen und ziemlich unaufgeräumten, komfortabel wirkenden Raum, der vielleicht Repräsentant Erruns Arbeitszimmer nachempfunden war.
Also war er nicht wirklich wach und sah sich auch nicht wirklich um. Sie hatten einen Weg in seine Träume gefunden, um ihn dort in Versuchung zu führen. Er fragte sich, wie sie dies geschafft hatten, und er sprach die Frage aus: » Wie haben Sie dies geschafft?«
Errun schüttelte den Kopf. » Die technischen Einzelheiten kenne ich nicht, Sohn.«
» Bitte nennen Sie mich nicht › Sohn‹.«
Errun seufzte. » Ich möchte einfach nur mit Ihnen reden, Prin.«
Prin stand auf und ging zur Tür des Zimmers. Sie war abgeschlossen. Wo man Fenster erwartet hätte, befanden sich Spiegel. Errun beobachtete ihn. Prin deutete zum Schreibtisch. » Ich beabsichtige, die alte Lampe dort zu nehmen und zu versuchen, Ihnen damit auf den Kopf zu schlagen, Repräsentant. Was, glauben Sie, wird geschehen?«
» Ich glaube, Sie sollten sich hinsetzen und uns miteinander reden lassen, Prin«, sagte Errun.
Prin schwieg. Er ging zum Schreibtisch, nahm die schwere Öllampe und hielt sie so mit beiden Rüsseln, dass der schwere Sockel nach oben zeigte. Dann näherte er sich dem älteren Mann, der jetzt besorgt wirkte.
Plötzlich saß er Errun gegenüber, sah zum Schreibtisch und stellte fest, dass die Lampe wieder
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