Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
präsentierten ihm Details aller Rollen, die er in diesem gewaltigen Krieg gespielt hatte, im Krieg um die Höllen.
Es war eine angenehme Abwechslung im Vergleich mit dem täglichen blutigen Einerlei des Kriegshandwerks. Ein Treffen war harmlos und unblutig, vielleicht ebenso langweilig wie der Krieg, aber ohne das Grauen und Entsetzen, das ihn gelegentlich begleitete. Andererseits… Vatueil hatte das Gefühl, gerade auf irgendeine Weise sondiert oder überprüft worden zu sein. Die Sondierung oder Überprüfung schien all jene Einsätze im Krieg zu betreffen, die es ihm ermöglicht hatten, befördert zu werden und mehr Verantwortung zu bekommen. All die Bilder tanzten durch sein Selbst, wie aus dem Gedächtnis abgerufen.
Treffen. Das Treffen. Das Treffen im Schiff. Eine Besprechung. Mit vielen kleinen Fremden und einem anderen Panmenschen. Ein großer Bursche. Oder zumindest wichtig. Vatueil hätte auch den Namen seiner Spezies wissen sollen, aber er fiel ihm nicht ein.
Bei jenem Treffen war er weit entfernt gewesen. In einem selten bereisten Winkel der Simulation… Nein, er war im Realen gewesen. Wieder im Realen. Na, so was. Man hatte ihm einen wiederverwendbaren, download-bereiten Körper gegeben, und er war bei dem Treffen mit dem niedlichen kleinen Fremden mit den großen Augen und dem einen wichtigen Panmenschen physisch präsent gewesen.
Noch immer konnte er sich nicht an den Namen der Spezies erinnern, der jener Bursche angehörte. Vielleicht hatte er mit seinem Namen etwas mehr Glück. Vister? Peppra? Etwas in der Art. Ein wichtiger Bursche. Ganz oben im zivilen Bereich. Eine große Nummer. Paprus? Shepris?
Vatueil erinnerte sich daran, dass er sich bei dem Treffen nicht gelangweilt hatte. Es war wirklich von Bedeutung gewesen. Wenn ihn seine Erinnerungen nicht trogen, war er nervös und aufgeregt gewesen, voller Energie; er hatte das Gefühl gehabt, dass über sehr wichtige Dinge entschieden wurde, und er war dabei.
Er war in den Körper transferiert, in ihn transkribiert worden. Anschließend, nach Erfüllung seiner Pflichten, hatte man ihn vielleicht retranskribiert und dorthin zurückgeschickt, woher er gekommen war.
Er sah das große Wesen an, das neben ihm hing, blickte ihm in die gelben Augen. » Wie komme ich hierher?«, fragte er. » Wie haben Sie mich… geholt?«
» Geff-Feff-Keff-Feff nicht sehr schlau.«
Vatueil starrte das Geschöpf an, schloss dann die Augen und schüttelte den Kopf. » Entschuldigung, aber mit dem ersten Teil kann ich nichts anfangen.«
» GFKF nicht sehr schlau«, sagte das Wesen.
Den Kopf zu schütteln, schien geholfen zu haben. Jetzt erkannte Vatueil Riemen und Taschen am Körper mit dem goldgrauen Fell. Hinzu kam eine Art Headset– dünn, metallisch, wie Schmuck glitzernd–, um den Hinterkopf geschlungen und sich von dort in Richtung Ohren, Augen, Nase und Mund streckend, ohne sie ganz zu erreichen.
» Die GFKF ?«, fragte Vatueil. Ein Empfinden, das zu gleichen Teilen aus Furcht und Trauer bestand, senkte sich auf ihn herab. Er bemühte sich, nichts davon zu zeigen.
» Nachrichtenprotokolle«, sagte Lagoarn-na. » Geschenke des Wissens, von oben nach unten, nicht immer maximal in eine Richtung. Was gegeben wird, könnte irgendwann zurückgegeben werden, wobei › irgendwann‹ einen ziemlich großen Zeitraum betreffen könnte. Oder einen kleinen, bei durch Täuschung und Diebstahl gewonnenem Wissen. Und so, als Ergebnis, das Hier und Heute. Deutlich? Deutlich: alter Code, verborgen; deshalb Hintertür; Unwissenheit in Bezug auf.«
Die GFKF . Und die NR . Die Nauptre-Reliquaria. So hieß die Spezies, zu der Lagoarn-na gehörte. Beziehungsweise die Nauptre. Das mit den Reliquaria bezog sich auf die Maschinen, die alles übernommen hatten, während sich die Nauptre, der biologische Teil der Superspezies, auf die Sublimation vorbereiteten, wie alle glaubten. Das hatte ihn so verwirrt: Die NR präsentierten sich immer als Maschinen. Die ursprüngliche Bio-Spezies bekam man nur in einem historischen Kontext zu Gesicht, sonst nie.
Sie mussten ihn abgefangen haben. Als sein Bewusstsein nach Update und Download in die Kriegssimulation zurückgeschickt werden sollte, mussten die NR eingegriffen und ihn hierhergebracht haben.
Vatueil fragte sich, wie schlimm das war– denn es konnte sehr schlimm sein. Wenn er es überhaupt nicht zurückgeschafft hatte, würden gewisse Leute zumindest erkennen, dass es ein Problem gab. Aber vielleicht hatte man ihn nur kopiert.
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