Krieg der Seelen: Roman (German Edition)
großes rotes Sandsteinhaus mit vielen Verzierungen und zahlreichen hohen Fenstern. Hier und dort gab es Türme und Rondelle, und unten führte ein gepflasterter Weg an den Mauern vorbei. Als sie die Ohren spitzte, hörte sie das Flüstern des Winds in den nächsten Baumwipfeln, einige Rufe, die klagend klangen und vermutlich von Vögeln stammten, und leises Geblöke von den auf der Wiese grasenden Vierbeinern.
Sie kehrte ins Schlafzimmer zurück, stand in seiner relativen Stille und räusperte sich.
» Na schön, es ist eine Simulation. Gibt es hier jemanden, mit dem ich reden kann?«
Keine Antwort. Sie holte Luft, um noch etwas zu sagen, aber plötzlich klopfte es leise an einer der beiden breiten Holztüren des Zimmers.
» Wer ist da?«, rief sie.
» Ich heiße Sensia«, antwortete eine angenehm klingende Frauenstimme, und sie stellte sich vor, dass sie einer älteren Frau gehörte, die beim Sprechen lächelte. Sie erinnerte sich an eine Tante, die so geklungen hatte, wenn auch vielleicht nicht ganz so vornehm.
» Einen Moment.« Sie schaute an sich hinab und stellte sich vor, ein schlichtes weißes Nachthemd zu tragen. Aber nein, sie blieb nackt.
Neben der Tür stand etwas, das nach einem großen Kleiderschrank aussah. Sie öffnete ihn und fragte sich, warum sie das tat. Sie befand sich in einer Simulation; dies sah nicht einmal nach ihrem Körper aus, und außerdem war sie in Hinsicht auf ihren Leib nie befangen oder gehemmt gewesen. Wie denn auch, als Intaglierte? Die Vorstellung wäre lächerlich gewesen, wenn sie nicht mit Bitterkeit verbunden gewesen wäre. Andererseits, ohne all die Zeichen und Markierungen fühlte sie sich nackt, und sowohl das allgemeine Gefühl, das diese Simulation vermittelte, als auch die allgemeinen Gebote des Anstands schienen zu verlangen, dass sie sich bedeckte.
Der Schrank enthielt viele prächtig aussehende Kleider. Sie wählte ein einfaches, dunkelblaues Gewand, das aus dem gleichen Stoff zu bestehen schien wie das Laken. Damit trat sie vor die breite Tür, räusperte sich erneut, straffte die Schultern und drückte die große Klinke.
» Hallo«, sagte eine schlichte, aber freundlich aussehende Frau in den späten mittleren Jahren. Hinter ihr erstreckte sich ein langer Flur mit weiteren Türen und Balustraden, dahinter ein zwei Stockwerke hoher Saal. » Darf ich eintreten?« Sie hatte weißes Haar, zu einem Knoten zusammengesteckt, und glänzende grüne Augen, und sie trug ein dunkles Kostüm ohne irgendwelche Verzierungen.
» Ja, bitte«, sagte sie.
Sensia sah sich um und klatschte einmal in die zerbrechlich wirkenden Hände. » Sollen wir uns draußen hinsetzen? Ich habe dafür gesorgt, dass man uns etwas zu trinken bringt.«
Sie zogen zwei schwere, brokatbezogene Stühle durchs mittlere Fenster auf den größten Balkon und nahmen Platz.
Ihre Augen stehen zu weit auseinander, dachte sie. Sie sieht in die Sonne. Eine normale Person würde jetzt die Augen zusammenkneifen, oder?
Auf einem Sims weiter oben schienen zwei kleine blaue Vögel gegeneinander zu kämpfen. Immer wieder sprangen sie sich an, schlugen wild mit den Flügeln, stießen manchmal mitten in der Luft mit der Brust gegeneinander und fielen dann wieder zurück. Schrilles Gezwitscher begleitete all dies.
Sensia lächelte herzlich und faltete die Hände. » Nun«, sagte sie, » wir sind in einer Simulation.«
» Das dachte ich mir«, erwiderte sie. Das rote Wort leuchtete an den Beinen der ihr gegenübersitzenden Frau.
» Wir entfernen das«, sagte Sensia, und das Wort verschwand aus ihrem Blickfeld. Das fühlte sich ein wenig seltsam an, obwohl sie eigentlich davon ausgehen konnte, dass man in einer Simulation immer unter der Kontrolle von jemandem stand. » Es mag ein wenig sonderbar klingen«, fuhr die Frau fort, » aber darf ich Sie darum bitten, mir Ihren Namen zu nennen?«
Sie sah Sensia groß an, und für den Bruchteil eines Augenblicks fragte sie sich, wie ihr Name lautete. » Lededje Y’breq«, antwortete sie. Der Name platzte fast aus ihr heraus. Natürlich.
» Danke. Ich verstehe.« Sensia sah zu den beiden immer noch streitenden Vögeln, deren Gezwitscher plötzlich aufhörte. Einen Moment später kamen sie herangeflogen, setzten sich kurz auf Sensias Finger und sausten dann in unterschiedliche Richtungen davon. » Und von wo genau kommen Sie?«
Wieder kam es zu einem kurzen, kaum merklichen Zögern. » Ich… ich gehöre zu Veppers’ Gefolge.« Veppers, dachte sie. Wie seltsam,
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