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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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wie sich das Tattoo in ihrem Gesicht neu anordnete. Nach weniger als einer Sekunde erkannte sie sich selbst nicht wieder. Der Effekt war verblüffend: Die Linien ballten sich hier zusammen, wurden dort dicker oder dünner, deuteten Schatten und Neigungen an, die eigentlich gar nicht existierten, gaben der Haut eine gewisse Röte… und dadurch, mit vagen Hinweisen auf veränderte physiognomische Landschaften, auf neue Strukturen, Farben und Texturen, sah Lededjes Gesicht ganz anders aus.
    Sie drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, bewegte das Gesicht, beobachtete ihr Abbild im Invertor und stellte fest, wie sie aussah, wenn das Licht sie nur von einer Seite erreichte. Am tarnenden Effekt änderte sich nichts: Das Gesicht wirkte breiter und dunkler, die Brauen dichter, die Nase flacher, die Lippen voller und die Wangenknochen weniger ausgeprägt.
    Lededje nickte. » Das ist ziemlich gut«, räumte sie ein und wandte sich dem Avatar zu. » Danke.«
    » Gern geschehen«, sagte Demeisen. » Können wir jetzt los?«
    » Bleibt mir eine Wahl?«
    » Klingt für mich nach herzlicher Zustimmung.«
    » Warten Sie. Als wen präsentieren wir…«, begann sie, starrte auf ihr leicht verzerrtes Abbild, das ihr das Gesicht einer fremden Frau zeigte, und lauschte dem Klang der eigenen Worte. » …mich?«, beendete sie den Satz.
    Einen Moment später stand sie blinzelnd in der kühlen, angenehm riechenden Luft eines großen, hellen Raums, der offenbar zu einem großen Gebäude gehörte.
    Ihrem Blick boten sich ein Nachmittagshimmel mit bauschigen weißen Wolken und eine Stadt dar, die wie in einen Park mit zahlreichen Bäumen hineingewachsen wirkte. Es schien sich um Ubruater zu handeln. Der Raum, in dem sich Lededje befand, war sehr groß und hatte eine hohe Decke. In einer Ecke stand ein breiter Schreibtisch, und sie bemerkte mehrere Topfpflanzen hier und dort auf dem glänzenden Parkettboden. Hinzu kamen mehrere Läufer, in dem großen Raum verstreut, und einige wenige Möbelstücke in cremefarbenen und grauen Tönen. In einem Sessel, den einen Arm lässig über die Rückenlehne gelegt, in der anderen Hand eine Tasse, rekelte sich Joiler Veppers. Neben ihm hatte Jasken Platz genommen, und auf der anderen Seite des Tisches saß, mit sehr geradem Rücken, eine große Frau in mittleren Jahren, die Lededje vertraut erschien. Sie hatte ein Kind auf dem Knie. Eine Drohne wie ein kleiner Koffer schwebte neben der Schulter der Frau. Ein Wandschirm, der Ton stumm geschaltet, wechselte durch mehrere Nachrichtenkanäle, zeigte verschwommene Bilder und klare grafische Darstellungen einer großen Flotte. Gelegentlich erschien ein sehr gepflegter und sehr ernster Sprecher.
    Die Frau auf der anderen Seite des Tisches winkte ihnen lässig zu. » Mr. Veppers, darf ich vorstellen? Av Demeisen, Repräsentant des Kultur-Schiffes Aus dem Rahmen normaler moralischer Restriktionen fallend, mit Begleiterin. Schiff: Mr. Joiler Veppers, Mr. Hibin Jasken, die Drohne Trachelmatis Olfes-Hresh Stidikren-tra Muoltz…«
    »› Olf‹ genannt«, warf die Drohne ein und neigte sich kurz zur Seite, ihr Äquivalent einer Verbeugung. » Zu viel Spucke ruiniert diesen Boden.«
    » Und dies ist mein Sohn Liss«, fuhr die Frau fort, lächelte und zerzauste dem Jungen auf ihrem Knie das blonde Haar. Er biss gerade in einen Keks, nahm sich aber die Zeit, einen Gruß zu winken. Dann strich er sich das Haar wieder glatt. » Ich bin Buoyte-Pfaldsa Kreit Lei Huen da’ Motri«, sagte die Frau, » Botschafterin der Kultur im Enablement.« Sie hob die Hand und deutete zu einer Couch, die im rechten Winkel zu der stand, auf der Veppers und Jasken saßen. » Bitte nehmen Sie Platz.«
    » Hallo an alle«, sagte Demeisen laut und strahlte Jovialität aus.
    Lededje fühlte Veppers’ Blick, als sich der Avatar und sie näherten. Er sah genauso aus wie damals: die Haut glatt, das Haar voll und dicht. Er trug schlichtere Kleidung als bei seinen damaligen Aufenthalten in der Stadt, als wollte er nicht auffallen. Die Nasenspitze erschien Lededje zu rosarot und zu schmal. Sie begegnete seinem Blick nur kurz und versuchte, unbekümmert zu wirken. Veppers lächelte, und sie erkannte dieses besondere Lächeln: Es bestätigte Schönheit und wies gleichzeitig auf Verletzlichkeit hin. Dieses Lächeln verkündete die Botschaft: » Vielleicht bin ich der reichste Mann auf der Welt, aber in der Nähe einer schönen Frau kann ich noch immer ein bisschen unsicher sein.« Lededje wusste,

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