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Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Krieg der Seelen: Roman (German Edition)

Titel: Krieg der Seelen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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solches Leben zu führen. Die Intaglierten wurden sehr geschätzt, galten als kostbar und– fast– unbezahlbar. Konnte sich jemand, der unter anderen Umständen in drückender Armut geboren worden wäre, mehr wünschen?
    Wie viele andere Gesellschaften, deren bis dahin unbestrittene Bräuche und ethischen Grundsätze mit der atemberaubend hochentwickelten Moralität einer unermesslich älteren und weitaus klügeren Metazivilisation kollidierten, entwickelten die Sichultianer eine übertrieben protektive Haltung in Hinsicht auf ihre kulturellen Schwächen und weigerten sich, etwas aufzugeben, das einige von ihnen für einen bestimmenden Bestandteil ihrer gesellschaftlichen Charakteristika und einen vitalen, unverzichtbaren Teil ihrer Kultur hielten.
    Natürlich vertraten nicht alle Sichultianer diese Ansicht. Es hatte Leute gegeben, die gegen die Vertragliche Intaglierung waren und auch gegen ein politisch-ökonomisches System, das so etwas erlaubte– einige verwirrte Provokateure und degenerierte Unruhestifter stellten sogar das Privateigentum und die ungehinderte Ansammlung von Kapital infrage–, aber die meisten Sichultianer akzeptierten diese Tradition, und einige waren sogar stolz darauf.
    Was andere Spezies und Zivilisationen betraf: Sie sahen darin eine dieser kleinen Schrullen, die man bei neuen Mitgliedern der galaktischen Gemeinschaft immer vorfand, eine raue Kante, die vermutlich glatt geschliffen wurde, wenn die Sichultianer nach und nach ihren Platz am großen galaktischen Banketttisch der Panspezies-Party fanden.
    Lededje erinnerte sich an das damalige Dämmern der Erkenntnis, dass ihre Muster nichts Wundervolles waren, sondern Schmach und Schande. Sie trug die vielen Tätowierungen nicht als Hinweis darauf, dass sie wichtiger und privilegierter war als andere, sondern als Zeichen dafür, dass sie Besitz war, weniger als andere: etwas, das jemandem gehörte, eine Trophäe, das Eingeständnis, dass ihre Familie unterlegen war und Schande auf sich geladen hatte. Diese Erkenntnis bestimmte die wichtigste, prägendste und demütigendste Phase ihres Lebens.
    Sie hatte sofort versucht, wegzulaufen und aus dem Hort zu entkommen, in dem die anderen, nur etwas älteren Kinder sie schließlich über all dies aufgeklärt hatten. Aber sie war nicht weiter gekommen als bis zum Erdgeschoss einer der kleinen Nebenkuppeln, die das Herrenhaus umgaben, nicht weiter als einen Kilometer vom Ausgangspunkt ihrer Flucht entfernt.
    Sie heulte und schrie ihre Mutter an, weil sie ihr nicht die Wahrheit über die Tätowierungen gesagt hatte. Sie warf sich aufs Bett und kam einige Tage nicht aus ihrem Zimmer. Unter der Decke zusammengerollt hörte sie, wie ihre Mutter im Nebenzimmer weinte, und sie freute sich darüber. Später hasste sie sich dafür, ihre Mutter gehasst zu haben, und sie weinten zusammen, die Arme umeinander geschlungen, doch nichts würde mehr so sein wie vorher, weder zwischen ihnen noch zwischen Lededje und den anderen Kindern, als deren entthronte Königin sie sich jetzt fühlte.
    Erst Jahre später wusste sie das zu schätzen, was ihre Mutter getan hatte, um sie zu schützen. Selbst jene erste Täuschung, der absurde Traum von der Privilegiertheit, war der Versuch gewesen, sie auf die Wechselfälle vorzubereiten, die sie unvermeidlich in ihrem späteren Leben erwarteten.
    Ihre Mutter hatte Lededje auch den Grund dafür genannt, warum sie selbst tätowiert und ihre Tochter als Intaglierte geboren worden war, und warum Lededje ebenfalls ein oder zwei intaglierte Kinder zur Welt bringen musste. Lededjes Vater Grautze sei zu vertrauensvoll gewesen, hatte ihre Mutter gesagt.
    Grautze und Veppers waren schon in ihrer Schulzeit die besten Freunde gewesen und hatten seit dem Beginn ihrer ökonomischen Karrieren zusammen Geschäfte gemacht. Sie stammten beide aus sehr reichen, mächtigen und angesehenen Familien, und als Individuen wurden beide noch reicher, mächtiger und angesehener, indem sie sehr erfolgreiche Geschäfte tätigten und viel Geld verdienten. Natürlich zogen sie sich auch Feindschaft zu, aber das galt als normal. Sie waren Rivalen, doch es war eine freundschaftliche Rivalität, und sie waren viele Joint Ventures und ebenbürtige Partnerschaften eingegangen.
    Dann kam die Aussicht auf ein einzelnes großes Geschäft, das lukrativer und wichtiger war als alle anderen zuvor: ein Geschäft von enormer Tragweite, das Geschichte machen und die Welt verändern würde. Sie schworen sich feierlich, bei

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