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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith
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ich nicht mit dir darüber reden.«
    Sie hatte auch schon in der Atlantis-Speiche getötet, als sie die Systeme gehackt und die automatischen Waffen benutzt hatte, um einen Läufer auszuschalten. Aber das war eine sehr indirekte Erfahrung gewesen. Damals wurde sie nicht unmittelbar mit den Konsequenzen konfrontiert. Sie wurde nicht mit dem Blut ihrer Opfer besudelt! Deshalb hatte ich gedacht, dass sie sich nicht damit auseinandersetzen musste. Also hatte ich das Thema nicht angesprochen.
    »Das ist ja verdammt rührend, aber hier versuchen ein paar Leute, Sex zu haben!«, rief Mudge aus seiner Kabine.
    Als sie die Stimme hörte, riss Morag den Kopf herum. Sie sah sehr wütend aus und schien nach einem Sündenbock zu suchen. Ich wusste nicht, warum Mudge und Merle den Rauschgenerator abgestellt hatten, aber ich wusste, warum Mudge sich zu Wort gemeldet hatte. Er wollte uns signalisieren, dass jeder, der nicht in Trance war, uns hören konnte. Es war eine Warnung. Einen Moment später hatte Morag verstanden.
    »Komm mit«, sagte sie und nahm meine Hand. Sie fühlte sich winzig zwischen den Verbundwerkstoffen meiner Prothesenhand an. Die taktilen Sensoren vermittelten meinem Nervensystem die Reproduktion einer Berührung, während sie mich zu ihrer Kabine zerrte.
    Drinnen war es dunkel. Verschiedene Dinge lagen auf dem Boden verstreut herum, und ich glaube, ich trat auf einige davon, als sie mich drängte, mich auf die SmartEx-Matratze zu legen. Ich schaltete auf Restlichtverstärkung und sah sie als grün leuchtenden Schemen. Sie kam mit einem Stecker zu mir und griff nach einem meiner Anschlüsse im Nacken. Ich fing ihre Hand ab.
    »Willst du mich töten?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber sie regte sich nicht auf. »Lass mich los. Du kennst mich kein Stück, nicht wahr? Jetzt tun wir, was ich will.«
    Ich ließ sie los und spürte, wie der Stecker in den Anschluss glitt. Ich beobachtete, wie Morag verschwand.
    Ich kannte diese Umgebung. Es war ein Jazz-Club in New York, etwa hundert Jahre vor dem FMK , bevor die Stadt überflutet wurde. Er hieß Cotton Club, und zu jener Zeit war Suff illegal, also florierte der Laden. All die ganz Großen hatten hier gespielt: Louis Armstrong, Cab Calloway, Duke Ellington, Count Basie, Ella Fitzgerald und Billie Holiday.
    Der Club war schwach beleuchtet und verraucht. Tische waren rund um eine Tanzfläche vor der erhöhten Bühne aufgestellt. In die Wände waren intimere Separées eingelassen. Auf der Rückseite befand sich eine komplett ausgestattete Bar. Der Laden war menschenleer. Und genauso wie im Teehaus stimmte auch der Geruch. Zumindest stellte ich mir vor, dass es hier exakt so gerochen haben musste – nach Holz, das mit Alkohol und Tabakrauch getränkt war.
    »Das habe ich für dich gemacht. Ich habe nur ein paar rassistische Details der Einrichtung abgemildert«, sagte Morag.
    Ich drehte mich zu ihr um. Sie war im Stil der 1920er gekleidet. Sie trug ein Kleid mit Fransen, das kurz über den Knien endete, eine Perlenkette und eine Mischung aus Mütze und Hut.
    Ich blickte an mir herab. Ich trug Gamaschen und einen Leinenanzug aus jener Ära. Ich hatte sogar einen Hut auf. Morag erzählte mir später, dass es ein Panamahut war.
    »Wann?«, fragte ich.
    Sie wandte den Blick ab. Hier drinnen konnte sie – konnten wir schreien.
    »Nachdem ich es herausgefunden hatte.«
    »Warum?«
    Sie lächelte, als sie sich die Tränen abwischte. »Damit du Trompete üben kannst, ohne dass die anderen dich umbringen.«
    Ich lächelte. »Darf ich dich umarmen?«
    Sie sagte nichts, eine ganze Weile, die mir sehr lang vorkam. Dann nickte sie. Ich ging zu ihr und schloss sie in die Arme.
    »Es tut mir leid«, sagte ich zu ihr. »Ich hatte keinen Grund und keine Rechtfertigung. Ich weiß nur, dass ich dich liebe und dir nie wieder wehtun werde.«
    Sie blickte zu mir auf. »Warum tut es dir leid?«, fragte sie.
    Ich öffnete den Mund, um mich zu entschuldigen, dass ich sie betrogen hatte, doch dann schloss ich ihn wieder.
    »Es tut mir leid, dass ich dich verlassen habe«, sagte ich schließlich.
    Ich hätte ihr vertrauen sollen, von Anfang an zu ihr stehen sollen.
    Sie nickte und löste sich von mir.
    »Menschen – Männer – haben mir immer wieder Schmerzen zugefügt, körperliche, meine ich. Daran bin ich gewöhnt. Ist es das, was du willst? Weil du es hier machen kannst. Hier ist es kein Problem. Hier ist es nicht real.«
    Ich starrte sie entgeistert an. Sie streckte die Arme aus, und im

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