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Krieg im Himmel

Krieg im Himmel

Titel: Krieg im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Smith
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dienende Soldat gegenüber Deserteuren empfand. Das war für mich nicht zu übersehen. Ich hätte mich genauso verhalten, als ich noch bei den Paras war. Doch als ich ins Regiment eingetreten war, hatte ich meine Voreingenommenheit bereits etwas abgebaut.
    In einer Reihe aufstellen. Auf die Knie gedrückt. Befragt. Der Ansporn zu einer Antwort kam von Stiefel und Gewehrkolben. Wir taten nichts. Sagten nichts. Wir waren zu viele Leute, um alle befragen zu können, was unser Glück war. Weder Rannu noch ich hatten einen der typischen Akzente der Nationalitäten auf Lalande 2.
    Natürlich waren die Bandagen ein Thema, da die Misstrauischen sofort erkannten, dass sie zur Tarnung benutzt wurden. Über einhundert Ende-Mitglieder knieten neben dem Lagerfeuer, als die Soldaten anfingen, sie aufzuschneiden. Einige der enthüllten Gesichter waren entweder schwer verbrannt oder grausam verstümmelt. Ich vermutete, dass sich die Leute diese Verletzungen zum Teil selbst zugefügt hatten. Sie nahmen die Sache mit dem Tod der Identität wirklich sehr ernst. Eine Frau, der man die Bandagen abnahm, griff sich einen scharfen Stein vom Boden und ritzte sich damit das Gesicht auf. Sie musste gefesselt werden. Der Stabträger näherte sich der Unteroffizierin, die das Kommando über die Einheit führte, und ging vor ihr in die Knie. Er griff nach dem Lauf ihres Gewehrs und hielt sich die Mündung an den Kopf, um sie dann aufzufordern, lieber jeden zu erschießen, als ihnen die Bandagen abzunehmen, wenn sie auf Nummer sicher gehen wollten. Es war ein schwieriger Moment für die Unteroffizierin, aber schließlich hörten die Soldaten damit auf.
    Sie durchsuchten die Umgebung, aber sie fanden nicht einmal unsere Gauß-Karabiner, die wir in der Nähe versteckt hatten. Sie plünderten noch ein wenig – immerhin war dies der reichere Teil der Stadt gewesen –, dann traten sie den Rückzug an.
    Ich beobachtete, wie das Kampfschiff von der Villa aufstieg, dann wandte ich mich wieder den Flammen des riesigen Lagerfeuers zu. Der Helligkeitskompensator in meinem IVD polarisierte die Linsen ein wenig, um das grelle Licht auszugleichen. Auf der anderen Seite des Feuers konnte ich die gehörnte Tierstatue erkennen. Aus größerer Nähe sah ich jetzt, dass man sie aus allen möglichen Gegenständen zusammengeschweißt hatte – Fahrzeugteile, Unterhaltungselektronik, Möbel und sogar Schmuck. Das Einzige, was all diese Sachen gemeinsam hatten, war der Umstand, dass es sich anscheinend um teure Dinge von hoher Qualität handelte. Ein Teil von mir war über diese Form der Verschwendung entsetzt, der andere Teil amüsierte sich darüber. Der Brennstoff für das Feuer schien ähnlich kostspielig zu sein. Ich fing an zu lachen.
    »Das ist kein Vandalismus, sondern eine Befreiung.« Der Kerl mit dem Stab war zu uns getreten. »Ihr beiden seht sehr erschöpft aus. Wir haben nicht viel, aber ich denke, ihr solltet etwas essen.« Und als er das sagte, wurde mir plötzlich bewusst, wie hungrig ich war.
    Proteine und heiße Soße. Es war eine der köstlichsten Mahlzeiten, die ich je zu mir genommen hatte. Sie mussten auf Rannu und mich aufpassen, damit wir es nicht einfach in uns hineinstopften und uns übel wurde. Wir spülten es mit seltsam schmeckendem Wasser hinunter und bekamen nach einigen Verhandlungen eine selbstgebrannte Spirituose. Sie schmeckte etwa so, wie nach meiner Vorstellung fermentiertes Maschinenöl schmecken musste. Ein kleiner Becher von dem Zeug machte mich ziemlich betrunken.
    Der Kerl mit dem Stab war bei uns geblieben. Er stellte keine weiteren Fragen. Wir taten es. Ich dachte sogar daran, mich bei ihm zu bedanken. Er und seine Leute hatten unsertwegen Prügel eingesteckt, ohne sich darüber zu beklagen.
    »Woher seid ihr?«, fragte ich.
    Er beobachtete, wie schnell ich die Proteinmasse hinunterschlang.
    »Ich vermute, die Frage ist geografisch und nicht philosophisch gemeint. Ich bin im Schatten der ugandischen Speiche aufgewachsen. Langsam, nicht so hastig.« Er legte eine bandagierte Hand über meine, um mich davon abzuhalten, mir einen weiteren Happen in den Mund zu löffeln.
    »Du klingst nicht wie jemand, der arm aufgewachsen ist. Warum hast du dich nicht den Fortunate Sons angeschlossen?«, wollte ich wissen.
    »Das war durchaus eine Option für mich, zumindest anfangs. Ich war Lyriker und hatte bereits einen gewissen Ruf, auch wenn ich nicht allzu bekannt war. Während meiner Universitätszeit veröffentlichte ich im Netz

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