Krieg im Himmel
die übrigen Leute an, die uns langsam umzingelten. Alle hatten sich mit Bandagen umwickelt. Zumindest ihre Gesichter waren verhüllt, aber viele tatsächlich von Kopf bis Fuß. Bei einigen, aber nicht allen, waren Symbole auf die Bandagen gemalt.
»Wir werden euch nichts tun. Wir alle sind unbewaffnet«, erklärte er uns.
Es war unheimlich. Durch die Bandagen wirkte er gesichtslos, wie ein altertümlicher Krankenpatient, ein Geist aus einem historischen Krieg. Vielleicht war er das sogar. Und es stimmte, was er sagte. Das Einzige, was einer Waffe nahekam, war der Ziegenkopfstab, den er in der Hand hielt.
»Gut. Wir werden uns hier nur eine Weile verstecken, ihr verpfeift uns nicht, und dann ziehen wir weiter. Okay?«, sagte ich.
Ich hielt weiter den Gauß-Karabiner auf sein Gesicht gerichtet. Er ließ sich dadurch nicht beirren. Er mochte ein Deserteur sein, aber er war kein Feigling. Doch auf die anderen schien das nicht zuzutreffen. Ich bemerkte sehr viel nervöse Körpersprache.
»Warum lasst ihr euch nicht von uns helfen?«, fragte er. Sein Tonfall klang kultiviert, gebildet, privilegiert. Vermutlich Äquatorial-Afrika. Er machte den Eindruck, aus einer reichen Gesellschaftsschicht zu stammen.
»Warum solltet ihr das tun?«, fragte ich zurück.
»Wir helfen jedem, der hierherkommt. Wir sind die letzte Zuflucht der Verzweifelten.« Ich hörte eine gewisse Selbstironie aus seinen Worten heraus. Andererseits hatte er uns zutreffend beschrieben.
Ich deutete mit dem Kopf auf die schwarze Sonne und die Schrift an der Wand. »Und das? Steht ihr nicht auf ihrer Seite?«
»Willst du jetzt darüber diskutieren? Wenn wir euch in sakramentale Bandagen hüllen, können wir euch besser verstecken.«
»Das ist hoffentlich keine Initiation. Wir sind keine Hacker, und wir werden uns keiner idiotischen Sekte anschließen.«
Ich bemerkte, dass Rannu nickte, während er weiterhin die anderen Deserteure im Auge behielt.
»Nein, ich glaube nicht, dass ihr schon bereit seid, der Gewalt abzuschwören.«
Damit lag er zweifellos richtig.
»Was meinst du?«, fragte ich Rannu.
»Ich weiß nicht, was ich von einer solchen Entscheidung halten soll«, sagte er leise.
»Betrachtet es nicht als Entscheidung, sondern als weitere Möglichkeit. Wenn es nicht funktioniert, könnt ihr immer noch kämpfen, weglaufen und euch anderswo verstecken«, erklärte der Stabträger. Auch das war richtig.
»Ich verstehe, warum diese Leute dir folgen«, sagte ich zu ihm.
»Niemand folgt hier irgendwem. Genau das wollen wir vermeiden. Wir suchen uns selber aus, wie wir sterben wollen, nicht die Machthaber. Ich glaube, euch bleibt nicht mehr viel Zeit.«
Er hatte recht. Ich konnte die Kampfschiffe hören, die im Tiefflug über das Stadtviertel hinwegzogen. Ich ließ den Karabiner sinken. Rannu tat dasselbe.
»Wir werden euch die Waffen nicht abnehmen, aber wenn ihr sie bei euch tragt, werden sie wissen, dass ihr nicht zu uns gehört«, sagte er.
»Wir behalten sie in der Nähe. Nur damit ihr es wisst, wir können mühelos mit bloßen Händen töten, und ihr würdet als Erste draufgehen«, erklärte ich ihm.
Er nickte nur.
Weitere Leute kletterten durch die Fenster, kamen durch die Türen herein und rückten gegen uns vor. Das erinnerte mich an irgendein altes Zombie-Viz. Von allen Seiten bedrängten sie uns. Es fühlte sich klaustrophobisch an. Das letzte Mal war ich auf diese Weise von IHNEN umzingelt worden. Ich musste mir alle Mühe geben, meine aufgerüsteten Kampf- oder Fluchtreaktionen zu unterdrücken. Aber sie wollten uns nur so schnell wie möglich in Bandagen einwickeln. Der Mann mit dem Stab beobachtete das Geschehen.
»Wie ist dein Name?«, fragte ich ihn. Obwohl mein Drang viel größer war, um mich zu schlagen und wegzurennen.
»Wir haben hier keine Namen.«
»Was, nummeriert ihr euch durch?«
»Auch das wäre eine Form von Identität. Wir wurden beim Militär nummeriert. Als wir Sklaven waren. Hier sind wir alle unbeschriebene Blätter. Wir sind nichts, niemand, Geister, die gar nicht existieren. Spiegelungen.«
Das musste ich erst einmal verdauen. »Wie sprecht ihr euch gegenseitig an? Benutzt ihr sehr häufig ›Eh, du‹ oder was?«
Ich glaube, er lächelte unter den Bandagen.
Sie waren reguläre Soldaten. Begegnungen mit Das Ende bewältigten sie so, wie es normalerweise bei bewaffneten Einsätzen gegen Zivilisten zuging. Die Brutalität wurde ein wenig durch die Verachtung und den Neid gesteigert, den jeder
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