Krieg im Himmel
schon immer gewünscht habt.« Ich kam mir vor, als würde ich zu einem primitiven Wilden reden.
»Ich glaube, nichtreligiösen Menschen wird es niemals möglich sein zu verstehen, dass die Verbindung, von der du sprichst, eine Beziehung ist, die wir bereits haben und empfinden. Sie fühlt sich für uns genauso real und konkret an, wie es für euch die technologischen Schöpfungen des Netzes tun.«
»Obwohl du weißt, dass sie eine Lüge sind?«
»Offenbar weiß ich das nicht. Ich glaube sogar an das Gegenteil.«
»Salem.« Ich verlor immer mehr die Geduld mit diesem Kerl. »Verstehst du, was ich dir anbiete? Ich biete dir die Gelegenheit, zu einem neuen Mohammed zu werden.«
»Ich glaube eher, dass du mir die Chance bietest, zum Sprachrohr einer Lüge zu werden.« Er zögerte keine Sekunde. Seine Engstirnigkeit war absolut.
»Du verstehst, dass du genau das bist, verdammte Scheiße?!« Jetzt brüllte ich ihn an.
Seine Miene wurde ernster und verlor die Gutmütigkeit. »Es gibt nur einen Gott, und Mohammed ist sein Prophet.«
»Du wandelst unter gefallenen Menschen, Ungläubigen, du beschissener Heuchler!«
»Nur Gott kann mir Verständnis für meine Stellung in der Ordnung der Dinge geben. Nur er kann urteilen.«
»Er ist überhaupt nicht real! Dieser idiotische Witz auf der Erde war das Höchste, was ihr euch je erhoffen könnt.«
Er zuckte zusammen. »Ein irreführendes und blasphemisch benanntes Programm.«
»Was ihr gesehen habt, ist nicht das, was ihr glaubt. Habt ihr so große Angst, dass ihr von vornherein alles ablehnt, was real ist, weil euch diese Fantasiewelt lieber ist?«
»Alles, was du bist, sind auch wir«, erklärte er mir. »Du bist lediglich ein Gefangener, ein kompliziertes Computerprogramm, das sich Illusionen über seine eigene Großartigkeit hingibt.«
Mir platzte der Kragen. »Ich glaube, du wirst sehen, was ich bin, Medizinmann!«, schrie ich ihn an.
Er sah mich mit mitleidigem Gesichtsausdruck an. Hätte er unangemessener reagieren können? Für mich war er weniger als ein Haufen blutiger Scheiße.
»Sag Morag, dass es mir leid tut!«, schrie ich weiter. Nein! Moment. Das hatte ich nicht gesagt. Warum sollte ich so etwas sagen? Sie war das Werkzeug meiner Lust, nur ein weiteres Opfer, nicht mehr.
Salem stieß einen Schluchzer aus. Nein, nicht er, sondern ich.
»Ich werde deine Familie zwingen zuzusehen, wie deine Leiche gefickt wird!«
»Ich habe nichts von dir zu befürchten. Allah beschützt mich.«
»Ich werde alles finden, was dir lieb ist, und es zerstören! Ich werde dir beweisen, dass dein Gott eine Lüge ist! Ich werde deine Kinder und ihre Kinder vor deinen Augen vergewaltigen!«
Ich warf mich gegen den Kreis. Es verursachte mir Schmerz, wenn sich die Energie ballte, wo ich auf das Eindämmungsprogramm stieß. Ich verfluchte die Empfindung der Ohnmacht, die hier drinnen irgendwie die Allmacht verdrängt hatte. Diese Barriere war nicht von Menschen programmiert worden.
»Dir bleibt nichts außer Furcht. Es tut mir sehr leid um dich«, sagte Salem.
Ich konnte es hören. Alles, was ich sagte, alles, was ich tat, und ich wusste, dass ich es war. Ich konnte es hören, aber es klang verändert und verzerrt, wie Schall, der sich im Wasser ausbreitet.
Ich kam mir vor wie ein exotischer Vogel, wie das Haustier eines reichen Konzernchefs in einem goldenen Käfig. Der Käfig war kunstvoll geschmiedet und so außergewöhnlich und schön, dass er gar nicht real wirkte. Trotz allem war er ein Gefängnis. Ich hing in der Schwebe, in völliger, undurchdringlicher Finsternis.
Hier hatte ich Zeit, darüber nachzudenken, was ich getan hatte. Über den Verrat, Demiurgs Betrügerei und den Mord, den ich unter seinem Einfluss begangen hatte. Was ich zu Mudge und dem Heiden gesagt hatte. Zu Morag.
Ich gewisser Weise hätte es mich erleichtert, das Monster zu sein. Oder den Rest von mir mit dem Monster zu verschmelzen. Obwohl es das Beste gewesen wäre, eine Kugel in den Kopf zu bekommen. Ich hatte jetzt nichts mehr zu bieten außer noch mehr Schmerzen und Lügen. Es schien eine Ewigkeit her zu sein, seit ich etwas anderes zu bieten hatte. Ich verstand nicht, warum meine Freunde diese Sache in die Länge zogen.
Ich hatte total unterschätzt, wie wütend Rolleston auf mich war. Exquisit war ein Wort, das ich nicht häufig benutzte, aber hier traf es zu. Er verwandelte mich in all das, was ich hasste. Er benutzte mich als Waffe gegen jene, die ich liebte, und hielt genug von mir
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