Krieg im Himmel

die Vertrautheit des Alkohols und des süßen Rauchs genoss, die in meiner Kehle brannten. Während ich mich vor meinen Problemen versteckte.
    »Was ist mit euch passiert?«, fragte ich, aber ich konnte dabei nicht in Mudges Linsen blicken. Ich war mir ziemlich sicher, dass er wusste, was ich dachte. Dass er mein schlechtes Gewissen bemerkte.
    »Ich weiß nicht, wie viel du mitgekriegt hast, aber wir haben ein paar Wichser von der Schwarzen Schwadron hopsgehen lassen.« Er hielt inne und blickte zu mir auf. »Es sind zähe Burschen. Aufgerüstet, ähnlich wie Rolleston, aber nicht ganz so gefährlich.«
    »Das habe ich zum Teil gesehen. Wie seid ihr rausgekommen?«
    »Merle. Er hat mächtig Prügel eingesteckt, als der Läufer angriff, aber er blieb am Leben. Anscheinend sterben auch sie, wenn man ihnen eine Plasmaladung in den Kopf feuert. Ich mache keine Witze, Jakob, der Kerl ist ein Einmann-Schlachthaus.« In Mudges Worten schwang ein gewisser Stolz auf seinen Mann mit. Aber er hatte recht. Merle war sehr nützlich gewesen. Ich freute mich schon darauf, ihm zu danken.
    »Morag?«
    Mudge lachte humorlos. »Was glaubst du? Die Graue Lady? Verdammt noch mal, Jakob, was hast du dir dabei gedacht? Wenn du den ultimativen Adrenalinfick wolltest, hättest du lieber eine feuernde Plasmakanone vögeln sollen. War sie gut?«
    Ja, das war sie, aber ich hatte nicht die Absicht, es Mudge zu verraten.
    »Sie haben Morag vor meinen Augen getötet. Ich habe sie sterben sehen. Es war im Senso, aber ich wusste es nicht. Ich war völlig fertig.«
    »Uns war klar, dass du zusammenbrechen würdest. Das passiert jedem.«
    »Ich habe gar nicht mehr versucht durchzuhalten, zumindest, als ich noch dachte, ich könnte Morag helfen.«
    »Schon gut, Mann. Die meisten von uns sind lebend rausgekommen.« Er wollte mir Mut zusprechen, aber ich erkannte, dass er sich damit nicht wohl fühlte. Er wollte mich nicht ansehen.
    »Mudge, ich weiß einige Dinge über die Verteidigung der Erde …«
    Mudge antwortete nicht. Eigentlich gab es dazu auch nichts zu sagen. Schließlich hatte ich – auch wenn’s vielleicht hochtrabend klingt – die gesamte Menschheit verraten. Ich sah ihn erwartungsvoll an. Ich war mir nicht sicher, was ich von ihm wollte. Selbst wenn er mir erklärte, dass es in Ordnung war, wussten wir beide, dass es gelogen war, und Mudge log nur äußerst selten. Deswegen war er gelegentlich so nervig.
    »Was soll ich darauf erwidern?«, fragte er schließlich. »Wir stecken in einer beschissenen Lage. Ich sehe nicht, was du hättest anders machen können, wenn man bedenkt, dass Morag in Gefahr schwebte. Ich würde dir sagen, dass du keine andere Wahl hattest, aber du wirst dich sehr lange damit herumquälen, ganz gleich, was ich sage. Die Frage ist nur, was wir jetzt tun können.«
    »Vielleicht wäre es besser, wenn ich mir einfach einen Laserstrahl durch den Kopf jage«, sagte ich und rührte wieder ein wenig in meiner Selbstverachtung.
    »Ah, das ist der Jakob, den ich kenne und liebe«, sagte Mudge verärgert. »Warum solltest du irgendwas tun, wenn du dich in Selbstmitleid wälzen kannst?«
    »Scheiße, Mudge! Sie haben mich gezwungen!« Ich versuchte, wütend zu werden, brachte aber nur jämmerliches Gefiepe zustande.
    »Ja, das weiß ich, und du weißt es auch. Die Frage ist: Kommst du darüber hinweg, und kannst du uns wieder von Nutzen sein?«
    »Wie? Ich habe die Schwächen der Erdverteidigung verraten.« Selbst in meinen Ohren klang es verzweifelt.
    »Siehst du, genau das ist das Problem mit deinem Selbstmitleid. Es ist egoistisch. Du glaubst, dass sich die Welt nur um dich dreht. Böse Dinge passieren …«
    »Mir, nicht dir …«
    »Halt die Klappe, du armseliges Arschloch«, blaffte Mudge mich an.
    Ich reagierte mit Fassungslosigkeit, so etwas zu hören, nach allem, was ich durchgemacht hatte.
    »Hör auf mit dem verdammten Gejammer«, fuhr Mudge fort. »Gib die Besessenheit bezüglich Morag auf und konzentriere dich auf die Mission.«
    »Die Mission ist bereits gescheitert …«
    »Ich sagte, du sollst die Klappe halten. Wenn du das nur als verdammte Entschuldigung benutzt, um dir selbst leidzutun, und einfach aufgibst, werde ich dir nicht mal den Gefallen tun, dich zu erschießen. Ich lasse dich einfach hier zurück, damit du dich zu Tode scheißen kannst. Wenn du über etwas nachdenken willst, dann denk darüber nach, was Rolleston dir angetan hat.«
    Ich starrte ihn an. Ich konnte nicht einmal sauer auf ihn sein.