Krieg im Himmel
Stattdessen hörte ich zwei Schüsse und sah, wie meine Freundin zu leblosem Fleisch wurde und ihre Leiche auf den kalten Steinboden einer Zelle stürzte. Ich sah die Leichen von Mutters Leuten herumliegen. Die Leute, die wir getötet hatten. Ich dachte an Rolleston. Dieser Gedanke hatte etwas Warmes. Ich nahm einen weiteren Schluck Wodka und noch einen langen Zug vom Joint. Mudge beobachtete mich aufmerksam. Mein Stolz bemühte sich, mich wütend auf Mudge zu machen. Es gelang ihm nicht. Er hatte recht. Ich wusste, wohin mein Zorn und mein Hass zielen sollten. Wie eine Waffe.
»Falls es dich irgendwie tröstet«, sagte er schließlich, »es war Morag, die darauf bestand, dass wir dich exorzieren, statt dich zu töten. Und das, nachdem du ihr gesagt hast, dass du mit der Grauen Lady gevögelt hast.«
»Nicht, damit ich bei Bewusstsein bin, wenn sie mich tötet?« Wieder schlich sich ein jämmerlicher Tonfall in meine Stimme.
»Nein«, sagte Mudge mit einem Schulterzucken.
»Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie mich hätte töten können, wenn sie es wirklich gewollt hätte.«
»Es ist wahrscheinlich besser, wenn du dir das einredest.« Er beugte sich vor und nahm mir die Flasche und den Joint ab. Im Hintergrund hörte ich Rannu in einer Sprache schreien, die ich nicht verstand.
»Ihr habt Rannu noch nicht exorziert?«, fragte ich überrascht.
»Wir können es nicht«, antwortete er verbittert.
Ich spürte, wie ein Ruck durch mich ging. »Was? Warum? Und weshalb konntet ihr es bei mir?«
»Darüber musst du mit Morag sprechen – oder vielleicht nicht mit Morag, sondern mit dem Heiden oder Salem.«
Das gefiel mir ganz und gar nicht. Wir brauchten Rannu, und vor allem hatte er es verdient, frei zu sein.
»Wo habt ihr ihn gefunden?«
»Salem? Er kam ins Lager spaziert. Er war ein alter Nachbar von Heckschütze. Anscheinend hatte er irgendein Software-Geschäft, aber er war auch Exorzist. Er hatte die Informationen des Widerstands gesehen und war schon vorher der Meinung, dass irgendwas im Busch war. Heckschütze sagte, Gerüchten zufolge soll er einer der Unsterblichen sein.«
Das machte mich endgültig wach. »Scheiße! Wirklich?«
»Offenbar hat er nie darüber gesprochen, aber so gehen die Gerüchte.«
Die Unsterblichen waren eine Legende, die in den Spezialeinheiten kursierten. Ganz zu Beginn des Krieges hatten SIE erfolgreich New Hebron angegriffen. Die ersten Aufnahmen von IHNEN , die sämtliche Menschen massakrierten, lösten auf Sirius einen Schock aus. Trotz anderslautender Befehle wurden eine gemeinsame israelische und palästinensische Spezialeinheit und so viele Kriegsschiffe, wie sie auftreiben konnten, losgeschickt. Sie flogen nach New Hebron, und während der brutalen Straßenkämpfe gelang es ihnen, einen Sperrriegel zwischen SIE und die wenigen überlebenden Zivilisten zu schieben, damit sie evakuiert werden konnten. Die Palästinenser und die Israelis verloren mehr als drei Viertel ihrer Soldaten, doch das hatte man eingeplant. Die Transporter waren voll gewesen, als sie nach New Hebron geflogen waren, und auf dem Rückweg waren sie ebenfalls voll – mit Zivilisten. Das bedeutete, dass die Einheit nicht herausgeholt werden konnte, bis die Transporter zurückkehrten. Dies war jedoch unwahrscheinlich, da die meisten Schiffe mit vorgehaltener Waffe beschlagnahmt worden waren. Ein Transporter kehrte zurück. Selbst dann ließ man Soldaten am Boden zurück, damit sie während des Starts Feuerschutz geben konnten.
Die Spezialeinheit war so geheim, dass ihre Bezeichnung nie bekanntgegeben wurde. Von den Medien hatten diese Leute den Spitznamen »Die Unsterblichen« erhalten. Während meiner SAS -Ausbildung in Hereford hatten wir die Aktion studiert. Ich erinnere mich an das Protokoll der Verhandlung vor dem Kriegsgericht. Als der höchstrangige Offizier gefragt wurde, warum sie sich ihren Befehlen verweigert hatten, sagte er nur: »Weil unsere Anführer vergessen haben, dass gefährliche Männer und Frauen wie wir existieren, die unser Volk beschützen sollen.« Sie waren freigesprochen worden. Das war jetzt fast sechzig Jahre her. Damit war Salem der älteste Mensch, dem ich jemals begegnet war und der nicht mit SIE -Technik aufgerüstet war. Und er war von Moa-Stadt bis hier gelaufen. Eine respekteinflößende Leistung.
»Vermutlich wird er mit uns nicht darüber sprechen, oder?«, fragte ich, als ich mich für einen Moment vergaß.
»Fanboy«, sagte Mudge zu mir, während er einen
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