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Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens

Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens

Titel: Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hamed Abdel-Samad
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stellt man Differenzen fest. Saleh, der übrigens auch Mitglied der vom Militärrat einberufenen Verfassungskommission ist, wiederholte mehrmals, dass das langfristige Ziel der Bewegung die vollkommene Implementierung der Scharia sei. In einem Vortrag forderte er die Jugend der Gruppe auf, keine Frau zu heiraten, die der Muslimbruderschaft nicht angehört, um die Geschlossenheit der Gruppe nicht zu gefährden. Er meinte, die Muslimbrüder und -schwestern hätten eine gefestigte Moral, einen starken Körper, eine gesunde Urteilskraft, einen wachen Verstand, einen starken Willen und ein aufrichtiges Gebet. Er oder sie ist ordentlich, pünktlich, nützlich für andere und in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es sei deshalb eine Verschwendung, wenn einer, der all diese Eigenschaften besitzt, eine normale Frau heirate, oder umgekehrt eine Frau, die mit diesen Eigenschaften aufwächst, die Ehe mit einem anderen eingehe. Ziel der Bewegung sei die Islamisierung des Individuums, dann der Familie, dann der Gesellschaft, bevor man die Botschaft des Islam in die Welt trägt. Der Arzt und Journalist Khaled Montaser kommentierte die Aussagen von Saleh als die typische Haltung einer faschistischen Bewegung, die davon lebt, andere auszuschließen. Sogar ein früherer Muslimbruder und Begründer der neuen Partei der Mitte, Wasat, sagte mir im Gespräch, dass ihm die Diktatur Mubaraks lieber sei als die alte Garde der Muslimbrüder. Denn wenn Mubarak jemanden nicht mag, sperrt er ihn ein, aber die Muslimbrüder könnten jemand, der mit ihnen nicht einer Meinung ist, für einen Ungläubigen, also Unmenschen, erklären, was im schlimmsten Fall den Tod bedeuten würde.
    Reformer wie Abou el-Fotouh haben deshalb Schwierigkeiten, ihren frischen Wind in die Führungsetagen der Bewegung zu tragen. Dafür ist er extrem beliebt unter den jungen Muslimbrüdern und -schwestern, die ihn gedrängt haben, für das Amt des Präsidenten zu kandidieren. Als er endlich einlenkte und seine Kandidatur bekanntgab, wurde er mit sofortiger Wirkung aus der Muslimbruderschaft ausgeschlossen. Die Art und Weise, wie die Gruppe mit ihm umging, zeigt, wie weit entfernt von einer demokratischen Streitkultur sie tatsächlich ist. Verärgert über den Ausschluss Abou el-Fotouhs, kündigte die Jugendunion der Muslimbrüder an, gemeinsam mit der linken und der liberalen Jugend eine andere Partei zu gründen als die Partei für Gerechtigkeit und Freiheit. Ihnen wurde klar, dass sie mehr Gemeinsamkeiten haben mit jungen Menschen aus ihrer Generation und dass sie ideologisch anders ausgerichtet sind als die alte Garde der Muslimbrüder, die weder die Erfahrung der Revolution noch die Erfahrung des Jungseins im 21. Jahrhundert gemacht haben. Auch diese Jugend wurde sofort aus der Bewegung ausgeschlossen.
    Die Union der Muslimschwestern hielt kurz nach der Revolution ihre erste eigene Konferenz ab, unabhängig von den Muslimbrüdern, und erklärte, die Frauen der Bewegung redeten von nun an für sich selbst und ließen sich von den Männern nicht mehr bevormunden.
    Wie man sieht, findet auch innerhalb der Muslimbruderschaft eine Revolution statt. Die Bewegung, die genauso alt ist wie Mubarak, kann von diesen Umwälzungen nicht verschont bleiben. Die Rebellion hat zu einem kleinen Kurswechsel innerhalb der neuen Partei der Muslimbrüder geführt. Jedes zehnte Gründungsmitglied ist eine Frau, und immerhin jeder hundertste sogar ein Kopte. Zum stellvertretenden Parteivorsitzenden wurde der evangelische Rechtsanwalt Rafiq Habib gewählt. Ob es sich dabei nur um eine kleine kosmetische Korrektur oder um den Anfang eines Paradigmenwechsels handelt, werden die nächsten Monate zeigen. Doch die Zukunft Ägyptens hängt nicht nur von den Absichten der Muslimbrüder ab, sondern vom politischen Bewusstsein aller Ägypter, von ihrer Wachsamkeit und ihren gemeinsamen Zielen.

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    Der militante Islamismus nach der Revolution
und dem Tod Bin Ladens
    D ie Diktatorendämmerung hat nun auch den Hindukusch erreicht. Es waren nicht nur die US -Elitesoldaten, die Osama Bin Laden endgültig ausgeschaltet haben, sondern lange davor die arabische Revolution. Überhaupt war Bin Ladens Stern seit mehreren Jahren in die arabische Gosse gefallen, denn außer heißer Rhetorik und Terroranschlägen hatte er der nachwachsenden Generation nichts anzubieten, kein Rezept für ein besseres Leben. Viele nehmen ihm auch übel, dass die Mehrzahl seiner Terroropfer im Irak, in Pakistan und

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