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Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens

Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens

Titel: Krieg oder Frieden / Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hamed Abdel-Samad
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für einen fatalen Fehler. Ich glaube, die Brüder fürchteten, wenn sie von der ersten Stunde an Präsenz zeigen, würde Mubarak dies als Ausrede benutzen, um die Revolte niederzuschlagen. Ferner hatten sie Bedenken, der Westen würde die Proteste als eine islamistische Revolution deuten und Mubarak sofort unterstützen.

    HAS
: Und warum sollte der Westen Angst vor den Muslimbrüdern haben?
    AE : Weil der Westen islamophob ist.

    HAS
: Worin ist diese »Islamophobie« Ihrer Meinung nach begründet?
    AE : Diese Angst mag aus der Sicht der westlichen Bevölkerung nachvollziehbar sein, weil sie von den Medien und von den eigenen Politikern in die Irre geführt werden.

    HAS
: Und welches Interesse haben die westlichen Politiker daran, den Islam schlecht darzustellen?
    AE : Erstens ist Angst ein guter Konsum-Animator für die eigene Bevölkerung, zweitens können sie sich im Namen dieser Angst in die inneren politischen Angelegenheiten unserer Länder einmischen und Marionetten einsetzen, die ihnen passen. Und wenn ihnen diese Marionetten Märchen erzählen, wie das vom Aufstieg des Islamismus, stellen sie sich blöd an und tun so, als würden sie es glauben. Aber sie haben einen Zugang zu den Fakten und wissen, dass von der Muslimbruderschaft keine Gefahr ausgeht. Sie haben einfach Angst, dass die arabische Welt sich demokratisiert.

    HAS
: Sie wollen mir sagen, dass die Angst des Westens vor der Muslimbruderschaft in Wirklichkeit eine Angst vor einer Demokratisierung der Region ist?
    AE : Genau! Warum sollte der Westen Demokratie in der Region wollen? Wenn alle arabischen Staaten demokratisch werden und vielleicht eine politische und wirtschaftliche Union bilden, dann kann der Westen sie nicht mehr wirtschaftlich kolonialisieren. Demokratie ist der Weg zu Unabhängigkeit und Entwicklung, und genau das will der Westen nicht für die arabische Welt.

    HAS
: Und die Muslimbruderschaft will die Demokratie?
    AE : Klar! Das wollen alle Ägypter.

    HAS
: Fast alle Mitglieder ihrer Bewegung sagen, dass sie keinen Gottesstaat, sondern einen zivilen Staat anstreben. Warum müssen wir das glauben? Schließlich wurde die Bewegung mit dem Aufruf der Wiederherstellung des Kalifats gegründet?
    AE : Einen Gottesstaat will heute keiner mehr, wir sind nicht im Mittelalter. Und kein Mensch hat die Befugnis, im Namen Gottes zu sprechen. Was wir wollen, ist ein demokratischer Staat mit islamischer Referenz.

    HAS
: Erklären Sie mir, was Sie damit meinen.
    AE : Unsere neue Partei orientiert sich an der Christlich Demokratischen Union in Deutschland und an der AKP in der Türkei. Beide sind demokratische Parteien, die aber ihre politischen Prinzipien aus dem Christentum oder aus dem Islam herleiten. Das wollen wir auch.

    HAS
: Abgesehen davon, dass man die
CDU
mit der
AKP
nicht gleichsetzen kann, bleibt für mich unklar, was Sie mit den »islamischen Prinzipien« meinen. Meinen Sie etwa islamische Gesetzgebung?
    AE : Schauen Sie, Ägypter sind nun mal mehrheitlich Muslime und haben eine besondere Beziehung zu ihrem Glauben. Es wäre undemokratisch, wenn man sich der Meinung der Mehrheit widersetzen und ihr eine Gesetzgebung aufzwingen würde, die weder ihre Kultur noch ihre Religion widerspiegelt.

    HAS
: Ist das Ihre Definition von Demokratie? Dass man sich dem Willen der Mehrheit beugt? Klingt das nicht eher wie die Diktatur der Mehrheit? Was ist mit den Rechten der Minderheiten, der Kopten, der Bahai, und was ist mit den Areligiösen? Wo sind die Rechte des Individuums? Müssen diese geopfert werden, damit die Mehrheit nicht böse wird?
    AE : Natürlich nicht. Und wer sagt, dass der Islam die Rechte der Minderheiten und des Individuums nicht beachtet? Im Mittelpunkt der Arbeit der Muslimbrüder standen immer der Aufbau des Individuums und die Toleranz gegenüber Andersgläubigen.

    HAS
: Ihre Bewegung hat die Kandidatur eines Kopten oder einer Frau zum Amt des Präsidenten kategorisch abgelehnt.
    AE : Das ist nicht meine Haltung. Das war falsch. In einer Demokratie muss jeder Bürger die gleichen Rechte haben wie alle anderen, unabhängig von Religion, Rasse oder Farbe. Das steht übrigens in Artikel 1 unserer Verfassung, also vor Artikel 2.

    HAS
: Es sieht so aus, als würden sich die ersten beiden Artikel gegenseitig ausschließen. Wissen Sie, wie oft Menschen, ob Muslime oder Angehörige einer Minderheit, in einem muslimischen Land im Namen der Scharia schikaniert, unterdrückt und sogar ermordet wurden?
    AE : Aber das kann nicht

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