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Krieg um den Mond (German Edition)

Krieg um den Mond (German Edition)

Titel: Krieg um den Mond (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Seibel
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ob ein Riese in ungezügelter Wut die Bäume in ganzen Reihen umgehauen hätte. Mitch bekam Angst. Er kämpfte sich durch Äste und Gestrüpp. Hier hätte das Blockhaus seiner Eltern stehen müssen. Das wusste er genau. Aber es war nicht da. Dort konnte er schwach einige Balken erkennen, die verkeilt herumlagen. Wo das Wohnzimmer hätte sein sollen, ragte eine Baumkrone schräg in die Luft. Mitch erkannte die Reste des Kamins. Der Kamin war der einzige gemauerte Teil in dem Haus.
    Ein schrecklicher Gedanke durchfuhr Mitch. Er kroch die Meter zum See, der weit über seine Ufer getreten war.
    „Nein!“
    Schemenhaft erkannte Mitch Teile des Dachgiebels auf dem Wasser.
    „Nein. Nein. Nein.“
    Mitchs Herz schrie „Nein“, aber sein Verstand sagte: „Ja!“
    Mitch wusste, dass Tornados häufige Begleiter von Hurrikans waren. Selbst in großer Entfernung vom Auge gab es häufig diese Sturmwirbel, die ganz plötzlich auftauchten, eine Schneise der Verwüstung hinterließen und sich dann wieder auflösten.
    Es gab keinen Zweifel: Hier hatte ein Tornado gewütet. Er hatte das Haus seiner Eltern gepackt und in den See geblasen. Seine Eltern hatten nicht den Hauch einer Chance besessen. Selbst wenn sie rechtzeitig aus dem Haus gekommen wären - in der ganzen Umgebung waren die Bäume wie Streichhölzer umgeknickt.
    Die Kenntnis der wissenschaftlichen Zusammenhänge half Mitch nicht. Die bittere Erkenntnis der Wahrheit war wie eine Nadel, die in einen Luftballon stach. Genauso plötzlich verließ Mitch jegliche Kraft. Wie eine leere Hülle sackte er auf einem Baumstamm zusammen. Er spürte nicht, wie die Wassertropfen fast waagerecht auf ihn eindroschen. Bewegungslos ließ er es geschehen.
     
    Nach einer Stunde riss ein heftiger Schlag in den Rücken Mitch aus seiner Starre. Benommen drehte er sich um, konnte aber nur einen kleinen Ast ertasten. Es war so dunkel, wie er es noch nie erlebt hatte. Nicht das geringste Restlicht eines Sterns drang durch die Wolken. Keine Laterne ringsum. Schwarz überall. Einzig das Hämmern der Regentropfen auf seinen Körper signalisierte ihm, dass er noch lebte.
    Klar denken konnte Mitch nicht, aber irgendwo tief in seinem Inneren regte sich ein Überlebensinstinkt, der die Kontrolle übernahm. Später konnte Mitch niemandem erklären, wie er in dieser tobenden Natur zum Auto zurückgefunden hatte. Er wusste nicht, ob es eine, zwei oder drei Stunden gedauert hatte. Nur seine zerfetzte Kleidung bewies ihm, dass der Weg nicht einfach gewesen war.
    Das Auto war seine einzige Überlebenschance. In der ganzen Umgebung gab es nichts, was ihn vor dem Sturm schützen konnte, der mit Sicherheit noch stärker werden würde. Selbst das Auto bot nur eine Chance von fünfzig Prozent. Mitch wusste, dass in starken Hurrikans sogar beladene Lastwagen umgeweht werden.
    Mitchs Überlebensinstinkt analysierte die Lage. Es war, als ob er neben sich stünde und ungläubig beobachtete, was er tat. Die Lösung für sein Überleben musste im Umkreis von 100 Metern zu finden sein. Größer war der Teil der Welt nicht mehr, den er erreichen konnte - wenn ihn die Natur überhaupt so weit kommen ließ.
    Vor seinem Auge sah Mitch wieder das Bild, kurz bevor er den Wagen verlassen hatte. Die Bäume waren nicht entwurzelt gewesen, sondern in einer Höhe von vielleicht zwei Metern abgeknickt. Wenige Schritte neben seinem Standort waren dickere Stämme, die eng beieinander standen. Wenn er den Jeep dazwischen rammen könnte, hätte er seitliche Stabilität bei den kommenden heftigen Windböen.
    Mitch setzte viermal vor und zurück, um den Jeep in die richtige Ausgangsposition zu bringen. Er benötigte genügend Schwung, durfte aber auf keinen Fall gegen einen der Baumstämme fahren. Dann wäre der Jeep so beschädigt, dass er keinen weiteren Versuch mehr hätte. Endlich hatte er den Jeep richtig positioniert. Die Scheinwerfer reichten nur einen Meter weit, aber da war die Lücke, die er brauchte. Er setzte zurück. Bloß nicht lenken. Die Stämme verschwanden aus der Reichweite der Scheinwerfer. Das musste er in Kauf nehmen. Mit einem Ruck wurde seine Rückwärtsfahrt gestoppt. Das war’s. Weiter ging es nicht. Jetzt wieder vorwärts. Der Anlauf musste ausreichen.
    Mitch holte tief Luft und trat das Gaspedal bis an den Anschlag. Einen kurzen Moment drehten die Reifen durch und schleuderten Matsch nach hinten. Dann griffen sie und der Jeep machte einen Satz nach vorne. Für einen Sekundenbruchteil tauchten die Stämme vor

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