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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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muß dir etwas sagen.« Er führte sie beiseite und zog sie an der Hand auf einen Stuhl nieder. »Ich habe einige Bemerkungen gehört in betreff ... nun, du weißt! Nun, mein liebes Kind, du weißt, daß das Herz deines Vaters sich darüber freut, daß du ... du hast so viel durchgemacht! ... Aber liebes Kind ... handle so, wie dir dein Herz gebietet, das ist alles, was ich dir raten kann!« Dabei suchte er immer dieselbe Aufregung zu verbergen, drückte seine Wange an die seiner Tochter und ging.
    Zu den Leuten, welche sich erlaubten, Zweifel an der Gesetzlichkeit der beabsichtigten Heirat auszusprechen, gehörte auch die Mutter Helenes, die Fürstin Kuragin. Sie wurde beständig von Neid auf ihre Tochter gequält und beriet sich mit einem russischen Geistlichen darüber, wieweit die Scheidung und eine neue Heirat bei Lebzeiten des Mannes möglich sei. Der Geistliche hatte ihr gesagt, das sei unmöglich, und verwies sie auf den Text in einem Evangelium, in welchem, wie dem Popen schien, die Möglichkeit einer zweiten Ehe bei Lebzeiten des Mannes direkt verneint wurde. Bewaffnet mit diesen Argumenten, welche ihr unwiderleglich erschienen, kam die Fürstin frühmorgens zu ihrer Tochter, um sie sicher anzutreffen. Helene hörte die Ermahnungen ihrer Mutter mit mildem, spöttischem Lächeln an.
    »Siehst du, es heißt gerade da, wer eine geschiedene Frau heiratet ...« sagte die alte Fürstin.
    »Ach, Mama, reden Sie keinen Unsinn! Davon verstehen Sie nichts!«
    »Aber meine Liebe ...«
    »Aber, Mama, wie ist's möglich, daß Sie das nicht begreifen, daß der Heilige Vater, der die Gewalt hat, zu vergeben ...«
    In diesem Augenblick wurde Helene durch eine Gesellschafterin gemeldet, Seine Hoheit sei im Saal und wünsche sie zu sehen.
    »Nein, sagen Sie ihm, ich wolle ihn nicht sehen, ich sei ihm böse, weil er mir nicht Wort gehalten hat.«
    »Gräfin, für jede Sünde gibt es Gnade«, sagte der junge Mann mit langem Gesicht und langer Nase, indem er eintrat.
    Die alte Frau stand ehrerbietig auf und setzte sich wieder. Der Prinz achtete nicht im geringsten auf sie.
    Die Fürstin nickte ihrer Tochter zu und schwebte zur Tür.
    »Nein, sie hat recht«, dachte die alte Fürstin, deren Überzeugungen vor dem Erscheinen Seiner Hoheit zusammenfielen, »sie hat recht. Aber wie kam es, daß wir in unserer ehrbaren Jugend das nicht gekannt haben? Und das ist doch so einfach«, dachte die alte Fürstin, indem sie in den Wagen stieg.
     
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    Anfangs August war die Angelegenheit Helenes vollkommen entschieden, und sie schrieb ihrem Mann, der sie sehr liebte, wie sie glaubte, einen Brief, in welchem sie ihm von ihrer Absicht, Herrn N. N. zu heiraten, sowie von ihrem Übertritt zur alleinseligmachenden Religion Mitteilung machte und ihn bat, alle die Scheidung unumgänglichen Förmlichkeiten zu erfüllen, über welche ihm der Überbringer dieses Briefes berichten werde.
    »Zugleich bitte ich Gott, Sie, mein Freund, unter seinen heiligen, starken Schutz zu nehmen.
    Ihre Freundin Helene.«
    Dieser Brief wurde in das Haus Peters gebracht, während er sich auf dem Schlachtfelde von Borodino befand.

183
    Zum zweitenmal schon am Ende der Schlacht floh Peter mit einem Haufen Soldaten aus der Batterie Rajewsky die Anhöhe nach Knjaskowo hinab, an dem Verbandplatz vorüber, wo er Blut sah, Geschrei, und Stöhnen hörte, und rasch vorüberschreitend, sich einer Gruppe Soldaten anschloß. Er wünschte nur, möglichst schnell den entsetzlichen Eindrücken dieses Tages zu entfliehen und ruhig in seinem Zimmer in seinem Bett einzuschlafen. Nachdem Peter drei Kilometer auf der großen Straße nach Moschaisk weitergegangen war, setzte er sich am Rande derselben nieder und betrachtete, auf den Ellbogen gestützt, die in der Dämmerung an ihm vorüberziehenden Schatten. Er erinnerte sich nicht, wie lange Zeit er dort zubrachte. Mitten in der Nacht ließen sich drei Soldaten bei ihm nieder, sammelten Zweige und zündeten ein Feuer an. Dann hängten sie einen kleinen Kessel darüber und warfen Brotstücke und Salz hinein. Peter erhob sich beim Geruch der Suppe und seufzte. Die drei Soldaten aßen, ohne auf ihn zu achten, und sprachen untereinander.
    »Zu welchen gehörst du?« fragte plötzlich Peter einer der Soldaten.
    »Ich?« fragte Peter. »Ich bin Offizier vom Landsturm, aber mein Bataillon ist nicht hier, es ist nach dem Schlachtfeld gegangen, und ich habe meine Leute verloren.«
    »Nun, iß doch, wenn du willst, ein Süppchen«, sagte der

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