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Krieg und Frieden

Krieg und Frieden

Titel: Krieg und Frieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lew Tolstoi
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könne seinen Namen nicht nennen.
    »Gut, gut«, erwiderte der Kapitän, »ich verstehe, Sie sind Offizier, vielleicht Stabsoffizier, Sie haben gegen uns gekämpft! Das geht mich nichts an. Ich bin Ihnen Dank schuldig, das genügt mir. Nennen Sie mir nur einen Namen. Monsieur Pierre, sagen Sie? Gut, das genügt!«
    Sie speisten und tranken Wein aus einem russischen Keller, den der Franzose mitgebracht hatte. Peter war hungrig und nahm mit Vergnügen Anteil an dem Mittagsmahl. Der Bursche stellte eine Flasche Rotwein in warmes Wasser und brachte auch eine Flasche Quas mit, die er in der Küche gefunden hatte. Dieses Getränk war den Franzosen schon bekannt, sie nannten es »Limonade de ochon« (Schweinelimonade). Der Kapitän überließ sie dem Burschen und goß für sich und Peter zwei Gläser Wein ein. Bald wurde der Kapitän lebhaft und sprach unaufhörlich. »Ja, mein liebenswürdiger Monsieur Pierre, ich werde Ihnen eine Kerze in der Kirche weihen, weil Sie mich vor diesem Tobsüchtigen gerettet haben. Sehen Sie, ich habe ja schon genug Kugeln im Leibe. Diese da erhielt ich bei Wagram, die andere bei Smolensk.« Er deutete auf eine Narbe an der Wange. »Und diese da, hier im Bein, erhielt ich in der großen Schlacht am siebenten an der Moskwa. Oh, das war wunderbar! Sie können sich rühmen, uns schwer zu schaffen gemacht zu haben, ich bedauere die, die nicht dabei waren.«
    »Ich war dabei«, bemerkte Peter.
    »O, wirklich?« fuhr der Franzose fort. »Um so besser! Die große Redoute hat sich gut gehalten, beim Teufel! Ich war dreimal darin, wie Sie mich hier sehen, und dreimal wurden wir hinausgeworfen wie Papiersoldaten. Ihre Grenadiere waren wundervoll, wie auf der Parade! Hahaha! Sie sind also auch ein Soldat! Umso besser, um so besser, Monsieur Pierre! Schrecklich in der Schlacht, liebenswürdig gegen schöne Damen, so sind die Franzosen, Monsieur Pierre! Nicht wahr? Aber sagen Sie, ist es wahr, daß alle Frauen aus Moskau davongelaufen sind? Sonderbare Idee! Was befürchten sie denn?«
    »Wären die französischen Damen etwa nicht aus Paris fortgefahren, wenn die Russen dort einmarschiert wären?« fragte Peter.
    »Hahaha!« lachte der Franzose und klopfte Peter auf die Schulter. »Wunderbarer Witz! Paris!... Nun, Paris ... Paris ...«
    »Paris ist die Hauptstadt der Welt«, ergänzte Peter. Der Kapitän sah Peter an, er hatte die Gewohnheit, mitten im Gespräch zu verstummen und den anderen mit lachenden, freundlichen Augen starr anzublicken.
    Unter dem Einfluß des Weines und nach den letzten, einsam mit seinen düsteren Gedanken verlebten Tagen empfand Peter unwillkürlich Vergnügen an dem Gespräch mit diesem heiteren Menschen.
    »Aber kehren wir zu Ihren Damen zurück, man sagt, sie seien sehr hübsch. Was für ein unsinniger Gedanke, davonzufahren und sich in die Steppen zu vergraben, während die französische Armee in Moskau ist! Sie haben eine wundervolle Gelegenheit versäumt. Ihre gebildeten Leute sollten uns besser kennen. Wir haben Wien, Berlin, Madrid, Neapel, Rom, Warschau, alle Residenzen der Welt eingenommen. Man fürchtet uns, aber man liebt uns auch. Es schadet nichts, wenn man uns näher kennenlernt. Und dann der Kaiser!...«
    »Der Kaiser«, unterbrach ihn Peter, und sein Gesicht nahm plötzlich einen düsteren, verwirrten Ausdruck an. »Ist der Kaiser in Moskau?« Er blickte den Franzosen mit schuldbewußter Miene an.
    »Nein, er hält morgen seinen Einzug!« erwiderte Ramballes, und dann rühmte er den Kaiser in lebhaften, begeisterten Worten.
    Der Kapitän ging hinaus, um seinen Leuten einige Befehle zu geben. Als Peter allein geblieben war, versank er in schwermütige Gedanken. Es war nicht die Trauer über die Einnahme Moskaus, die ihn quälte, sondern die Erkenntnis seiner eigenen Schwachheit. Einige Gläser Wein, das Gespräch mit diesem gutmütigen Menschen hatten seine düstere, gespannte Stimmung der letzten Tage vernichtet, die zur Ausführung seines Vorhabens unumgänglich notwendig war. Die Pistole, der Dolch und sein Bauernkittel waren bereit, Napoleon sollte morgen einziehen, und Peter war noch ebenso überzeugt von der Notwendigkeit, den Bösewicht zu töten, aber er fühlte, daß er das jetzt nicht vollbringen könne, und kämpfte vergebens gegen das Bewußtsein seiner Schwäche.
    Der Kapitän ging pfeifend im Zimmer auf und ab. Alles an ihm, sein Pfeifen, sein hinkender Gang, seine Gebärden und die Art, wie er den Schnurrbart in die Höhe drehte, alles erschien

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