Krieg – Wozu er gut ist
gesetzlich fest, die Angestellten der Ostindienkompanie »dürfen von keinem indischen Prinzen oder Machthaber oder ihren Ministern oder Agenten (oder von einem Einheimischen Asiens) Geschenke, Präsente, Spenden, Vorteile oder Belohnungen akzeptieren, bekommen oder unmittelbar annehmen«. 75 Die Männer vor Ort nahmen davon aber kaum Notiz, und so beschloss das Parlament 1786, selbst hart durchzugreifen. Es klagte Warren Hastings, den Generalgouverneur der Ostindienkompanie in Indien, wegen schwerer Verbrechen und Fehlverhalten an – was im Grunde auf den Vorwurf hinauslief, ein Land verwüstet zu haben.
Edmund Burke vertrat die Anklage ganz wie ein wiedergekehrter Cicero, der einen modernen Gaius Verres zu Fall zu bringen versuchte: »Ich klage ihn an im Namen aller Bürger Großbritanniens«, donnerte er, »deren Nationalcharakter er Schande bereitet hat. Ich klage ihn an im Namen des Volkes Indiens, dessen Gesetze, Rechte und Freiheiten er untergraben hat, dessen Eigentum er vernichtet und dessen Land er verwüstet hat. … Ich klage ihn an im Namen der menschlichen Natur selbst, die er in beiden Geschlechtern, in allen Altersgruppen, in jedem Stand, in jeder Situation und in jeder Lebenslage grausam beleidigt, verletzt und erniedrigt hat.« 76
Und das war nur die Eröffnungsrede. Das Verfahren zog sich über sieben Jahre hin und offenbarte eine schändliche Enthüllung nach der anderen. Am Ende sprach das Oberhaus Hastings trotz einer Fülle von Indizien frei.Aber es war kein Sieg für die Ostindienkompanie. Die Briten hatten genug von dieser Art der Befriedung. Das Parlament verabschiedete ein weiteres Indiengesetz, mit dem es sich das Recht vorbehielt, Generalgouverneure zu ernennen, und dem Aufstieg des für seine Unbestechlichkeit berühmten Indian Civil Service den Weg ebnete.
Wie jeder Leviathan war auch das Parlament in London mehr daran interessiert, seine Verwaltungskosten zu senken, als zugangsoffene Gesellschaftsordnungen für seine Untertanen zu schaffen. In einem berüchtigten Prozess gegen einen besonders üblen englischen Siedler, der einen indischen Diener geschlagen und ihn hatte verhungern lassen, machte sich der Richter 1808 weniger Sorgen, dass ein solches Verhalten schädlich »für den Frieden und das Glück unserer einheimischen Untertanen« war, als vielmehr darüber, dass der Angeklagte »sich meiner Autorität widersetzt [und] sich in höchst respektloser Weise gegen das Gericht verhalten« hatte. 77
Aber welche Motive die von Großbritannien entsandten Richter auch haben mochten, sie schafften doch nach und nach das raue Kriegsrecht der Ostindienkompanie ab und reduzierten die Gewalt im indischen Leben. Die augenfälligste Folge war ein Pauschalverbot der Witwenverbrennung, Sati , bei der sich eine Witwe auf den Scheiterhaufen warf, in dem der Leichnam ihres Mannes verbrannt wurde. Mehrere Mogulkaiser hatten dieses hinduistische Ritual bereits mit einem gewissen Erfolg verboten (»in allen Ländern unter Mogulherrschaft dürfen Beamte nie wieder zulassen, dass eine Frau verbrannt wird«, hatte Aurangzeb 1663 dekretiert 78 ), aber erst das britische Pauschalverbot von 1829 schaffte es endgültig ab.
Von Indern verfasste Darstellungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert sagen nicht viel über die Häufigkeit gewaltsamer Todesfälle; eine bemerkenswerte Zahl dieser Autoren aber scheint zu dem Schluss gekommen zu sein, dass das Britische Empire alles in allem keine so schlechte Sache war. Der große Gelehrte Ram Mohan Roy aus Kalkutta beispielsweise pries den britischen Liberalismus, die britische Bildung und das britische Recht und beteiligte sich am britischen Kreuzzug gegen die Witwenverbrennung. Roy sparte nicht mit Kritik an den Europäern. 1823 tadelte er beispielsweise die Briten, weil sie bei ihrer Vermittlung der »nützlichen Wissenschaften« an die Bengalis zu schleppend vorankamen, und er parierte die unangebrachten Glückwünsche eines Bischofs aus Kalkutta, der fälschlicherweise glaubte, er sei vom Hinduismus zum Christentum konvertiert, mit einem charmanten: »Mylord, ich habe nicht einen Aberglauben hinter mir gelassen, nur um mich dem nächsten zu verschreiben.« Aber unterm Strich war Roy der Ansicht, dass es für Indien das Beste wäre, mit einem ähnlichen Status wie Kanada dem Britischen Empire weiter anzugehören, würden doch beide Länder davon in beträchtlichem Maße profitieren.
Andere – beispielsweise die Mitglieder der jungen Vertreter der Bengalischen
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