Krieg – Wozu er gut ist
einander gegenseitig auf den Körper. In der südafrikanischen Blombos-Höhle hat jemand vor 75 000 Jahren sogar einfache geometrische Muster in einen kleinen Stab aus Ocker geritzt, was diesen nicht nur zum ältesten bekannten Kunstwerk, sondern auch zu einem der ersten kunstvoll verzierten Werkzeuge macht, die dazu dienten, andere Kunstwerke zu schaffen.
Die Menschen brachten ihre Finger dazu, winzig kleine Gerätschaften zu schaffen, leichter und raffinierter als alles, was bis dahin bekannt war, undverwendeten einige davon als Waffen. Zu den ältesten bekannten Knochenschnitzereien gehören Angelhaken und zu den ältesten bekannten Steinwerkzeugen Pfeil- und Speerspitzen. Vogelknochen und Fischgräten aus Höhlen entlang der afrikanischen Küsten belegen, dass Menschen diese Instrumente benutzten, um Beutetiere zu erlegen, die bis dahin für sie unerreichbar gewesen waren (Überreste von Schulter- und Ellenbogengelenken lassen allerdings vermuten, dass die Neandertaler trotz all ihrer Wildheit nicht besonders gut werfen konnten).
Genau wie die Neandertaler vertilgten frühe Homo-sapiens -Exemplare gelegentlich auch ihre Artgenossen und verwendeten dabei Steinklingen, um das Fleisch von den Knochen zu schälen, Röhrenknochen aufzumeißeln, um an das Mark zu kommen, und den Schädel zu öffnen, um das Schmackhafteste von allem zu erreichen: das wundersame menschliche Gehirn. Eine nichtabreißende archäologische Spur von eingeschlagenen Schädeln legt die Vermutung nahe, dass Menschen sich auch gegenseitig umbrachten, aber wir müssen bis vor ungefähr 30 000 Jahren warten, um handfeste Beweise dafür zu finden. Diese entstammen jedoch nicht zerstückelten Skeletten, sondern jenen berühmten Malereien, die Homo sapiens auf Höhlenwänden im nördlichen Spanien und Südfrankreich vor mehr als 35 000 Jahren hinterlassen hat. Das sind Kunstwerke von außerordentlicher Schönheit. »Keiner von uns könnte so malen«, soll Picasso gesagt haben, als er die Höhlenmalereien zum ersten Mal sah. »Seit Altamira ist alles nur Rückschritt.« 9 Doch auch hier legen einige Darstellungen Zeugnis von der dunklen Seite des Menschen ab und zeigen Gestalten, die sich gegenseitig mit Pfeilen beschießen.
Archäologen, die an Ausgrabungsstätten mit 100 000 bis 50 000 Jahre alten Funden arbeiten, finden gelegentlich Gegenstände – Schmuck oder Malereien – , die entschieden modern wirken, aber unter jüngeren Funden (ab 50 000 v. Chr.) sehen sie solche Hinweise immer . Menschen taten neue Dinge, erfanden neue Wege, alte Dinge zu tun, und ersannen bei vielen Dingen verschiedene Möglichkeiten, sie zu tun. Von Kapstadt bis Kairo offenbaren Stätten, deren Funde älter sind als 50 000 Jahre, großenteils gleiche Gegenstände, die auf mehr oder weniger gleiche Weise benutzt wurden. Bei jüngeren Funden aber nehmen die Unterschiede dramatisch zu. Für die Zeit um 30 000 v. Chr. lassen sich allein für das Niltal ein halbes Dutzend regional verschiedener Arten von Steinwerkzeugen nachweisen.
Die Kultur hatte ihren Auftritt: Menschen nutzten ihre großen, rasch arbeitenden Gehirne und webten Netze aus Symbolen, mit deren Hilfe sichnicht nur komplexe Ideen kommunizieren ließen – Neandertaler und vielleicht sogar Homo ergaster waren dazu ebenfalls in der Lage –, sondern auch über die Zeit bewahrt werden konnten. Im Unterschied zu jedem anderen Tier auf der Erde konnten moderne Menschen ihr Denken und ihre Art zu leben so verändern, dass sich die Ergebnisse mit der Zeit addierten: Eine Idee führte zur nächsten, und im Laufe der Generationen erwuchs daraus etwas Neues.
Kultur ist das Produkt der biologischen Evolution unserer großen, flinken Gehirne, aber die Kultur selbst unterliegt ebenfalls einer Evolution. Die biologische Evolution wird durch genetische Mutationen vorangetrieben, wobei über Tausende oder gar Millionen von Jahren die Mutationen, die am besten funktionieren, die weniger guten verdrängen. Die kulturelle Evolution verläuft sehr viel rascher, denn im Unterschied zur biologischen ist sie gerichtet. Menschen stehen vor Problemen, schon machen sich ihre kleinen grauen Zellen an die Arbeit: Ideen werden geboren. Die meisten Ideen sind genau wie die meisten genetischen Mutationen für die Welt im Allgemeinen kaum von Bedeutung, und manche sind schlicht schädlich, aber im Laufe der Zeit stechen auch hier nutzbringende Ideen weniger nutzbringende aus.
Stellen Sie sich zum Beispiel
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