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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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Oberfläche macht das Gremium sieben »Game Changer« aus, Faktoren, die den »Spielverlauf« ändern können: »Aspekte, die die Weltwirtschaft, die globale Vorreiterrolle, Konflikte, regionale Instabilitäten, Technologien und die Rolle der Vereinigten Staaten betreffen«. Jeder davon könnte jederzeit extrem wichtig werden und die geopolitische Landschaft binnen Wochen komplett umkrempeln. Und direkt an der Oberfläche, so der NIC, lauert eine Schar unvorhersehbarer Ereignisse, die mit noch kürzeren Vorlaufzeiten wirksam werden können – von Pandemien über Sonnenstürme, die die globale Elektrizitätsversorgung gefährden, bis hin zum Zusammenbruch des Euro.
    Die instabilen Jahre zwischen 1870 und 1914 hatten ihre eigenen Unsicherheiten, aber, so der NIC weiter, wir haben dem Ganzen mittlerweile eine völlig neue Komplexitätsdimension hinzugefügt: den Klimawandel. Von den vielen hundert Milliarden Tonnen Kohlendioxid, die der Mensch seit 1750 in die Luft geblasen hat, wurde ein Viertel zwischen 2000 und 2010 emittiert. Am 10. Mai 2013 überstieg der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre für kurze Zeit 400 parts per million (ppm, »Teile pro Million«, die übliche Maßeinheit in diesem Mengenbereich), das ist der höchste Wert seit 800   000 Jahren. Die Durchschnittstemperatur stieg zwischen 1910 und 2010 um 0,8 Grad Celsius, und die zehn heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung haben alle seit 1998 stattgefunden.
    Bisher waren die Auswirkungen einigermaßen gering, aber die schlimmsten Schläge haben sich in einem geografischen Gebiet ereignet, das der NIC als »Bogen der Instabilität« bezeichnet (Abbildung 7.4). 42 Die Nachrichten aus dieser sichelförmigen Region an armen, von Dürren geplagten, politisch instabilen, oftmals aber mit großen Energievorräten gesegneten Ländern sind alles andere als gut. Die Wassermenge des Euphrat, der einen Großteil Syriens und des Iraks versorgt, hat in den vergangenen Jahrzehnten um ein Drittel abgenommen, und der Grundwasserspiegel in seinem Einzugsgebiet fiel in den Jahren zwischen 2006 und 2009 um dreißig Zentimeter jährlich. Im Jahr 2013 drohte Ägypten Äthiopien gar mit Krieg, weil der südliche Nachbar sich von seinem riesigen Nil-Staudamm-Projekt nicht abbringen ließ. Wetterextreme werden diesen Regionen mehr Dürren, Missernten und Millionen weiterer Flüchtlinge bescheren. Das Ganze gleicht einem todsicheren Rezept für weitere Burenkriege.
    Die größte Unsicherheit aber besteht darin, dass der Klimawandel eine Unbekannte im wahrsten Sinne des Wortes ist. Die Wissenschaftler wissen einfach nicht, was als Nächstes passieren wird. Im Jahr 2013 vermeldete die NASA, dass das Fünfjahresmittel der Temperaturen weltweit seit einem Jahrzehnt nicht angestiegen sei. 43 Das mag eine gute Nachricht sein und bedeuten, dass die Temperaturen weniger empfindlich auf die Kohlendioxidkonzentration reagieren, als die Klimatologen angenommen haben – was heißen würde, dass die globale Erwärmung am unteren Ende der Schätzungen bleibt und zwischen 1985 und 2035 lediglich 0,55 Grad beträgt. Es könnte sich aber auch um eine schlechte Nachricht handeln und bedeuten, dass die Kohlendioxid-Klima-Beziehung sich launischer verhält als gedacht. In diesem Fall könnten die Temperaturen von ihrem Plateau zwischen2002 und 2012 plötzlich in die Höhe schießen. Wenige wissenschaftliche Debatten sind von derart großer strategischer Bedeutung, aber die erwähnten Etatkürzungen haben die CIA (möglicherweise als Vorbote weiterer bevorstehender Unsicherheiten) gezwungen, ihr Forschungszentrum zum Thema Klimawandel und nationale Sicherheit (Center on Climate Change and National Security) Ende 2012, ein paar Tage vor der Veröffentlichung von Global Trends 2013 , zu schließen.
    [Bild vergrößern]
    Abbildung 7.4Hitzewallungen
    Je dunkler die Färbung, desto anfälliger ist die Region für anhaltende Dürreperioden. Reiche Länder wie die Vereinigten Staaten, China und Australien können Wasser aus feuchteren Regionen in trockenere pumpen, arme Länder aber – in erster Linie die Regionen der inneren Zone, die den Bogen der Instabilität bilden – können das nicht. Unheil könnte drohen, wenn die Temperaturen ihren Aufwärtstrend in den kommenden Jahrzehnten beibehalten.

    Doch allen Schwarzmalereien zum Trotz gibt sich der NIC recht optimistisch, was die Aussichten bis 2030, dem Endpunkt seiner Prognosen, anbelangt. Der Weltpolizist wird sich zunehmendem

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