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Krieg – Wozu er gut ist

Krieg – Wozu er gut ist

Titel: Krieg – Wozu er gut ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Morris
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Militärjargon »in the loop«), sondern vielmehr sozusagen »vor Ort fernzusteuern« (»on the loop«). 48 Damit meinten die Verfasser gemischte Formationen, in denen ein bemanntes Flugzeug drei unbemannten als eine Art Schwarmführerdient. Jedes Roboterflugzeug hätte seine eigene Aufgabe (Luft-Luft-Einsätze, Abwehr von Bodenfeuer, Bombardierung etc.), und der menschliche Schwarmführer »überwacht die Ausführung bestimmter Entscheidungen«. Der Schwarmführer hätte die Möglichkeit, sich über die Entscheidungen der Roboter hinwegzusetzen, aber »die Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz werden die Systeme in die Lage versetzen, eigenständig Kampfentscheidungen zu treffen und innerhalb vorgegebener legaler und politischer Grenzen zu agieren, ohne dazu notwendigerweise auf menschlichen Input angewiesen zu sein«.
    Unbemannte Kampfjets werden bereits getestet, und im Juli 2013 ist es erstmals gelungen, einen auf dem Flugdeck eines Flugzeugträgers aufsetzen zu lassen (Abbildung 7.6) – eine der schwierigsten Aufgabe, die ein Marineflieger zu bewältigen hat. Ende der 2040er Jahre, so mutmaßt die Airforce, »wird die Technik in der Lage sein, die Dauer des OODA-Loops [eine Abkürzung für »observe, orient, decide and act « – zu deutsch: beobachten, orientieren, entscheiden und handeln] auf Mikro- oder Nanosekunden zu senken«. Aber wenn – falls – wir diesen Punkt erreichen, stellt sich automatisch die naheliegende Frage: Warum überhaupt noch Menschen dem Geschehen aussetzen?
    Die Antwort ist nicht minder naheliegend: Wir trauen unseren Maschinen nicht. Hätten die Sowjets 1983 Petrows Algorithmen getraut, wäre keiner von uns heute hier, und als die Crew der USS Vincennes 1988 ihren Maschinen tatsächlich traute, schoss sie eine iranische Linienmaschine ab und brachte 290 Zivilisten um. Niemand möchte so etwas noch einmal erleben. In Anbetracht dessen, dass wir »schon Microsoft Windows nicht verstehen«, wie ein Forscher aus dem Programm Science and Security der Princeton University feststellt, »werden wir etwas so Komplexes wie menschenähnliche Intelligenz ganz sicher nicht verstehen. Warum sollten wir so etwas schaffen und dann auch noch bewaffnen?« 49
    Und wieder liegt die Antwort auf der Hand: weil wir keine andere Wahl haben. Die Vereinten Nationen haben ein Moratorium für »letale autonome Robotik«, wie sie es nennen, gefordert, und gegenwärtig macht eine internationale Kampagne zum Verbot von Kampfrobotern (Campaign to Stop Killer Robots) Furore. Aber wenn in den 2050er Jahren Überschall-Kampfflugzeuge aufeinander krachen, werden Roboter mit OODA-Loops von Nanosekunden Menschen mit OODA-Loops von Millisekunden töten, und die Debatte wird ein Ende haben. Wie bei jeder anderen Revolution im Militärwesen werden Menschen immer neue Waffen bauen, denn wenn sie das nicht tun, könnten ihre Feinde ihnen einen Schritt voraus sein.
    [Bild vergrößern]
    Abbildung 7.6Seht her, ganz ohne Hände!
    Ein Northrop Grumman X-47B-Tarnkappenjäger setzte am 13. Mai 2013 auf der USS George W.   H. Bush auf – das erste unbemannte Flugzeug aller Zeiten, das ohne Assistenz auf einem Flugzeugträger landete.

    Gefechte, meint der ehemalige Oberstleutnant Thomas Adams, entziehen sich bereits jetzt mehr und mehr der »menschlichen Sphäre«, denn die Waffen sind längst »zu schnell, zu klein, zu zahlreich und … schaffen eine Umgebung, die viel zu komplex ist, als dass Menschen sie zuverlässig lenken könnten«. 50 (Auf dem Luftwaffenstützpunkt Nellis Air Force Base erzählt man sich folgenden Witz: Die Air Force der Zukunft wird nur noch aus einem Menschen, einem Hund und einem Computer bestehen. Der Mensch ist dazu da, den Hund zu füttern, und der Hund hat dafür zu sorgen, dass der Mensch die Finger vom Computer lässt.)
    Die jüngsten Tendenzen lassen vermuten, dass Roboter etwa zwischen 2030 und 2040 anfangen werden, uns das Kämpfen abzunehmen – ungefähr um die Zeit, auch das lassen die Tendenzen vermuten, da dem Globocop in Bezug auf die internationale Ordnung die Kontrolle entgleiten wird. Nach 1910 beendete die Kombination aus einem schwächelnden Weltpolizisten und revolutionären neuen Kampfmaschinen (Schlachtschiffen, Maschinengewehren, Flugzeugen, schnellfeuernder Artillerie, Verbrennungsmotoren) ein Jahrhundert kleinerer, weniger blutiger Kriege und trat ein Stahlgewitter los. Die 2030er und 2040er Jahre versprechen eine ähnliche Kombination.
    Die Meinungen darüber,

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