Krieger der Stille
Schädel. Er brach zusammen, und seine mit Optalium-Ringen geschmückten Finger krallten sich in den Marmorboden, zuckten noch einmal, dann bewegten sie sich nicht mehr. Seine weit geöffneten ausdruckslosen Augen schienen seinen schwarzen
Henker anzustarren. Sein verzerrter Mund schien zu lächeln.
»Schafft seinen Leichnam in die Einäscherungshalle!«, befahl Menati Ang den interplanetarischen Polizisten. »Und die Kardinäle bitte ich, den Tod des Seigneurs Ranti Ang den Medien mitzuteilen. Eine eintägige Staatstrauer wird nicht stattfinden. Er wird im engsten Kreis eingeäschert … Kardinal Molanaliphül, Ihr überbringt die Nachricht vom Tod meines Bruders persönlich dem Muffi Barrofill XXIV.«
»Es geschehe, wie Ihr wünscht, Monseigneur«, sagte der Kardinal und verneigte sich.
Er ging, gefolgt von den in Blau und Purpur gekleideten weltlichen und geistlichen Würdenträgern. Die Polizisten bedeckten den Toten mit einem Leichentuch und legten ihn auf eine magnetisch gelenkte Bahre.
Menati Ang näherte sich seiner entsetzten Schwägerin wie ein Raubtier, das seine Beute umschleicht. Er sah sie lange an. Sein Blick verweilte auf ihrem offenen Haar, ihrem Hals, ihren sich unter dem Cape wölbenden Brüsten. Begierde flammte in seinen braunen Augen auf.
»Ich klage Euch an, weil Ihr offensichtlich das Gebot des Anlegens eines Colancors missachtet, Madame«, sagte er halblaut. »Doch diese Nachlässigkeit hat erfreulicherweise zur Folge, Eurer strahlenden Schönheit noch mehr Glanz zu verleihen.«
Dame Sibrit hob stolz den Kopf und sah ihrem Peiniger unverwandt in die Augen. »Tötet mich!«, sagte sie. »Tötet mich auf der Stelle!«
Ein grausames Lächeln umspielte Menati Angs Mund. »Euch töten, Madame? Daran denkt Ihr? Diesen Planeten einer Frau von solcher Anmut und Schönheit berauben?
Ich habe nicht die Absicht, Euch zu töten … Denn Euch gebührt eine ruhmreiche Zukunft, ein Eurer würdiges Leben. Ich mache sicher nicht den gleichen Fehler wie mein Bruder.«
»Mir bleibt nur eine Zukunft, und die heißt Tod!«, entgegnete sie mit majestätischer Verachtung.
Bis jetzt hatte sich ihr Traum erfüllt, aber sie war vor dem Ende erwacht. Oder vielmehr war sie aufgewacht, weil sie das Ende nicht erfahren wollte. Denn sie hatte mehr Angst vor sich selbst, vor diesen seltsamen Impulsen, als vor Menati Ang.
»Ah! Da wird der legendäre Stolz und der rebellische Geist der Ma-Jahi-Bevölkerung sichtbar. Ihr seid eine wahre Tochter des großen Alloïst de Ma-Jahi, den ich zutiefst bewundere … Wisst Ihr übrigens, Madame, dass die Sicherheitskräfte des Palastes vorhin eine gewisse … Alakaït de Phlel festgenommen haben?«
Dame Sibrit gefror das Blut in den Adern.
»Sie war im Besitz eines Messacodes, den unsere Spezialisten dechiffrieren konnten … Was Eure beiden Söhne betrifft, Jonati und Bernelphi, so wäre sie zu spät gekommen. Die beiden wurden heute Nacht tot aufgefunden …«
»Ihr seid eine Bestie!«, sagte Dame Sibrit und brach in Tränen aus.
»Aber, aber, Madame, mäßigt Euch! Stellt Eure Emotionen nicht so zur Schau! Eure Mutterliebe ist wenig überzeugend. Schließlich wurden Eure Kinder im Reagenzglas gezeugt und sind nicht in Eurem Leib herangewachsen. Eure Tochter Xaphit wurde bisher verschont, sowie Alakaït de Phlel, der aber der Prozess wegen Staatsverschwörung gemacht wird. Das Schicksal dieser beiden Menschen hängt also allein von Euch ab …«
Dann gruben sich Menati Angs Zähne in ihren Hals – wie in ihrem Traum. Und sie stellte fest, dass ihr dieser Biss nicht missfiel.
»Was erwartet Ihr von mir?«
»Eine gewisse … sagen wir einmal Kooperation … Ihr müsst von dem Gedanken Abschied nehmen, Eurem Leben ein Ende zu setzen, sonst müssten Xaphit und Eure Hofdame Euch in den Tod folgen … Denn ich möchte die grausame Ungerechtigkeit des Schicksals korrigieren, die Euch zur Gemahlin meines Bruders machte. Euch mit ihm zu vermählen, das war als hätte man einen Tiermenschen von Getablan mit Optalium geschmückt. Wie man mir sagte, hat er Euch nicht einmal defloriert … Aber ich, ich wüsste Euch die Ehren zu erweisen, die Euch gebühren. Das kann ich Euch versichern.«
Dame Sibrits Sinne sogen gierig Menati Angs Worte auf, auch wenn ihr Geist sich weigerte, sie zu akzeptieren.
»Glaubt Ihr etwa, mir eine Ehre zu erweisen, indem Ihr Euch im Handwerk eines Mörders übt? Seid tausendmal verflucht, Menati Ang!«
»Ich bitte Euch inständig,
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