Krieger der Stille
Schleier überzog, musste er feststellen, dass seine Beute und die Kinder verschwunden waren.
»Wo ist dieser dreckige Prouge? Was ist hier los?«, schrie einer der Männer.
Der Söldner hob seine Waffe auf, drehte sich um und erkannte seine Kumpane, die gerade aus dem Gässchen liefen.
»Ein Bettler ist ihm zu Hilfe gekommen. Ich hatte sie schon fast erwischt, als diese Bengel eine Staubwolke aufgewirbelt haben.«
Ein ganz in Schwarz gekleideter und maskierter Söldner trat aus der Gruppe und sagte zu ihm: »Der scaythische Gedankenleser hat uns geraten, nicht zu scheitern. Ein Scheitern bedeutet Verrat!«
»Er kann vielleicht die Gedanken anderer lesen, aber er rennt nicht hinter ihnen her. Der Prouge hat sich dorthin geflüchtet«, sagte der Söldner und deutete auf das Stadttor. »Er ist verletzt und kommt nicht weit. Wir brauchen nur seiner Spur zu folgen.«
»Wir hätte nicht so früh eingreifen dürfen, Offizier!«, schimpfte ein anderer Söldner. »Überstürztes Handeln hat noch nie etwas Gutes gebracht. Sie haben keinen Posten auf der Straße aufgestellt. Matana ist ein richtiges Labyrinth, und wir haben hier keine Geruchssonden. Außerdem wissen wir immer noch nicht, wo sich dieses verdammte Mädchen aufhält.«
»Der Scaythe hatte den mentalen Kontakt zu dem alten Hexenmeister verloren«, antwortete der schwarz gekleidete Offizier ärgerlich. »Er konnte die Botschaft nicht lesen, die der Alte dem jungen Prougen übermittelt hat und beschloss deshalb, die beiden sofort zu eliminieren.«
»Mit dem Resultat, dass wir nur den Alten erledigt haben.«
»Halten Sie jetzt die Schnauze!«, knurrte der Offizier. »Und ihr bringt mir den Prougen und diesen Bettler. Stellt ganz Matana auf den Kopf, wenn es sein muss! Falls ihr noch einmal versagt, hänge ich euch an euren Eingeweiden auf. Ich gehe jetzt ins Haus des Alten zurück und beseitige alle Hinweise. Vielleicht taucht das Mädchen dort noch auf. Eine gemeinsame Abreise findet nicht statt. Jeder kümmert sich persönlich um seine Rückkehr.«
Maranas lag auf einem Mäuerchen. Er war totenblass und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Der Schmerz hatte nachgelassen, aber er hatte keine Kraft mehr. Kalter Schweiß bedeckte seinen ganzen Körper.
Nachdem die Kinder ihre Aufgabe erfüllt hatten, waren sie verschwunden. Sie hatten die Flüchtenden aus der Staubwolke durch das Stadttor geleitet und sie dann über endlose ineinander verschachtelte Treppen über Terrassen geführt. Danach war die kleine Horde wie durch einen Zauber verschwunden.
Der Bettler hatte die blutbefleckte Metallscheibe aus Maranas klaffender Wunde gezogen und sie aufs Pflaster geschleudert, wo sie wie ein bösartiges Raubtier glänzte. Dann hatte er den Saum von der Tunika des jungen Mannes abgerissen und einen provisorischen Verband angelegt. Die Verletzung sah böse aus: Knochensplitter waren an mehreren Stellen in die Pleura und die Bronchien gedrungen. Trotzdem hatte er die Blutung stillen können.
»Kennen Sie die Altstadt gut?«, fragte der Bettler. Er hatte eine erstaunlich helle Stimme.
Maranas nickte.
»Gibt es einen Ort, wo man Sie pflegen kann?«
Maranas nickte wieder.
»Wir müssen dort hingehen. Sie können in diesem Zustand nicht hier bleiben. Wissen Sie, wo wir sind?«
»Helfen Sie mir auf … Ich führe Sie …«, murmelte der junge Prouge.
Er legte den Arm um die Schultern des Bettlers und stand dann sehr vorsichtig auf.
»Da … diese Gasse entlang …«
Die beiden umgingen das Mäuerchen und gelangten in ein schier unübersichtliches Gewirr alter Straßen, Gassen und Wege, die derart ineinander verschachtelt waren, dass man nicht mehr wusste, wo sie anfingen oder endeten.
Ein paar Minuten später tauchten die Söldner auf einer
der Terrassen auf und entdeckten sofort die blutbeschmierte Scheibe am Fuß des Mäuerchens.
Sie suchten den Boden ab, konnten aber keine weiteren Spuren entdecken. Sechs Gässchen zweigten von einer Terrasse ab und wanden sich zwischen weißen Mauern. Der Boden war so festgetreten, dass er die Konistenz von Stein hatte.
»Wenn wir doch nur die Sonde hätten«, klagte einer der Söldner.
»Lamentieren nützt nichts«, entgegnete ein anderer.
Sie beschlossen sich zu trennen, damit jeder eine Gasse durchsuchen konnte, auch wenn sich dieses Vorgehen wahrscheinlich als das ineffizienteste erweisen sollte.
Das Gehen fiel Maranas immer schwerer. Der Weg über den Steilhang mit seinen vielen Biegungen schien kein
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