Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
erhalte – und zwar nur für zwei Jahre, während denen ich das Heimatland der Kandras nicht verlassen darf. Wenn ich mich nicht daran halte, riskiere ich die Verbannung.«
»Dann nimm bitte wenigstens meine Entschuldigung an«, bat sie. »Es war dumm von mir, dass ich böse auf dich gewesen bin, nur weil du deinen Vertrag erfüllt hast.«
»Aber das rückt die Dinge keineswegs gerade, Herrin. Ich muss immer noch diesen verfluchten Hundekörper tragen – ich kann keine Person und keine Knochen imitieren!«
»Ich dachte, du würdest es genießen, einfach einmal du selbst zu sein.«
»Ich fühle mich nackt«, sagte OreSeur. Er saß eine Weile stumm da, doch dann neigte er den Kopf. »Aber … ich muss zugeben, dass in diesen Knochen tatsächlich ein gewisser Vorteil liegt. Ich hatte nicht gewusst, wie unauffällig sie mich machen.«
Vin nickte. »Es hat Zeiten in meinem Leben gegeben, in denen ich liebend gern den Körper eines Hundes gehabt hätte und auf diese Weise völlig unbeachtet geblieben wäre.«
»Ist es jetzt nicht mehr so?«
Vin schüttelte den Kopf. »Nein. Zumindest meistens nicht. Früher habe ich geglaubt, dass alle Menschen so sind, wie du gesagt hast: voller Hass und Gewalt. Aber es gibt auch gute Menschen auf dieser Welt, OreSeur. Ich wünschte, ich könnte dir das beweisen.«
»Ihr habt gut von Eurem König geredet«, sagte OreSeur und schaute hinüber zu der Festung.
»Ja«, sagte Vin. »Und es gibt noch andere.«
»Ihr?«
Vin schüttelte den Kopf. »Nein, ich nicht. Ich bin weder gut noch böse. Ich bin nur hier, um zu töten.«
OreSeur beobachtete sie noch eine Weile, dann legte er sich wieder hin. »Wie dem auch sei«, meinte er, »Ihr seid nicht mein schlechtester Meister. Bei unserem Volk ist das so etwas wie ein Kompliment.«
Vin lächelte, aber sie fühlte sich von ihren eigenen Worten heimgesucht. Ich bin hier, um zu töten …
Sie warf einen Blick auf die Lagerfeuer der Armeen vor der Stadt. Ein Teil von ihr – der Teil, der von Reen ausgebildet worden war, der Teil, der noch immer manchmal seine Stimme im Hinterkopf hörte – flüsterte ihr zu, dass es noch einen anderen Weg gab, diese Armeen zu besiegen. Anstatt sich auf Politik und Verhandlungen zu verlassen, konnte die Mannschaft doch Vin einsetzen. Sie konnten sie zu einem stillen Besuch in die Nacht schicken, nach dem die Könige und Generäle der Armeen tot sein würden.
Doch sie wusste, dass Elant so etwas nicht gutheißen würde. Er würde sich gegen den Einsatz von Angst aussprechen, sogar bei seinen Feinden. Er würde betonen, dass Straff und Cett, wenn sie von Vin getötet worden waren, nur durch andere, der Stadt noch feindlicher gesonnene Männer ersetzt würden.
Aber es schien eine so logische, wenn auch grausame Antwort zu sein. Ein Teil von Vin drängte darauf, genau das zu tun, damit sie nicht andauernd warten und reden musste. Sie war nicht die Person, der es leichtfiel, belagert zu werden.
Nein, dachte sie. Das ist nicht meine Art. Ich muss nicht so sein, wie Kelsier gewesen ist. Hart. Unnachgiebig. Ich kann etwas Besseres sein. Jemand, der auf Elants Methoden vertraut.
Sie schob jenen Teil von sich beiseite, der hinausgehen und sowohl Straff als auch Cett umbringen wollte, und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder anderen Dingen zu. Sie konzentrierte sich auf ihre Bronze und hielt Ausschau nach Anzeichen für Allomantie. Obwohl sie gern umhersprang und durch die Gegend »patrouillierte«, war sie eigentlich genauso effektiv, wenn sie an Ort und Stelle blieb. Attentäter würden zunächst die Vordertore
ausspähen, denn dort befanden sich die Wachen und die größte Konzentration von Soldaten.
Doch ihre Gedanken schweiften ab. Viele verschiedene Kräfte bewegten sich in der Welt, und Vin wusste nicht, ob sie ein Teil von ihnen sein wollte.
Wo ist mein Platz?, dachte sie. Sie hatte nicht das Gefühl, dass sie ihn schon gefunden hatte – nicht damals, als sie Valette Renoux gespielt hatte, und nicht jetzt, wo sie als Leibwächterin des Mannes diente, den sie liebte. Nichts passte ganz und gar auf sie.
Sie schloss die Augen, verbrannte Zinn und Bronze und spürte die Berührung des im Wind treibenden Nebels auf ihrer Haut. Und seltsamerweise spürte sie noch etwas anderes, etwas sehr Schwaches. Aus der Ferne drangen allomantische Pulse zu ihr. Sie waren so fein, dass Vin sie beinahe nicht bemerkt hätte.
Sie ähnelten den Pulsen, die das Nebelgespenst von sich gab. Aber dieses hörte sie in viel
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