Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
Alternative. Ihr tatet, was Ihr tun musstet, um zu überleben.«
»Vielleicht«, meinte Vin. »Es gibt allerdings einen besseren Weg, OreSeur. Ich wusste es nicht, bis Kelsier mich entdeckt hat, aber das Leben muss nicht so sein. Man muss seine Zeit nicht misstrauisch im Schatten und abgesondert von den anderen verbringen.«
»Vielleicht nicht, weil Ihr ein Mensch seid. Aber ich bin ein Kandra.«
»Auch du kannst vertrauen«, sagte Vin. »Du musst deine Herren nicht hassen.«
»Ich hasse sie nicht alle, Herrin.«
»Aber du vertraust ihnen nicht.«
»Das ist nichts Persönliches, Herrin.«
»Doch, das ist es«, widersprach ihm Vin. »Du vertraust uns nicht, weil du befürchtest, wir könnten dir wehtun. Das verstehe ich. Monatelang habe ich mich gefragt, wann Kelsier mir endlich wehtun würde.«
Sie hielt inne und fuhr dann fort: »OreSeur, niemand hat uns verraten. Kelsier hatte Recht. Sogar jetzt erscheint es mir noch unglaublich, aber die Männer aus seiner Mannschaft – Hamm, Docksohn, Weher – sind gute Menschen. Und selbst wenn einer von ihnen mich verraten sollte, bin ich froh, dass ich ihnen vertraut habe. Ich kann nachts gut schlafen, OreSeur. Ich empfinde Frieden, ich kann lachen. Das Leben ist anders geworden, besser.«
»Ihr seid ein Mensch«, beharrte OreSeur. »Ihr könnt Freunde haben, weil sie nicht befürchten müssen, dass Ihr sie esst oder eine andere Dummheit macht.«
»So denke ich nicht über dich.«
»Nicht? Herrin, vorhin habt Ihr zugegeben, dass Ihr mich nicht mögt, weil ich Kelsier gegessen habe. Und Ihr hasst die Tatsache, dass ich meinen Vertrag getreu erfülle. Doch wenigstens seid Ihr ehrlich.
Die Menschen finden uns beunruhigend. Sie hassen uns, weil wir ihre Artgenossen essen, auch wenn wir nur Körper annehmen, die bereits tot sind. Es erschreckt sie, dass wir ihre Körper nachbilden können. Sagt nicht, dass Ihr nicht die Legenden über meine Art kennt. Nebelgeister nennt man uns – Kreaturen, welche den Menschen, die in den Nebel gehen, den Körper stehlen. Glaubt Ihr, ein solches Ungeheuer – eine Legende, mit der man Kinder erschrickt – kann je Eingang in Eure Gesellschaft finden?«
Vin runzelte die Stirn.
»Das ist der Grund für den Vertrag, Herrin«, sagte OreSeur. Seine gedämpfte Stimme klang hart, als er durch die Lippen des Hundes sprach. »Ihr fragt Euch, warum wir nicht einfach unseren Herren weglaufen? Warum wir nicht Eure Gesellschaft unterwandern und unsichtbar werden? Das haben wir versucht. Vor langer Zeit, als das Letzte Reich noch jung war. Euer Volk hat uns entdeckt und damit begonnen, uns zu vernichten. Sie setzten Nebelgeborene ein, um uns zur Strecke zu bringen, denn damals gab es viel mehr Allomanten als heute. Euer Volk hasste uns, weil es befürchtete, wir könnten es ersetzen. Wir sind fast vollständig vernichtet worden – und dann haben wir den Vertrag ersonnen.«
»Was für einen Unterschied macht das?«, fragte Vin. »Ihr seid immer noch so wie früher, oder?«
»Ja, aber jetzt handeln wir ausschließlich auf Euren Befehl«, erklärte OreSeur. »Die Menschen lieben die Macht, und sie lieben es, etwas Mächtiges zu kontrollieren. Unser Volk hat seine Dienste angeboten, und wir haben den bindenden Vertrag erfunden, den jeder Kandra erfüllen wird. Wir töten keine Menschen. Wir nehmen die Knochen nur, wenn man es uns befiehlt. Wir leisten unseren Meistern absoluten Gehorsam. Wir haben damit angefangen, und die Menschen haben aufgehört, uns zu töten. Sie hassten und fürchteten uns noch immer – aber jetzt wussten sie, dass sie uns beherrschen konnten.
Wir wurden zu Euren Werkzeugen. Solange wir unterwürfig bleiben, Herrin, werden wir überleben. Aus diesem Grunde gehorche ich. Wenn ich den Vertrag breche, übe ich Verrat an meinem eigenen Volk. Wir können Euch nicht bekämpfen, zumindest so lange nicht, wie Ihr Nebelgeborene habt, also müssen wir Euch dienen.«
Nebelgeborene. Warum sind die Nebelgeborenen so wichtig? Vorhin hatte er angedeutet, dass sie Kandras aufspüren konnten …
Sie behielt diese Information für sich, denn sie spürte, dass er sich wieder verschließen würde, wenn sie ihn darauf ansprach.
Sie setzte sich auf und sah ihm trotz der Dunkelheit in die Augen. »Wenn du willst, befreie ich dich von deinem Vertrag.«
»Und was würde das ändern?«, fragte OreSeur. »Dann würde ich irgendeinen anderen Vertrag bekommen. Nach unseren Gesetzen muss ich ein weiteres Jahrzehnt warten, bevor ich die Freiheit
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