Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
mehr getragen …
Allrianne nickte, obwohl sie Vins Bemerkung offenbar keinen Glauben schenkte. »Weherchen ist auch ein Skaa«, sagte sie. »Oder zumindest ein Halb-Skaa. Das hat er mir verraten. Gut, dass er es Vater nicht gesagt hat. Vater ist nie besonders nett zu den Skaa gewesen.«
Vin erwiderte nichts darauf.
Schließlich hatten sie die Kentonstraße erreicht, und wegen der Menschenmassen kam die Kutsche kaum mehr voran. Vin stieg als Erste aus, und OreSeur sprang auf das Pflaster neben ihr. Auf der Marktstraße ging es sehr geschäftig zu, aber es war nicht so voll hier wie bei Vins letztem Besuch. Während auch
die anderen die Kutsche verließen, warf Vin einen Blick auf die Preise in den umliegenden Geschäften.
Fünf Kastlinge für eine Steige mit alten Äpfeln, dachte Vin unzufrieden. Nahrungsmittel erzielen bereits Höchstpreise. Zum Glück hatte Elant Vorräte angelegt. Doch wie lange würden sie unter der Belagerung ausreichen? Bestimmt nicht den ganzen Winter hindurch, der bereits vor der Tür stand. In den weit entfernt liegenden Plantagen des Dominiums war so viel Getreide ungeerntet geblieben.
Die Zeit mag jetzt vielleicht unser Freund sein, dachte Vin, aber am Ende wird sie sich gegen uns wenden. Sie mussten die beiden Armeen unbedingt dazu bringen, gegeneinander zu kämpfen. Ansonsten würden die Einwohner der Stadt vor Hunger sterben, noch bevor die feindlichen Soldaten versuchten, die Mauern einzunehmen.
Spuki hüpfte ebenfalls aus der Kutsche und gesellte sich zu den anderen, während Tindwyl die Straße hinauf- und hinuntersah. Vin beobachtete die lärmende Menge. Die Leute versuchten offensichtlich, trotz der Bedrohung von außen ihren Tagesgeschäften nachzugehen. Was blieb ihnen auch anderes übrig? Die Belagerung dauerte nun schon einige Wochen. Das Leben musste weitergehen.
»Da«, sagte Tindwyl und deutete auf ein Kleidergeschäft.
Allrianne stürmte vor. Tindwyl folgte ihr mit gemessenem Schritt. »Sie ist ein begieriges junges Ding, nicht wahr?«, meinte die Terriserin.
Vin zuckte die Schultern. Die blonde Adlige hatte bereits Spukis Aufmerksamkeit erregt, und er lief lebhaft hinter ihr her. Natürlich war es nicht schwer, Spukis Aufmerksamkeit zu erregen. Dazu musste man nur Brüste haben und angenehm riechen – und das Zweite war dabei nicht einmal zwingend erforderlich.
Tindwyl lächelte. »Vermutlich hat sie keine Gelegenheit zu einem Einkaufsbummel mehr gehabt, seit sie zusammen mit der Armee ihres Vaters vor etlichen Wochen aufgebrochen ist.«
»Das klingt, als wäre diese Zeit für sie eine furchtbare Prüfung
gewesen«, sagte Vin. »Nur weil sie nicht einkaufen gehen konnte.«
»Sie genießt es offensichtlich«, erwiderte Tindwyl. »Du verstehst doch bestimmt, was es heißt, wenn man von dem getrennt ist, was man liebt.«
Vin zuckte die Achseln. Inzwischen hatten sie den Laden erreicht. »Es fällt mir schwer, Mitleid mit einer aufgeblasenen Adelsgöre zu empfinden, die auf tragische Weise von ihren Kleidern getrennt wurde.«
Tindwyl runzelte die Stirn, als sie das Geschäft betrat; OreSeur wartete draußen. »Sei nicht so hart mit dem Kind. Sie ist genauso ein Produkt ihrer Erziehung wie du. Wenn du ihren Wert nach Oberflächlichkeiten bemisst, dann bist du nicht anders als all jene, die dich selbst nach deiner einfachen Kleidung beurteilen. «
»Ich mag es, wenn mich die Leute nach meiner einfachen Kleidung beurteilen«, sagte Vin. »Dann erwarten sie wenigstens nicht zu viel von mir.«
»Ich verstehe«, meinte Tindwyl. »Somit hast du das hier nicht vermisst?« Sie deutete mit dem Kopf ins Innere des Ladens.
Vin zögerte. Der Raum explodierte geradezu vor Farben und Stoffen, Spitze und Samt, Leibchen und Röcken. In der Luft hing ein leiser Duft von Parfüm. Als Vin vor den angekleideten Schaufensterpuppen in ihren strahlenden Farben stand, fühlte sie sich – nur für einen kurzen Augenblick – zurück auf einen Ball versetzt. Auf einen Ball, an dem sie als Valette Renoux teilgenommen hatte. Als sie eine Entschuldigung gehabt hatte, Valette sein zu müssen.
»Es heißt, du hättest die Adelsgesellschaft genossen«, sagte Tindwyl leichthin und ging weiter. Allrianne stand schon im Inneren des Ladens hinter der Fensterscheibe, fuhr mit den Fingern über einen Stoffballen und redete eindringlich mit dem Schneider.
»Wer hat dir das gesagt?«, fragte Vin.
Tindwyl drehte sich zu ihr um. »Deine Freunde natürlich,
meine Liebe. Es ist ziemlich seltsam. Sie
Weitere Kostenlose Bücher