Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
zog sich das Laken bis unter die Arme und nahm einen Schluck von dem Wasser, das für sie neben dem Bett stand.
Elant schloss das Buch und wandte sich ihr lächelnd zu. Vin suchte in seinen sanften Augen nach den Anzeichen des Grauens, das sie vor ihrer Ohnmacht in ihnen bemerkt hatte. Nach dem Abscheu, dem Schrecken, dem Schock.
Er wusste, dass sie ein Ungeheuer war. Wie konnte er sie nur so freundlich anlächeln?
»Warum?«, fragte sie leise.
»Warum was?«, fragte er zurück.
»Warum sitzt du hier und wartest?«, wollte sie wissen. »Ich sterbe nicht – das zumindest weiß ich.«
Elant zuckte die Achseln. »Ich wollte einfach nur in deiner Nähe sein.«
Sie erwiderte nichts darauf. Ein Kohlenofen brannte in der Ecke, aber er brauchte bald neuen Brennstoff. Der Winter war nahe, und es schien, dass er kalt wurde. Sie trug nur ein Nachthemd. Sie hatte zwar die Mägde gebeten, ihr keines anzuziehen, doch da hatte Sazeds Schlaftrunk schon gewirkt, und sie hatte nicht mehr die Kraft gehabt, ihren Wunsch durchzusetzen.
Sie zog das Laken noch enger um sich. Erst jetzt bemerkte sie etwas, das ihr schon früher hätte auffallen müssen. »Elant! Du trägst keine Uniform mehr!«
Er schaute an seiner Kleidung herunter. Es war ein Adelsanzug aus seiner alten Garderobe nebst einer nicht zugeknöpften maronenfarbenen Weste. Das Jackett war ihm zu groß. Er zuckte die Schultern. »Ich brauche keine Verkleidung mehr, Vin.«
»Ist Cett jetzt König?«
Elant schüttelte den Kopf. »Penrod.«
»Das ergibt doch keinen Sinn.«
»Allerdings«, sagte er. »Wir wissen nicht genau, warum die Kaufleute Cett verraten haben, aber das spielt jetzt keine Rolle mehr. Außerdem ist Penrod die bessere Wahl. Besser als Cett und besser als ich.«
»Du weißt, dass das nicht stimmt.«
Elant lehnte sich nachdenklich zurück. »Ich weiß es nicht, Vin. Ich habe geglaubt, ich sei der bessere Mann. Aber während ich alle möglichen Pläne geschmiedet habe, mit denen ich Cett vom Thron fernhalten wollte, habe ich nie den einen Plan ins Auge gefasst, der ihn mit Sicherheit in die Niederlage getrieben hätte. Ich hätte von Anfang an Penrod meine Unterstützung geben und unsere Stimmen vereinen sollen. Was wäre passiert, wenn meine Anmaßung uns Cett als König beschert hätte? Ich habe nicht an das Volk gedacht.«
»Elant …«, sagte sie und legte ihm die Hand auf den Arm.
Er zuckte ganz leicht zusammen.
Es war eine kaum merkliche Bewegung, und er überspielte sie sofort. Doch der Schaden war bereits angerichtet. Sie hatte diesen Schaden zu verantworten – den Schaden in Elants Innerem. Er hatte gesehen, was sie in Wirklichkeit war. Er hatte sich in eine Lüge verliebt.
»Was ist?«, fragte er und sah ihr ins Gesicht.
»Nichts«, sagte Vin und zog ihre Hand zurück. In ihr zerbrach etwas. Ich liebe ihn so sehr. Warum? Warum habe ich zugelassen, dass er es sieht? Aber ich hatte keine andere Wahl!
Er verrät dich, flüsterte Reens Stimme in ihrem Hinterkopf. Jeder wird dich irgendwann verlassen, Vin.
Elant seufzte und richtete den Blick auf die Läden an ihrem Fenster. Sie waren vorgelegt und hielten den Nebel ab, aber Vin konnte die Finsternis hinter ihnen erkennen.
»Ich habe nie wirklich geglaubt, dass es so enden würde, Vin«, sagte er leise. »Ich habe ihnen bis zum Ende vertraut. Ich habe dem Volk und dem von ihm gewählten Rat vertraut, dass sie das Richtige tun würden. Als sie mich nicht gewählt haben, war ich tatsächlich überrascht. Das hätte ich nicht sein sollen. Wir wussten, dass es ein gewagter Versuch war. Schließlich hatten sie mich schon einmal abgewählt. Aber ich war der Meinung, dass das nur eine Warnung war. Tief in meinem Herzen war ich überzeugt davon, dass sie mich wieder in mein Amt einsetzen würden.« Er schüttelte den Kopf. »Und jetzt muss ich entweder zugeben, dass ich ihnen fälschlicherweise vertraut habe, oder ich muss ihre Entscheidung gutheißen.«
Das war es, was sie an ihm liebte: seine Güte, seine einfache Ehrlichkeit. Das waren Eigenschaften, die einem Skaa-Straßenkind so fremd waren, wie es ein Nebelgeborener für die meisten normalen Menschen war. Unter all den guten Männern in Kelsiers Mannschaft und sogar unter den Besten des Adels hatte sie keinen Zweiten wie Elant Wager gefunden. Er glaubte tatsächlich, dass die Menschen, die ihn entthront hatten, einfach nur das Richtige zu tun versuchten.
Manchmal hatte sie sich einen Dummkopf gescholten, weil sie sich in den ersten
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