Krieger des Feuers - Sanderson, B: Krieger des Feuers - The Well of Ascension, Mistborn 2
schlecht gepflegte Gasse, die von drei- und vierstöckigen Häusern begrenzt wurde. Nichts bewegte sich – entweder war der Wächter bereits entkommen, oder er versteckte sich in der Nähe. Sie verbrannte Eisen, aber die blauen Linien enthüllten keinerlei Bewegung.
Doch da gab es noch einen anderen Weg …
Vin tat so, als schaue sie sich um, aber dabei entflammte sie ihre Bronze, fachte sie sogleich heftig an und versuchte die Kupferwolke zu durchdringen, die sie in der Nähe vermutete.
Da war er. Er versteckte sich im Zimmer eines verlassenen Gebäudes hinter vorgelegten Fensterläden. Nachdem sie nun wusste, wo sie suchen musste, bemerkte sie das kleine Metallstück, das er vermutlich benutzt hatte, um in den zweiten Stock zu springen. Es war ein Riegel, an dem er schnell gezogen haben
musste, um die Läden hinter sich zu schließen. Vermutlich hatte er die Straßen bereits vorher abgesucht und von Anfang an vorgehabt, ihr hier zu entwischen.
Raffiniert, dachte Vin.
Er konnte nichts von ihrer Fähigkeit wissen, Kupferwolken zu durchdringen. Aber wenn sie ihn jetzt angriff, verriet sie ihr Geheimnis. Still stand Vin da und dachte daran, wie er über ihr hockte und angespannt darauf wartete, dass sie wegging.
Sie lächelte, tastete in ihr Inneres und spürte die Duraluminreserve. Vielleicht bestand jetzt die Möglichkeit herauszufinden, ob ihre Verbrennung etwas daran änderte, wie sie von anderen Nebelgeborenen wahrgenommen wurde. Vermutlich verbrannte der Wächter gerade den größten Teil seiner eigenen Metalle und versuchte herauszufinden, was sie als Nächstes tun würde.
In dem Glauben, etwas ungeheuer Kluges zu tun, verbrannte Vin das vierzehnte Metall.
Eine gewaltige Explosion ertönte in ihren Ohren. Vin keuchte auf und ging entsetzt in die Knie. Alles wurde grell um sie herum, als ob irgendein Ausbruch von Energie plötzlich die ganze Straße taghell erleuchtet hätte. Und ihr war kalt. Sie zitterte und fühlte sich, als müsse sie erfrieren.
Sie jammerte und versuchte, in dem Geräusch einen Sinn zu erkennen. Es … es war nicht eine einzige Explosion, sondern viele; es war ein rhythmisches Donnern, als würde eine Trommel dicht neben ihrem Ohr geschlagen. Ihr Herzschlag. Und die leise Brise, lärmend wie ein heulender Sturm. Das Scharren eines Hundes auf der Suche nach Nahrung. Jemand, der im Schlaf schnarchte. Es war, als habe sich ihr Gehör hundertfach verbessert.
Und dann … nichts mehr. Vin fiel rückwärts auf das Straßenpflaster; das plötzliche Licht, die Kälte und die Geräusche verschwanden. Eine Gestalt bewegte sich in den Schatten vor ihr, aber Vin konnte sie nicht deutlich erkennen. Sie konnte in der Dunkelheit nichts mehr sehen. Ihr Zinn war …
Weg, erkannte sie, als sie wieder zu sich kam. Mein gesamter Zinnvorrat ist verbrannt. Ich … hatte es gerade angezündet, als ich das Duralumin ausprobiert habe.
Ich habe sie beide gleichzeitig verbrannt. Das ist das Geheimnis. Das Duralumin hatte ihren gesamten Zinnvorrat in einer einzigen, gewaltigen Stichflamme verzehrt. Für ganz kurze Zeit waren all ihre Sinne ungeheuer geschärft gewesen, doch es hatte ihr die ganze Reserve gestohlen. Und als sie nachforschte, stellte sie fest, dass auch ihre Bronze und ihr Weißblech – jene anderen Metalle, die sie gleichzeitig verbrannt hatte – verschwunden waren. Der Anprall der Sinnesempfindungen war so gewaltig gewesen, dass sie die verstärkten Wirkungen der anderen beiden Metalle gar nicht wahrgenommen hatte.
Denk später darüber nach, sagte Vin sich und schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich blind und taub, aber das war sie nicht. Sie war nur ein wenig benommen.
Die dunkle Gestalt vor ihr bewegte sich noch immer im Nebel. Sie hatte keine Zeit, sich zu erholen; taumelnd kämpfte sie sich auf die Beine. Die Gestalt war zu klein für den Wächter. Sie war …
»Herrin, benötigt Ihr Unterstützung?«
Vin hielt inne, als OreSeur auf sie zutrottete und sich auf die Hinterbeine setzte.
»Du … hast es geschafft, mir zu folgen«, sagte Vin.
»Das war nicht leicht, Herrin«, sagte OreSeur offen. »Benötigt Ihr Hilfe?«
»Was? Nein, keine Hilfe.« Vin schüttelte den Kopf und versuchte, wieder klar zu denken. »Ich glaube, ich habe an eines nicht gedacht, als ich dich zu einem Hund gemacht habe. Du kannst mir keine Metalle mehr bringen.«
Der Kandra hielt den Kopf schief und tappte hinüber in eine angrenzende Gasse. Kurz darauf kehrte er mit etwas im Maul zurück. Es war ihr
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