Krieger des Friedens: Roman - [Robert the Bruce 2] (German Edition)
nach seiner Rückkehr seine Autorität wiederherzustellen. Ich fürchte, er wird feststellen, dass er einen Berg bezwungen hat, nur um den nächsten vor sich aufragen zu sehen.«
James wirkte beunruhigt, schüttelte aber dennoch den Kopf. »Keiner von uns weiß, was die Delegation in Paris erreicht. Und wir wissen auch nicht, wie lange wir diesen Krieg überleben.«
»Warum lasst Ihr dann zu, dass Robert den Engländern hilft, uns zu vernichten?«
James schwieg. Sein Blick wanderte zu der Karte, die der Diener auf dem Tisch hatte liegen lassen. »Offen gestanden glaube ich nicht, dass wir noch viel länger durchhalten, John. Falls Schottland fällt, hat Robert eine größere Chance, König zu werden, wenn er auf der Seite der Sieger steht.«
»Ihr wollt, dass wir den Krieg verlieren?«, warf David ungläubig ein.
»Ich wollte nichts von alledem. Aber wenn man die Wahl zwischen Pest und Cholera hat – nun, dann muss ein Mann diese Wahl treffen. Wenn Robert zu früh zurückkehrt, um den Thron zu besteigen, und wir unterliegen, erleidet er dasselbe Schicksal wie Balliol. Wenn König Edward uns mit seiner Hilfe in die Knie zwingt, darf Robert darauf hoffen, irgendwann einmal eine Machtposition zu erhalten. Ein solcher Ausgang würde die Bedrohung Balliol und jegliche Gefahr für seine Autorität seitens Comyn ausschalten.«
»James, bei allem Respekt – das würde uns zehn Jahre zurückwerfen! Robert wäre nur ein weiterer Hund an einer Leine, so wie Balliol unter Edward.«
»Edward ist über sechzig. Er wird nicht mehr sehr lange leben. Sein Sohn kann ihm nicht annähernd das Wasser reichen, und Robert ist nicht John Balliol. Ich glaube, er wird sich im Lauf der Zeit durchsetzen. Aber er braucht einen Ort, der ihm Kraft gibt und von dem aus er handeln kann. Deswegen muss er sein Land und seine Vasallen schützen.«
Die Tür wurde geöffnet, und einer von James’ Männern erschien. »Sir, wir müssen aufbrechen. Im Westen steigt Rauch auf.«
James musterte Atholl eindringlich. »Keiner von uns weiß, was kommen wird. Alles, was wir tun können, ist, einen Weg einzuschlagen und ihm durch die Dunkelheit zu folgen. Ich brauche Euer Vertrauen, John, und Robert braucht es auch.« Er streckte eine Hand aus. »Kann ich mich auf Euch verlassen?«
In John stieg eine Erinnerung an Robert Bruce auf, der, umringt von seinen Brüdern und Männern, im Hof von Turnberry Castle stand und dessen Gesicht im Fackelschein und von einem inneren Feuer erleuchtet glühte, als er von seinem Recht auf den Thron Schottlands und seiner Absicht sprach, ihn an sich zu bringen. In diesem Moment war er John als das Ebenbild seines Großvaters erschienen, nur jünger und stärker – ein Jungtier, aus dem noch ein Löwe werden musste.
Er ergriff die Hand des Großhofmeisters. »Ich bete zu Gott, dass Euer Weg der richtige ist, James.«
28
York, England, A.D. 1303
ELIZABETH SCHRECKTE aus dem Schlaf hoch, weil laute Stimmen an ihr Ohr drangen. Als sie sich aufsetzte, glitt das Stundenbuch, in dem sie gelesen hatte, von ihrem Schoß. Sie fing es auf, bevor es zu Boden fallen konnte, und legte es bei einer Illustration der Heiligen Jungfrau, die das Christuskind nährte, aufgeschlagen behutsam neben sich auf die Bank unter dem Fenster. Marias mit gemahlenem Lapislazuli gefärbtes Gewand leuchtete strahlend blau. Ihr Elfenbeinkreuz an der Silberkette, das ihr Vater ihr geschenkt hatte, diente ihr als Lesezeichen. Seit ihrer Hochzeit trug sie es nur noch selten. Der durch die Bleiglasfenster, die über die Burgmauern hinweg auf den Fluss Foss hinausgingen, wehende Luftzug hatte ihren Nacken steif werden lassen. Hinter dem Fenster schimmerten die Fischteiche des Königs golden in der Nachmittagssonne.
Das von den Schlafkammerwänden gedämpfte Schimpfen hielt an und wurde hitziger, als Elizabeth die Tür zu dem kleinen Nachbarraum aufstieß.
»Ich sage es dir nicht noch einmal, Mädchen!«
Das war Judiths Stimme. Die Kinderfrau musterte einen Tisch, der mit den Möbeln aus Marjories Spielzeugburg übersät war. Dahinter stand Roberts Tochter, mit vor Wut blitzenden Augen und zu Fäusten geballten kleinen Händen.
»Was geht hier vor?« Elizabeth blickte von der Kinderfrau zu dem Mädchen.
»Ich habe Marjorie gesagt, sie soll ihre Spielsachen wegräumen und sich zum Essen fertig machen.« Judith wandte sich zu ihr um. »Und zwar schon drei Mal.«
Elizabeth rieb sich den Nacken. Erste Schmerzwellen fluteten durch ihren Schädel. Es war
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