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Kriegerin der Nacht

Kriegerin der Nacht

Titel: Kriegerin der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Kelly. Nicht etwas zu tun, ohne Angst zu haben, sondern etwas zu tun, obwohl man Angst hat.
    In diesem Moment schmolz in Kellys Herz jeglicher Groll gegen Iliana. Ihre Wut und ihr Ärger und ihre Verachtung. Und seltsamerweise schmolz damit auch die Scham, die sie an diesem Nachmittag verspürt hatte, weil sie das war, was sie war - eine Gestaltwandlerin.
    Es ergab keinen Sinn. Da bestand kein Zusammenhang. Und doch gab es ihn, diesen Zusammenhang.
    Jaimie sprach mit ihrer ausdruckslosen, aber seltsam angenehmen Stimme weiter. »Mir geht es gut - es war nur ein Schock. Hör jetzt auf zu weinen. Jemand hat mich aus dem Weg gestoßen.«
    Iliana blickte zu Galen auf.
    Sie weinte immer noch und ihre Augen hatten die Farbe von violettem Kristall. Galen hockte auf einem Knie und schaute besorgt auf Jaimie hinab.
    Ihre Blicke trafen sich und beide wurden ganz still. Bis auf den Wind, der Ilianas Haar zerzauste, hätten sie Figuren auf einem Gemälde sein können. Eine Szene von einem der alten Meister, dachte Kelly. Der Junge mit dem dunkelgoldenen Haar und diesem perfekt gemeißelten Gesicht, das seinen besorgten Beschützerinstinkt zeigt. Das Mädchen mit den leuchtenden Augen und den feinen Zügen, das dankbar aufschaut.
    Es war ein süßes und liebreizendes Bild. Und es war genau der Moment, in dem Iliana sich in Galen verliebte.
    Und Kelly wusste es.
    Sie wusste es, bevor Iliana selbst es wusste. Sie sah eine Art klagenden Schimmer in Ilianas Augen, als wollten weitere Tränen fallen. Und dann sah sie die Veränderung in Ilianas Gesicht.
    Ihre Dankbarkeit wurde zu etwas anderem, etwas, das eher war wie ... Wiedererkennen. Es war, als entdecke Iliana Galen plötzlich, als sehe sie jetzt alles in ihm, was zu sehen Kelly erst langsam gelernt hatte.
    Sie waren beide ...
    Kelly wollte Idioten denken, aber das Wort mochte nicht kommen. Am Ende fiel ihr nur ein: gleich.
    Sie beide. Idealisten. Offenherzig. Bemüht, alle zu retten.
    Sie waren wie geschaffen füreinander.
    »Du hast ihr das Leben gerettet«, flüsterte Iliana. »Aber du hättest dabei selbst umkommen können.«
    »Es ist einfach passiert«, erwiderte Galen. »Ich habe mich bewegt, ohne nachzudenken. Aber du - du blutest wirklich ...«
    Iliana schaute nüchtern auf ihre Hand hinab. Es war das Einzige, was das Bild verunstaltete; die Hand war schockierend blutig. Aber in Ilianas Blick stand keine Furcht. Stattdessen wirkte sie weise wie eine der Alten und unendlich traurig.
    »Ich ... konnte nicht helfen«, sagte sie.
    Kelly öffnete den Mund. Aber bevor sie ein Wort sagen konnte, erschien Nissa neben Iliana.
    »Hier«, sagte sie auf ihre praktische Art und löste den sorgfältig geknoteten Schal an ihrem Hals. »Ich werde dich verbinden, bis wir feststellen können, ob du genäht werden musst.« Sie schaute zu Kelly auf. »Ich habe mir das Nummernschild des Wagens gemerkt.«
    Kelly blinzelte und konzentrierte sich. Ihr Gehirn setzte sich wieder in Gang.
    »Ihr beide geht den Wagen holen«, trug sie Nissa und Winnie auf. »Ich werde das hier zu Ende bringen.« Sie nahm Nissas Platz neben Iliana ein. »Geht es dir wirklich gut?«, fragte sie Jaimie, sorgfältig darauf bedacht, sie direkt anzusehen. »Ich denke, wir müssen euch alle drei ins Krankenhaus bringen.«
    Ein Teil von ihr erwartete, ein Zucken zu sehen, als der Blick der dunkelblauen Augen unter den weichen braunen Ponyfransen sich auf sie richtete. Aber natürlich kam keins. Nissa hatte ihre Sache zu gut gemacht, als sie Jaimies Gedächtnis gelöscht hatte. Jaimie wirkte lediglich für einen Moment leicht verwirrt, dann lächelte sie ein wenig schief.
    »Mir geht es wirklich gut.«
    »Trotzdem«, sagte Kelly.
    Langsam sammelte sich eine Menschenmenge an. Schüler und Lehrer kamen aus verschiedenen Ecken des Gebäudes herbeigelaufen, um zu sehen, was es mit dem Lärm auf sich hatte. Kelly begriff, dass tatsächlich nur zwei Minuten vergangen sein konnten, seit der Wagen mit quietschenden Reifen über den Gehweg gedonnert war.
    Nur wenige Minuten ... aber die Welt hatte sich verändert. In verschiedener Hinsicht.
    »Komm«, sagte sie und half Jaimie aufzustehen. Sie überließ es Galen, Iliana zu helfen.
    Und sie fühlte sich seltsam ruhig und friedlich.
    ***
    Es stellte sich heraus, dass Galen mehrere gezerrte Muskeln und jede Menge Schürfwunden und Prellungen hatte. Jaimie hatte Prellungen und Kopfschmerzen, außerdem war ihr schwindelig und sie sah doppelt, sodass sie im Krankenhaus bleiben musste -

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