Kriegerseelen
zu halten. Frisch aus dem Labor gekommen, hatte es einige Menschenleben gekostet, bis er es schaffte, den Strom, der unter seiner Haut floss, zu kontrollieren. Die ersten Pfleger, die ihn berührten, starben qualvoll. Ihre Herzen begannen zu stolpern, nachdem sie Tristan berührt hatten. Die Haut ihrer Finger verschmorte zischend, bis sie schließlich umfielen und zuckend und nach Luft ringend ihr Leben beendeten.
Alexej sah auf. Der Blick aus seinen kalten grauen Augen war vernichtend. »Dr. Abramovic hat eine winzige Einstichstelle gefunden. Zwischen ihren Zehen. Die Todesursache war Herzversagen, durch eine Überdosis Narkosemittel.« Er stand auf und hieb mit der Faust auf den Tisch. »Wer zum Teufel hat es gewagt, eines meiner Geschöpfe zu töten?« Als er um den Schreibtisch herum ging und sich vor Tristan aufbaute, hatte sich dieser noch immer nicht bewegt. Prokojev war um etliches kleiner als er und musste den Kopf heben, um ihm ins Gesicht zu sehen. »Du findest den Schuldigen und wir werden ihn vor aller Augen hinrichten. Ich muss ein Exempel statuieren. Niemand hörst du, niemand soll glauben, er käme damit durch. Meine Stadt, meine Menschen. Dies alles gehört mir und ich bestimme, wer stirbt und wer leben darf.«
Er wandte sich zu der großen Fensterfront und blickte hinaus auf seine Stadt. Ondraka, das unterirdisch lag, hatte er in seiner Rede mit eingeschlossen. Es war sein ganz privates Vergnügen. Er bestimmte, wer sich fortpflanzen durfte. Er bestimmte, wie die Menschen zu leben hatten und er bestimmte, wer sterben musste. Als er sich zu seinem Krieger umdrehte, war sein Gesicht immer noch wutverzerrt. »Was stehst du noch da, bring mir den Schuldigen und ich lasse mir etwas Besonderes für ihn einfallen.« Tristan salutierte, nickte knapp und verließ das Büro.
In der Krankenstation angekommen, wo Valentin noch immer Wache hielt, bestellte er Jay und Tyron dazu. Er informierte sie über den Befehl des Bosses. Die Befragung der diensthabenden Ärzte wollte er selbst übernehmen. Für Xenas Bewachung wurde ein Zeitplan aufgestellt und Jay übernahm die erste Schicht. Tristan musste mit Juno sprechen. Sie würde den Schuldigen schneller finden, als er oder seine Leute. Sie würde ihn wittern. Es musste möglich sein, sie zu der Leiche zu bringen, damit sie mit ihrer Gabe feststellen konnte, welche Personen zuletzt mit der Toten Kontakt hatten. Dem Krieger war klar, dass es nicht leicht war, an Juno heranzukommen. Sie lebte abgeschirmt von ihren Kameraden. Verbitterung machte sich in ihm breit. Doch er war entschlossen. Zuerst versuchte er es über das Ohr-Komm. Zähneknirschend stelle er fest, dass die Verbindung zu ihr blockiert war. Prokojev, dieses Arschloch, schottete sie tatsächlich von ihren Kameraden ab. Er hielt sie wie ein vom Aussterben bedrohtes Exemplar einer besonderen Tierart. Doch diese Hürde spornte ihn nur noch mehr an. Es gab nichts, was den Krieger aufhalten konnte. Er liebte derartige Herausforderungen. Die Gummisohlen seiner schweren Kampfstiefel quietschten leise, als er über den Linoleumboden des Flurs ging. Die wenigen Pflegekräfte, die ihm begegneten, wichen dem bedrohlich aussehenden Mann ängstlich aus. Tristan war bekannt dafür, dass man ihm besser nicht zu nahe kam. Er schlug den Weg in den Privattrakt ein. Eine wage Ahnung führte ihn nach oben. Dort lag links die Suite des Bosses, und rechts eine Wohnung, die offiziell nicht bewohnt war. Da Prokojev ein disziplinierter Mann mit einem strengen Tagesplan war, bestand keine Gefahr, dass er ihm über den Weg laufen würde. Vor der schweren Eichentür blieb er stehen. Er atmete tief durch. Wenn er richtig lag, würde er in wenigen Minuten Juno gegenüberstehen. Dem einzigen Menschen außer Valentin, der ihm wirklich etwas bedeutete. Mit den Fingerknöcheln klopfte er an die Tür. Kein Laut war zu hören. Tristan verharrte regungslos, wie ein Raubtier. Er war ein Jäger, dessen Geduld unendlich war. Einzig sein Herz schlug hart und schnell gegen seine Brust.
Nach endlosen Minuten klopfte er erneut, diesmal in einem ganz bestimmten Rhythmus. Es war eine Art Geheimzeichen, das die Krieger untereinander benutzten. Juno musste es erkennen. Zwar lebte sie schon lange abgesondert von den anderen, doch sie war ebenso eine Kriegerin wie Tristan, Valentin, Jay und Tyron. Sie durfte es nicht vergessen haben.
Er hörte leise Schritte. Die Tür öffnete sich einen Spalt und türkisblaue Augen blickten ihn an. Dann wurde die
Weitere Kostenlose Bücher