Kriegerseelen
Warum musste er ihn verlieren? Bevor er weiter darüber grübeln würde und der Schmerz über den Verlust zu groß wurde, lenkte er sich ab, indem er seine Seelengefährtin küsste. Sie bot ihm ihre weichen zarten Lippen und er spürte, dass es auch für sie ein Trost war. Dann nahm Cara die Blätter wieder auf, die auf ihrem Schoß gelegen hatten, und las weiter.
Und vor allem frage ich mich, weshalb jemand eine derartige Menge benötigt. Mein Gewissen drückt mich sehr, wenn ich mir vorstelle, dass Menschen dadurch zu Schaden kommen. Aber ich habe keine andere Wahl. Sie haben mir gedroht, mir auch noch meine Frau zu nehmen. Von Cara wissen sie angeblich nichts. Ich glaube ihnen nicht. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, sie lebend wiederzusehen. Und wenn es das Letzte ist, was ich tue. Ich werde nie aufhören, sie zu suchen. Mein Testament habe ich hinterlegt, für den Fall, dass mir etwas passiert. Wenn Cara lebt, wird sie es finden. Sie ist mein Mädchen, sie ist clever. Dort liegen auch Unterlagen über den russischen Kunden. Ich habe keine Ahnung, ob sie diese Dinge jemals brauchen wird, aber bei ihr sind sie gut aufgehoben.
Aufgeregt kramte Cara in den losen Blättern. Es musste etwas dabei sein über Time Out. Auch Thorns Herz machte einen Satz, als er die letzten Zeilen mitgelesen hatte.
»Hier!«, rief sie laut. »Ich glaube, hier ist etwas. Es sieht aus wie Formeln und das Blatt ist voll von Fachausdrücken. Glaubst du, Lili kann etwas damit anfangen?«
»Ich hoffe es sehr. Lass uns gehen. Wir können ein anderes Mal zurückkommen, wenn du möchtest.« Thorn stand auf und hielt ihr seine Hand hin. Eilig packte sie das Bündel Papier und ließ sich von ihm hochziehen. Hand in Hand liefen sie zu Thorns Geländewagen. Ein Fünkchen Hoffnung glomm in den beiden, als sie sich auf den Weg in das Zuhause der Brüder machten. Während der Fahrt hing jeder seinen Gedanken nach. Sie hatten die Stadt bereits hinter sich gelassen und fuhren die breite Schotterstraße entlang, die zu dem abgelegenen Anwesen führte, als Thorns Handy klingelte. Er kramte mit einer Hand in seiner Hosentasche und fischte es heraus. Ein Blick darauf ließ ihn die Stirn runzeln. »Thunder.« Als er den Anruf annahm sah Cara ihn gespannt an. Sie verstand nicht, was Thunder sagte, aber an Thorns Gesichtsausdruck konnte sie sehen, dass es offensichtlich etwas Ernstes war. Der Krieger beendete den Anruf mit einem knappen, »Wir sind gleich da.« Dann gab er mehr Gas. Steine und Dreck flogen auf, als er den Wagen in Höchstgeschwindigkeit in die Abzweigung lenkte, die zur Auffahrt führte. »Storm. Es geht ihm sehr schlecht. Er ist ausgetickt, hätte fast Ivy vergewaltigt und liegt jetzt bewusstlos im Krankenzimmer.«
Seine Stimme klang verbittert. Cara sah erschrocken auf.
Sie legte ihm eine Hand auf den Schenkel, um ihn zu beruhigen. Das große Tor stand bereits offen und nach wenigen Sekunden hatten sie das Haus erreicht. Thorn legte eine Vollbremsung hin und kaum standen die Räder still, sprang er aus dem Wagen. »Ich werde nicht zulassen, dass er uns unter den Händen wegstirbt, verdammt«, knurrte er. Cara folgte ihm, so schnell sie konnte. Layla und Connor standen in der Eingangshalle und erwarteten sie bereits. Die blonde Frau zog Cara zur Seite und Connor legte Thorn beschwichtigend die Hand auf die Schulter. »Lili ist bei ihm. Sie tut, was sie kann.« Doch Thorn war außer sich vor Sorge. All das erinnerte ihn an den Tag, an dem er seinen leiblichen Bruder verloren hatte. Rock. Sein Magen zog sich zusammen und er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Wie ein verwundetes Tier brüllte er auf. »Nicht Storm. Nicht auch noch Blondie.«
Cara wollte zu ihm, wollte ihn halten und ihn spüren lassen, dass sie seinen Schmerz teilte. Doch Thorn stürmte bereits auf das Krankenzimmer zu. Die Tür öffnete sich gerade in dem Moment, als er die Klinke herunterdrücken wollte. Thunder kam heraus mit ernster Miene. »He Kumpel.«
Er zog Thorn, der kreidebleich war, an sich und spürte, wie sein Bruder zitterte. »Er schläft jetzt. Lili hat ihm ein starkes Beruhigungsmittel gegeben und checkt gerade seine Blutwerte. Irgendetwas stimmt mit ihm nicht. Seit er so lange verschwunden war, ist er noch aggressiver und unberechenbarer geworden.« Thunder packte seinen Bruder bei den Schultern und sah ihm fest in die Augen. »Glaub mir, Lili tut, was sie kann. Wir werden ihn nicht verlieren.«
Nicht daran. Aber vielleicht würde Storm, genauso wie er
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