Kriegsgebiete
nach unten. Ihre Füße standen sich
gegenüber. Langsam hob Rainer den Kopf wieder und irgendwas war
anders an seinem Blick.
»Sie
sollten sich eine Zeit lang von ihnen fernhalten.«
»Wie fernhalten ?«
»Von
Lea und Melanie.«
»Mein
Verstand ist durch den Wind, aber meine Gefühle sind okay.«
Rainer
lächelte. Diesmal nicht breit. Es war eher ein kurzes Zucken
quer durch die Mimik.
»Dafür
bin jetzt ich da.«
Daniel
schüttelte den Kopf.
»Bei
Melanie vielleicht. Lea bleibt meine Tochter.«
»Klar.«
Rainer
kam einen Schritt nach vorne. Er war jetzt so nah, dass sich ihre
Nasenspitzen fast berührten.
»Es
geht ja nur um eine kurze Auszeit.«
»Die
Besuchszeiten sind ja eh schon betreut.«
»Im
Fernsehen laufen Berichte darüber, wie Sie Frauenleichen finden
und anschließend die Scheibe Ihrer Terrassentür
einschlagen. Sie sind ein Star bei YouTube. Lea wird von ihren
Klassenkameraden gehänselt, weil sie die Tochter eines Freaks
ist.«
»Ich
bin ein Freak?«
»Ja.
Finden Sie sich damit ab.«
Rainer
steckte seine Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans
und streckte seinen Oberkörper. Eine Einladung. Schlag mich
doch , sollte das heißen.
»Ich
muss mir das von Ihnen nicht gefallen lassen!«, schrie Daniel.
»Willst
du’s drauf ankommen lassen?«, entgegnete Rainer mit
provozierender Gelassenheit.
Wir
sind beim Du , dachte Daniel. Gut. Ich bin kampfbereit. Aber
man muss sich der Folge seiner Handlungen bewusst sein.
Gewaltanwendung führt zu nichts. Rainer wartet nur darauf. Er
provoziert mich. So als hätte er noch eine Rechnung mit mir
offen. Eigentlich sollte ich noch eine Rechnung mit ihm offen haben.
Er hat mir meine Frau ausgespannt. Vielleicht will er nur sein
Terrain abstecken. Vielleicht gibt es irgendwo eine versteckte
Kamera, die nur darauf wartet, etwas aufzunehmen, das sich auf einem
Bildschirm gut macht. Oder bei einem Rechtsanwalt.
Rainer
schaltete auf herablassendes Grinsen um. Das Herablassende gelang ihm
sehr gut. Er spannte provozierend langsam seine Muskeln an. Seine
breiten Schultern und der durchtrainierte Brustkorb zeichneten sich
deutlich unter seinem Shirt ab.
»Also
nicht. War ja zu erwarten, dass deine Drohungen nur heiße Luft
sind.«
»Ich
hab noch gar nicht gedroht.«
»Du
schlägst ja nur Frauen. Bei einem Mann hast du nicht die Eier.«
»Hat
Melanie gesagt, dass ich sie geschlagen habe?«
»Sie
hat genug Würde, es zu verheimlichen. Ab jetzt stehe ich
zwischen ihr und dir.«
Die
Wut loderte so sehr in Daniels Magengrube, dass es zu schmerzen
anfing.
»Du
bist nur ein Ersatzspieler«, zischte Daniel.
»Halt
dich von Melanie und Lea fern«, antwortete Rainer mit einer
provozierenden Unterart der Entspanntheit.
Er
wandte sich ab und ging zum Auto. Einen Moment überlegte Daniel.
Moralisch war es nicht okay, von hinten zu attackieren, aber taktisch
wäre es ein guter Zeitpunkt für einen Angriff.
Rainer
drehte sich noch einmal um.
»Das
mit dem Hasen ging wirklich zu weit«, sagte er. »Was sind
das für Schweine, die ein Tier zu Tode quälen, häuten
und anderen Leuten vor die Tür legen? Vor eine Tür, hinter
der Menschen leben, die sie kennen.«
»Das
war ich nicht.«
»Wolltest
du was damit erreichen oder hat es einfach nur Spaß gemacht?«
»Ich
war es nicht!«
»Na
klar, du Geisteskranker.«
Rainer
drehte sich um und ging weiter zum Wagen. Daniel rannte los. Neben
der Autotür blieb Rainer reglos stehen. Daniels Hand versuchte,
den T-Shirt-Stoff über Rainers Schulter zu fassen. Bruchteile
einer Sekunde später steckte sein Handgelenk in einem
Klammergriff. Gleichzeitig spürte er den Druck gegen seine
Hüfte. Plötzlich kein Bodenkontakt mehr. Die Füße
wurden hochgerissen. Sie schienen ihn zu überholen, während
der ganze Körper durch die Luft flog. Der Himmel war schön
blau. Wolkenlos. Daniels Rücken donnerte mit einem hässlichen
Geräusch auf die Motorhaube. Sofort antwortete das Auto mit
einem noch lauteren Knall aus dem Inneren. Sämtliche Nervenenden
in Daniels Rücken sandten Schadensmeldungen an die Brücke.
Wie Scotty, wenn er seinen Status-Bericht an Kirk abgab, nachdem die
Enterprise in den Hinterhalt eines getarnten Klingonenschiffs geraten
war. Die Schutzschilde sind ausgefallen, dachte Daniel, während
er an der Autokarosserie nach unten rutschte. Er hätte nie damit
gerechnet, dass Rainer sein Auto in die Kampfhandlungen einbinden
würde. Der Aufprall auf dem Boden war im Vergleich
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