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Kriegsgebiete

Kriegsgebiete

Titel: Kriegsgebiete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Spranger
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mal mehr die
liebevollen Mails lesen, die sie ihm nach Afghanistan geschickt
hatte. Okay, er hätte sie bei Maik abrufen können –
und einmal hatte er es sogar versucht –, aber die Mails
schienen aus einem anderen Leben zu kommen. Aus einem anderen,
lebensbedrohlicheren, einfacheren, intensiven, oberflächlichen
Leben. Auf diese glückliche Zeit hatte er keinen Anspruch mehr.
    Während
Daniel sich eine neue Erdnuss in den Mund steckte, sah er Lea aus der
Musikschule kommen. Die Gitarre auf den Rücken geschnallt. Sie
sah verdammt punkig aus für ihr Alter. Die Löcher hatte sie
sich absichtlich in ihre gestreiften Strumpfhosen geschnitten.
Zielstrebig ging sie zu ihrem Fahrrad und kettete es los. Daniel
steckte die Erdnuss-Packung in die Hosentasche und trat in die
Pedale. Das Fahrrad glitt widerstandslos den kleinen Hügel nach
unten. Die Kette geölt, die Reifen aufgepumpt. Seine
Ausrüstungsgegenstände in Schuss zu halten konnte einem das
Leben retten. Effektivität war das Zauberwort. Der Fahrtwind
spielte mit Daniels Haaren. Ein schönes Gefühl. Er freute
sich auf seine Tochter.
    Sportlich
bremste er neben ihr.
    »Hi.«
    Sie
starrte ihn entsetzt an.
    »Was
machst du denn hier?«
    »Ich
bin zufällig hier vorbeigekommen.«
    Lea
schaute ihn skeptisch an.
    »Okay,
nicht ganz so zufällig«, stotterte Daniel. »Ich hab
das mit Bonaparte gehört, dass er vor eurer Tür lag und
so.«
    »Ja,
und zwar in zwei Teilen. Ich hab ihn gefunden, als ich in die Schule
gehen wollte. Links das Fell. Und rechts das, was aussah wie der
Baby-Dämon in dem Horror-Film, den wir uns von Johannas großem
Bruder ausgeliehen hatten.«
    »Bestimmt
bist du wahnsinnig erschrocken.«
    »Na,
aber hallo. Wenn plötzlich der Horror-Film vor dir liegt.«
    »Du
solltest dir so einen … Du solltest dir keine Filme anschauen,
die für dein Alter nicht geeignet sind.«
    »Und
du solltest auf Bonaparte aufpassen.«
    »Tut
mir wirklich leid.«
    »Schon
gut. Ich konnte ihn sowieso nicht mehr leiden, seit er mir in die
Hand gebissen hatte und mir tagelang die Finger angeschwollen waren.
Rainer sagt, du hättest Bonaparte geschlachtet.«
    »Und:
Glaubst du das?«
    Lea
sah ihn einen Moment lang mit zusammengekniffenen Lidern an.
    »Nein,
natürlich nicht.«
    Daniel
holte die Packung Erdnüsse aus seiner Hosentasche.
    »Magst
du ein paar Erdnüsse?«
    Lea
schüttelte den Kopf.
    »Erdnüsse
hängen sich immer in die Zähne. Das schaut scheiße
aus, wenn man lächelt. Außerdem wird man fett davon.«
    Daniel
knüllte die Packung wieder zusammen und steckte sie in seine
Hose. Lea war in einem Alter, in dem man sich um sein Lächeln
und seine Figur sorgte – und er war nicht bei ihr, um das
mitzuerleben. Eine tiefe Trauer erfüllte ihn. Von oben bis
unten. Er wusste, in diesem Moment wäre der Kampf mit Rainer
anders ausgegangen.
    »Läuft
es gut mit dem Gitarrenunterricht?«, fragte Daniel.
    »Geht
so. Zum Geburtstag will ich eine E-Gitarre.«
    »Versteh
ich. Ich würde auch lieber E-Gitarre spielen.«
    »Kommst
du zu meinem Geburtstag?«
    »Klar,
wenn du mich einlädst.«
    »Ich
hab ziemlich genau in zwei Monaten Geburtstag.«
    »Ich
weiß, wann du Geburtstag hast.«
    »Bloß,
falls du dich nicht erinnerst.«
    »Ich
vergesse doch nicht den Geburtstag meines Töchterleins«,
sagte Daniel eine Nuance zu feierlich, während er seine rechte
Hand auf ihre Schulter legte.
    Lea
zuckte nicht zurück, sondern blieb stocksteif stehen. Das war
fast schlimmer.
    »Letztes
Jahr hast du ihn vergessen.«
    Daniel
nahm die Hand von Leas Schulter. Die Bewegung tat irgendwie weh, aber
die Hand gehörte einfach nicht da hin.
    »Da
war ich im Bundeswehr-Krankenhaus. Da verpassen sie dir Medikamente,
die lassen dich sogar deinen eigenen Geburtstag vergessen. Und deinen
Namen und deinen Lieblings-Fußballverein.«
    »Du
musst dich nicht entschuldigen.«
    »Das
war keine Entschuldigung. Es ist extrem scheiße, dass ich dir
Tage zu spät zum Geburtstag gratuliert habe. Vom Krankenhaus aus
konnte ich dir nicht mal ein gutes Geschenk besorgen.«
    »Ich
hab mich sehr über den Baby-Pinguin gefreut.«
    »Man
schenkt einem Mädchen, das elf Jahre wird, kein Stofftier.«
    »Eigentlich
nicht, aber ich mag den Pinguin. Er ist kein gewöhnliches
Stofftier.«
    »Tatsächlich?«
    »Er
guckt immer so unglücklich. Deshalb habe ich ihn umbenannt.
Justin ist ja auch ein blöder Name.«
    »Wie
heißt er jetzt?«
    »Scott.«
    »Scott?
Wie kommst du denn darauf?«
    »Nach
Sir Robert Scott. Dem

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