Kriegsklingen (First Law - Band 1)
Hände seines Gegners leicht bebten, als ihm der Sekundant die Eisen reichte.
»Betreut von Sepp dan Vissen, aus Rostod in Stankland …«, hier machte der Kampfrichter eine Pause, um die Wirkung seiner Worte zu erhöhen, »… Kurtis dan Broya!« Der Ankündigung folgte eine Welle begeisterten Beifalls. Jezal schnaubte. Diese Witzfiguren waren bereit, jeden zu beklatschen.
Der große Jüngling stand auf und ging entschlossenen Schrittes und mit im Sonnenlicht blitzenden Eisen auf den Ring zu. »Broya!«, wiederholte der Kampfrichter, während der schlaksige Idiot seine Position einnahm. West zog Jezals Eisen aus ihren Scheiden. Das metallische Klirren der Klingen verursachte Jezal beinahe wieder Übelkeit.
Der Kampfrichter deutete erneut auf die Kabinen der Teilnehmer. »Und sein heutiger Gegner! Ein Offizier der Königstreuen, betreut von keinem Geringeren als Lord Marschall Varuz!« Es gab vereinzelten Applaus, und der alte Soldat strahlte. »Aus Luthar in Midderland, aber gegenwärtig hier im Agriont zu Hause … Hauptmann Jezal dan Luthar!« Wieder eine Welle begeisterten Beifalls, wesentlich lauter als die, mit der man Broya begrüßt hatte. Einige laute Rufe erklangen über den Lärm. Zahlen wurden gerufen. Gewinnquoten angeboten. Jezal fühlte eine neue Welle der Übelkeit über sich hereinbrechen.
»Viel Glück.« West reichte Jezal die nackten Klingen, den Knauf voran.
»Er braucht kein Glück!«, fiel Varuz ihm ins Wort. »Dieser Broya ist ein Nichts! Sie brauchen nur auf seine Reichweite zu achten! Drängen Sie ihn, Jezal, drängen Sie ihn!«
Es schien ewig zu dauern, bis er den Ring mit dem kurzen, trockenen Gras erreicht hatte. Der Lärm der Menge klang laut in Jezals Ohren, aber noch lauter war das Pochen seines Herzens, während er die Griffe seiner Waffen in den schweißnassen Handflächen hin und her drehte. »Luthar!«, wiederholte der Kampfrichter und lächelte breit, als er Jezal herankommen sah.
Sinnlose, unbedeutende Fragen durchzuckten seinen Kopf und verschwanden gleich wieder. Sah Ardee zu, in der Menge, und fragte sie sich, ob er zu ihrem Treffpunkt am Abend kommen würde? Würde er im Krieg getötet werden? Wie hatten sie das Gras für den Fechtring auf den Marschallsplatz bekommen? Er sah zu Broya auf. Fühlte er sich genauso? Das Publikum war jetzt ruhig, ganz ruhig. Das Gewicht dieses Schweigens senkte sich schwer auf Jezal, als er seine Position im Ring einnahm und die Füße fest in den trockenen Boden stemmte. Broya zuckte mit den Schultern, schüttelte den Kopf, hob seine Eisen. Jezal musste pinkeln. Unglaublich dringend. Was, wenn er sich jetzt in die Hosen machte? Wenn sich ein großer dunkler Fleck über den Hosenstoff ausbreitete? Der Mann, der sich beim Turnier nass gemacht hat. Das würde man ihm nie vergessen, und wenn er hundert Jahre alt würde.
»Und los!«, donnerte der Kampfrichter.
Aber nichts geschah. Die beiden Männer standen da, sahen einander an, die Klingen angriffsbereit erhoben. Jezals Augenbraue juckte. Er wollte sich kratzen, aber wie? Sein Gegner leckte sich die Lippen und machte dann einen vorsichtigen Schritt zur Seite. Jezal tat es ihm gleich. Sie umkreisten sich vorsichtig: Ihre Schuhe knirschten leise auf dem trockenen Gras, und langsam, ganz allmählich kamen sie einander näher. Und als sie das taten, schrumpfte Jezals Welt auf den Abstand zwischen den Spitzen ihrer langen Klingen zusammen. Jetzt war es nur noch ein Schritt. Jetzt nur noch ein Fuß Abstand. Jetzt nur noch sechs Zoll. Jezals Verstand war einzig auf diese zwei funkelnden Punkte konzentriert. Drei Zoll. Broya stieß zu, aber nur schwach, und Jezal wehrte ihn ohne nachzudenken ab.
Die Klingen schlugen sanft aneinander, und als sei dies das Signal, auf das jeder auf den Rängen gewartet hatte, brach nun wieder der Lärm los, zunächst einzelne Rufe:
»Mach ihn fertig, Luthar!«
»Ja!«
»Vorwärts! Zustoßen!«
Aber bald gingen sie wieder in dem rollenden, zornigen Meer des Publikums auf, das mit den Bewegungen im Ring aufbrandete oder wieder abebbte.
Je mehr Jezal von diesem linkischen Idioten zu sehen bekam, desto weniger schüchterte er ihn ein. Seine Nervosität legte sich. Broya stieß ungeschickt zu, und Jezal musste sich kaum bewegen. Broya schlug ohne allzu viel Überzeugung, und Jezal parierte mühelos. Broya machte einen völlig wirkungslosen, schlecht balancierten und viel zu kraftaufreibenden Ausfall. Jezal sprang zur Seite und stach seinen Gegner mit der stumpfen
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