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Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Kriegsklingen (First Law - Band 1)

Titel: Kriegsklingen (First Law - Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zerknickt, die Kanten vom Zahn der Zeit angenagt, und es war mit enger Schrift bedeckt: seltsame Buchstaben, die für Gloktas Augen völlig unleserlich wirkten.
    »Worin ist das geschrieben?«
    »In der alten Sprache. Nur noch wenige können sie heute lesen.« Der Alte deutete auf die erste Zeile. »Ein Bericht vom Sturze des Kanedias, steht hier, die dritte von drei.«
    »Dritte von drei?«
    »Die dritte von drei Schriftrollen, nehme ich an.«
    »Wo sind die anderen beiden?«
    »Die gingen verloren.«
    »Hm.« Glokta spähte in die endlose Dunkelheit der Bücherstapel.
Es ist ein Wunder, dass man hier unten überhaupt etwas findet.
»Was steht auf dieser hier?«
    Der alte Bibliothekar sah angestrengt auf die fremdartige Schrift, die von der einzigen flackernden Kerze nur schwach erhellt wurde. Sein bebender Zeigefinger folgte den Zeilen, die Lippen bewegten sich tonlos. »Groß war ihr Zorn.«
    »Bitte?«
    »So fängt es an. Groß war ihr Zorn.« Langsam begann er zu lesen. »Die Magi verfolgten Kanedias, sie trieben seine Getreuen vor sich her. Sie schleiften seine Feste, zerstörten seine Bauten und töteten seine Diener. Der Schöpfer selbst, schwer verwundet im Kampf mit seinem Bruder Juvens, suchte Zuflucht in diesem Haus.« Der Alte entrollte das Schriftstück ein Stück weiter. »Zwölf Tage und zwölf Nächte stürmten die Magi mit ihrem Zorn gegen die Tore, doch nichts konnten sie ausrichten. Dann fand Bayaz einen Weg hinein …« Der Adeptus fuhr verärgert mit der Hand über das Pergament. Feuchtigkeit oder sonst etwas hatte die Zeichen des nächsten Absatzes verwischt. »Das hier kann ich nicht entziffern … irgendwas mit der Tochter des Schöpfers?«
    »Sind Sie sicher?«
    »Nein!«, fauchte der Alte. »Hier fehlt ein ganzer Absatz!«
    »Dann überspringen Sie den. Was ist das Nächste, das Sie wieder lesen können?«
    »Schauen wir mal … Bayaz folgte ihm zum Dach hinauf und stürzte ihn in die Tiefe.« Der Alte räusperte sich geräuschvoll. »Brennend fiel der Schöpfer hinab und ward auf der Brücke zerschmettert. Die Magi suchten all überall nach dem Samen, doch sie konnten ihn nicht finden.«
    »Samen?«, hakte Glokta verblüfft nach.
    »Das ist alles, was da steht.«
    »Was, zur Hölle, bedeutet es?«
    Der Alte sank in seinen Stuhl zurück und genoss offenkundig die seltene Gelegenheit, auf seinem Spezialgebiet zu glänzen. »Das Ende des Zeitalters der Legende und der Anfang des Zeitalters der Vernunft. Bayaz, die Magi, sie stehen für die Ordnung. Der Schöpfer ist eine göttergleiche Gestalt: Aberglauben, Unwissenheit, was weiß ich. Es muss etwas Wahres an ihm sein. Irgendjemand muss den verdammten großen Turm ja mal gebaut haben«, erklärte er und lachte atemlos und heiser.
    Glokta verzichtete auf den Hinweis, dass der Adeptus denselben Witz bereits vor ein paar Minuten gemacht hatte.
Und da war er auch schon nicht witzig. Wiederholung – der Fluch der Alten.
    »Was ist mit diesem Samen?«
    »Magie, Geheimnisse, Macht? Es ist eine Metapher.«
    Den Erzlektor werde ich mit Metaphern kaum beeindrucken. Schon gar nicht mit schlechten.
»Steht da sonst gar nichts mehr?«
    »Ein bisschen kommt da noch, lassen Sie mich sehen.« Er sah wieder auf die Symbole. »Er ward auf der Brücke zerschmettert. Sie suchten nach dem Samen …«
    »Ja, ja.«
    »Geduld, Herr Inquisitor.« Der verdorrte Finger glitt über die Buchstaben. »Sie versiegelten das Haus des Schöpfers. Sie begruben die Gefallenen, so auch Kanedias und seine Tochter. Das ist alles.« Er sah auf die Seite, und sein Finger schwebte über den letzten Buchstaben. »Und Bayaz nahm den Schlüssel. Das ist alles.«
    Gloktas Augenbrauen fuhren in die Höhe. »Was? Wie lautete das letzte Stück gerade eben?«
    »Sie versiegelten die Tore, sie begruben die Gefallenen, Bayaz nahm den Schlüssel.«
    »Den Schlüssel? Den Schlüssel zum Haus des Schöpfers?«
    Der Adeptus der Geschichte sah wieder angestrengt auf das Pergament. »So steht es hier.«
    Es gibt keinen Schlüssel. Der Turm ist seit Jahrhunderten verschlossen, das weiß jeder. Unser Betrüger wird keinen Schlüssel haben, das steht fest.
Langsam breitete sich ein Lächeln auf Gloktas Gesicht aus.
Es ist dünn, sehr dünn sogar, aber in der richtigen Umgebung, mit der richtigen Betonung, könnte es vielleicht genügen. Der Erzlektor wird zufrieden sein.
    »Ich nehme das hier mit.« Glokta zog die alte Schriftrolle zu sich heran und rollte sie auf.
    »Wie?« Die Augen des Adeptus

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