Kriegsklingen (First Law - Band 1)
Selbstbewusstsein, seine Sicherheit und beinahe auch sein Handgelenk. Er hatte Gorst natürlich bereits fechten sehen, wenn man es denn so nennen konnte, und daher hatte er gewusst, dass dieser Kerl mit derart weit ausholenden Schlägen aufwartete, aber auf die Wucht dieses ersten Kontakts hatte ihn nichts vorbereiten können. Die Menge hielt mit ihm den Atem an, als er zurückwankte. All seine sorgfältig ausgearbeiteten Pläne, Varuz’ gesamte, schön formulierte Ratschläge lösten sich in Luft auf. Sein Körper krampfte sich vor Schmerz und Schreck zusammen, und sein Arm bebte noch von der Wucht des mächtigen Schlages, in seinen Ohren hallte das Krachen des Aufpralls wider, sein Mund stand offen, seine Knie zitterten.
Es war wohl kaum ein besonders viel versprechender Anfang, aber der nächste Schlag folgte hart auf den ersten und besaß vielleicht sogar noch größere Kraft. Jezal sprang zur Seite und wich aus, er versuchte, sich ein wenig Abstand zu verschaffen und Zeit zu gewinnen. Zeit, um sich eine Taktik zu überlegen, irgendeinen Trick, mit dem er dem gnadenlosen Ansturm der geschwungenen Klingen Einhalt gebieten konnte. Aber Gorst dachte nicht daran, ihm diese Zeit zu lassen. Er stieß ein neuerliches, kehliges Knurren aus, das lange Eisen zum nächsten unüberwindlichen, schwungvollen Hieb erhoben.
Jezal wich aus, wo er konnte, parierte, wo er das nicht konnte, und schon bald schmerzten seine Handgelenke, die sich dieser harten Prüfung stellen mussten. Zu Anfang hatte er darauf gehofft, dass Gorst schnell müde werden würde. Niemand konnte es lange aushalten, diese dicken Metallstangen so zu schwingen, wie er es tat. Schon bald würde der heftige Druck, mit dem er vorging, seinen Tribut von dem Dicken fordern, und er würde langsamer werden, die Arme hängen lassen, und die schweren Eisen würden ihren Biss verlieren. Dann würde Jezal ihn hartnäckig angreifen, seinen Gegner müde jagen und gewinnen. Die Menge würde den Agriont mit ihren Begeisterungsrufen erzittern lassen. Eine klassische Geschichte vom Sieg entgegen aller Widerstände.
Aber Gorst wurde nicht müde. Der Mann war eine Maschine. Nach einigen Minuten war noch nicht das leiseste Zeichen von Erschöpfung in den schmalen Augen zu lesen. Ohnehin war dort für Jezal kaum irgendeine Gefühlsregung zu erkennen, in den seltenen Momenten, in denen er es wagte, die Augen von den blitzenden Degen zu nehmen. Das große, lange Eisen schwang und zischte in brutalen Kreisen, und das kurze war stets zur Stelle, um die schwache Gegenwehr zu parieren, die Jezal zwischendurch unternahm, ohne dabei auch nur einen Zoll zu wanken. Die Wucht der Hiebe ließ nicht nach, und das Knurren, das aus Gorsts Kehle drang, klang so energiegeladen wie am Anfang. Es gab nichts, worüber die Zuschauer hätten jubeln können, und so war nur zorniges Gemurmel zu hören. Tatsächlich war es zuerst Jezal, der fühlte, dass seine Beine langsamer wurden, dass ihm der Schweiß auf die Stirn trat und dass ihm die Eisen zu entgleiten drohten.
Er sah es schon aus meilenweiter Entfernung kommen, aber er konnte nichts dagegen tun. Er war so lange ausgewichen, bis er im Fechtring im Kreis gelaufen war. Er hatte abgefangen und pariert, bis er kein Gefühl mehr in den Fingern hatte. Als er nun den schmerzenden Arm hob und Metall krachend auf Metall schlug, rutschte ihm einer seiner müden Füße zur Seite, und er taumelte mit einem Aufschrei aus dem Ring und stürzte auf die Seite, wobei die kurze Klinge aus seinen Fingern glitt. Sein Gesicht prallte auf den Boden, und er bekam eine Ladung Sand in den Mund. Es war ein schmerzhafter und peinlicher Sturz, aber er fühlte sich zu müde und zu zerschlagen, um darüber allzu enttäuscht zu sein. Er war beinahe erleichtert, dass diese Prüfung vorüber war, wenn auch nur für einen Moment.
»Eins zu null für Gorst!«, rief der Kampfrichter. Der Ansatz leisen Applauses wurde von verächtlichen Ausrufen übertönt, aber den massigen Fechter schien das kaum zu stören, als er mit gesenktem Kopf wieder auf seine Position zurückkehrte und sich auf den nächsten Angriff vorbereitete.
Jezal drehte sich auf Hände und Knie, streckte die schmerzenden Finger und ließ sich beim Aufstehen Zeit. Er brauchte einen Augenblick, um Luft zu holen und sich vorzubereiten, um sich irgendeine Strategie zurechtzulegen. Gorst wartete auf ihn: schwer, ruhig, unbeweglich. Jezal bürstete sich den Sand von seinem Hemd, und seine Gedanken rasten. Wie konnte
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