Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Gesicht, das jedoch überschattet wurde, als ihm etwas einfiel. Shade fehlte immer noch. Der junge Feldarzt aus Brin. Zugegeben, sie hatten vor allem wegen der Ankunft der Händler, die ihnen die Tamarche zu einem horrenden Preis verkauft hatten, die Suche nach ihm aussetzen müssen. Und während des nahenden Krieges würde auch nicht viel Zeit übrig bleiben, um nach dem abtrünnigen Ringmitglied zu fahnden. Mythos war immer noch überzeugt davon, dass ihr jüngstes Mitglied aus eigenem Antrieb wieder zurückkehren würde. Spätestens, wenn er realisieren würde, dass er all seine möglichen Freunde um Jahrhunderte überleben würde. Algier teilte Mythos’ Zuversicht nicht. Aber er hatte sich geschworen, Shade irgendwann zurückzuholen. Er gehörte dem Militär. Und in welchem Schlupfloch auch immer er sich verkroch; niemand konnte sich auf Dauer vor ihm verstecken. Er würde, wenn nötig, an den Haaren zurückgeschleift werden und, nachdem ihm sein Fehlverhalten ausreichend deutlich vor Augen geführt wurde, zum Ring zurückgesteckt.
Ich sollte einmal nach seiner Familie suchen. Vielleicht benötigen wir sie ja für diesen Zweck.
Die Menge schrie auf, als die Tamarche den Rand des Platzes erreichten. Sie waren größer als alle Geschöpfe des Kontinentes und so war das Erstaunen der Zuschauer, ja ihre Angst verständlich. Selbst der General war von den Muskelbergen immer wieder beeindruckt. Er hatte Respekt vor den Ringmitgliedern, dass sie diese neue Aufgabe so furchtlos und souverän gemeistert hatten. Er wäre nicht für solche Übungen geeignet gewesen. Auf seinem Pferd fühlte er sich wohl. Aber durch die Luft zu fliegen, war ihm dann doch ein wenig zu riskant.
Er tätschelte Rothars beigefarbener Hals. Das Pferd war nervös geworden, als es die Tamarche gewittert hatte. Aber die Ringmitglieder hatten nicht vorgehabt, den Platz zu überfliegen, sondern hatten ein kompliziertes Wendemanöver eingeleitet, um in den offenen Himmel zurückzufliegen. Dort teilten sie sich auf und flogen einige Figuren.
Begeisterte Jubelrufe waren nun zu hören. Dies war ein historisches Ereignis. Jahrhunderte, ach was, Jahrtausende hatten die Menschen davon geträumt, zu fliegen. Und nun, nun sahen sie mit eigenen Augen, dass es möglich war.
Natürlich wussten nur wenige, dass die Ringmitglieder mit Hilfe von Mythos Seelenfliegern schon früher fähig gewesen waren, zu fliegen. Doch auf lebenden Wesen durch die Lüfte zu gleiten, musste selbst für sie etwas Neues sein.
Die Ringmitglieder vollführten ein letztes Manöver. Die Sonne brach kurzzeitig durch die Wolkendecke und die schimmernden Körper der Tamarche blitzten wie Juwelen am Firmament auf. Dann flogen sie auf das Meer hinaus, stiegen und verloren sich allmählich im Grau der Wolken.
Hunderte von Personen drängten sich in der Kronhalle des Palastes. Es wurde gegessen, gelacht und der Wein floss in Strömen. Sämtliche Könige und ihr Gefolge waren zu einem Festbankett nach der Parade eingeladen worden. Der Ort war seit dem Ball, den Emerald knapp ein Jahr vorher abgehalten hatte, nicht mehr so belebt gewesen.
Auch an diesem Abend strahlte die Gattin des Hochkönigs selig. Sie war in ein wunderbares, bordeauxrotes Kleid gehüllt. Ihre feinen Arme wurden von ellbogenlangen Handschuhen bedeckt. Ein glitzerndes Armband schmiegte sich um ihr zierliches Handgelenk. Es war im gleichen filigranen Stil gearbeitet wie das Diadem, das sie sich ins Haar gesteckt hatte. Thanatos sah sie gedankenversunken an. Er verspürte eine gewisse Trauer, die ihm die Festlaune trotz des geglückten Tages verdarb. Außerdem war da noch die unangenehme Aufgabe…
Er schob den Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf seine Ehefrau. Sie lachte immer wieder hell auf, wenn die Gattin eines Königs einen besonders gelungenen Scherz in die Runde geworfen hatte.
Sie waren schon lange nur noch förmlich ein Paar, des Reichs und der Kinder wegen. Obwohl er der mächtigste Mann des Reiches war, hatte sie offenbar das Interesse an ihm verloren. Thanatos sah an sich hinunter. Er hatte zugenommen und war verweichlicht. Für diese Diagnose brauchte er keinen Leibarzt. Er war nie ein athletischer Mann gewesen. Schon in seiner Jugend hatte er sich mehr für Bücher als Schwerter interessiert. Und weil er einen General hatte, hatte er auch die Notwendigkeit, sich selbst ins Getümmel zu werfen, nie gesehen.
Emerald war immer noch eine wunderschöne Frau. Das fortschreitende Alter verlieh ihrem
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