Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
dann zu ihm eilten.
„Oh, gütige Göttin, Shade! Ich habe dir gesagt, du sollst im Bett bleiben!“ Rocks Stimme erreichte ihn von Weitem.
Jemand hob ihn hoch als wäre er ein Federgewicht. Stimmen ertönten, schwollen an, wurden wieder leiser, doch sie wurden nie so deutlich, als dass er etwas davon verstehen konnte.
Jemand legte ihn in sein Bett und deckte ihn zu. Wer auch immer in seinem Zimmer war, machte jedoch keine Anstalten, ganz zu verschwinden.
„Wieder besser?“
Shade unterdrückte ein Stöhnen und richtete sich so gut es ging auf.„Wie oft muss ich diese Situation wohl noch durchleben?“, kräc hzte er.
„Wenn du dich immer so unklug verhältst, dann fürchte ich, dass dies noch oft passieren wird!“ Ein grinsender Flex hielt ihm einen sehr bekannten Becher mit Wasser hin.
Shade nahm ihn dankbar mit seiner unverletzten Hand entgegen. Er hatte einen fürchterlichen Geschmack im Mund und war froh, ihn loswerden zu können. Das Wasser war nicht so kühl, wie er es gerne gehabt hätte, aber es erfrischte ihn trotzdem. Er gab den Becher zurück und ließ sich ermattet wieder ins Kissen zurücksinken.
„Wo ist Rock?“, wollte er dann wissen.
„Irgendwo auf dem Oberdeck. Er hat was für Vögel übrig und seit ein paar Tagen folgt uns ein Schwarm aufdringlicher Federviecher. Wahrscheinlich halten sie uns für ein Fischerboot und meinen, sie bekämen etwas von unserem Fang ab. Außerdem hat er ein schlechtes Gewissen und drückt sich vor seinem Dienst.“
„Dienst? Schlechtes Gewissen?“ Shade rieb sich verwirrt die Schläfen.
„Mythos hat uns in Zweiergruppen eingeteilt, um auf dich aufzupassen.“ Flex grinste vergnügt, doch Shade war empört.
„Das habe ich doch nicht nötig! Schließlich bin ich kein Kleinkind mehr!“
„Nein. Dafür rennst du mit einer mittelschweren Gehirnerschütterung durch die Gegend!“, mischte sich Queen unerwartet in das Gespräch ein.
Shades Hand, die er empört in der Luft gehalten hatte, fiel schlaff auf seine Decke zurück.
Queen ist hier? Warum habe ich sie nicht früher bemerkt?
„Man könnte meinen, ein Arzt wisse es besser.“
Sie trat einen Schritt näher und ihre Augen verengten sich leicht, als sie seinen verstörten Blick bemerkte. Dann wandte sie sich mit einem Seufzen wieder ab.
Ob sie wohl gespürt hat, wie unwohl ich mich fühle? Mythos hat doch gesagt, sie sei eine Herzdame. Wenn ich doch bloß wüsste, was das bedeutet!
„Kollege, du starrst!“, warnte ihn Flex leise und holte ihn mit diesen Worten in die Gegenwart zurück.
„Was?!“
„Ich sagte ...“
„Jaja, schon gut. Ich habe dich verstanden!“, fuhr er den blonden Mann mit dem schmalen Gesicht an.
„Ich wollte bloß ...“
„Hab ich begriffen!“
Shade kehrte ihm den Rücken zu und schloss wütend die Augen.Flex hatte ihn ertappt und jetzt kam er sich schuldig vor. Kein Wunder also, dass Shade versuchte, diesen Umstand mit Ärger zu vertuschen.
Warum lenkt mich diese Frau so ab?
Shades giftige Worte hatte die Stimmung aller vermiest und so verbrachten sie die nächsten Stunden schweigend. Shade starrte verdrießlich die Wand an. Insgeheim fragte er sich, was die beiden anderen so trieben, denn sie gaben überhaupt keine Geräusche von sich. Doch er drehte sich nicht um, um nachzusehen. Irgendwann döste er wieder ein und träumte:
Er war daheim und stand vor seinem Elternhaus. Zwei Gestalten bewegten sich im Schatten des Einganges. Die Umrisse seiner Eltern schälten sich daraus. Sie wirkten krank, hatten blasse, fast gräulich anmutende Haut, Schatten unter den Augen und ihr Haar hing stumpf von der Kopfhaut. Sie wankten ihm einige Schritte entgegen und hoben ihre Arme zu einer einladenden Geste. Er folgte ihnen.
Sie nahmen ihn bei den Händen und führten ihn ins Haus. Doch anstatt in ein helles Landhaus gebracht zu werden, zogen sie ihn in eine Zelle. Deren Wände bestanden aus rohem Fels und wiesen keine Fenster auf, die Licht gespendet hätten. Angst beschlich ihn und er tat einen Schritt rückwärts. Er stieß gegen einen Widerstand. Seine Eltern waren verschwunden. Stattdessen packten ihn zwei riesige Gestalten, die jedoch, egal, wie angestrengt er sie anstarrte, eigenartig verschwommen blieben. Sie packten ihn an den Armen und zerrten ihn in die Mitte des Raumes. Dort angekommen, warfen sie ihn auf einen Tisch. Von diesem Moment an konnte er sich nicht mehr bewegen und musste hilflos mit ansehen, wie die Gestalten anfingen, ihn zu sezieren.
„…
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