Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
zuerst erklären. Es ist Ewigkeiten her, seit ich das letzte Mal gespielt habe.“
Am Anfang war er nicht gerade begeistert vom Spiel, doch im Laufe des Abends machte es ihm immer mehr Spaß. Ivy, Rost und Tau hatten sich den beiden Männern angeschlossen. Schon bald ertönten Gelächter und angeregte Stimmen aus ihrer dunklen Ecke. Das Spiel, an dem sie sich vergnügten, hieß Soldatentribunal und basierte vor allem auf der Täuschung der Gegner. Shade war eine Niete darin und die anderen amüsierten sich köstlich darüber. Rock, der selbst nicht mitspielen wollte, erbarmte sich irgendwann Shades und unterstützte ihn so gut er konnte.
„Weißt du, ich bin dir für deine Talentlosigkeit dankbar. Sonst bin immer ich die Verliererin!“ Ivy grinste ihn schelmisch an.
„Es ist mir ein Vergnügen“, knurrte Shade und sah seine Karten an. Er hatte keine Ahnung, was er mit seinem Blatt anfangen konnte. So ging es weiter. Er verlor und die anderen freuten sich, bis Mythos, Cam und Ash spät am Abend auftauchten.
Der hagere Mann war außerordentlich guter Laune. Ash sah müde aus, doch sie war nichts im Vergleich zu Cam, der richtig abgekämpft wirkte. Mit einem Seufzer ließ er sich neben Flex auf die Bank sinken. „Bei der barmherzigen Göttin, bin ich froh, dass dieses Rollenspiel vorbei ist. Von jetzt an lasse ich mich nicht mehr herumkommandieren!“, fuhr er Mythos an.
„Warum, was hast du machen müssen?“, erkundigte sich Shade.
„Ich durfte alle Verträge ins Reine schreiben. Das waren sicher Hunderte!“, schnaubte Cam und dehnte seinen Unterarm. „Es ist ihm ja nicht früher eingefallen und wäre bestimmt nicht nötig gewesen, um unsere Maskerade aufrechtzuerhalten.“
Mythos schenkte dem jungen Mann ein mildes Lächeln. „So geht man eben mit Lehrlingen um!“
Jemand riss Shade unsanft aus seinen Träumen. Er schreckte hoch.
Alles noch da? Gut.
Erleichtert betrachtete er seine intakten Glieder.
„Wenn du dich an dir sattgesehen hast, dann wären wir bereit zu gehen“, drängelte Flex ungeduldig.
„Was? Warum weckst du mich denn immer als Letzten?“ Shade sprang aus seinem Bett, wobei er fast gestürzt wäre, weil er sich mit dem Bettlaken verheddert hatte.
„Keine Ahnung, Gewohnheit, schätze ich.“ Flex‘ Stimme war im Vergleich zum vergangenen Abend kühl und distanziert.
„Wohin gehen wir?“, wollte Shade wissen, während er in seine Hose schlüpfte.
„Keine Ahnung. Unten wartet ein Gesandter des Militärs. Er wird uns an den rechten Ort führen.“
Shade streifte sich sein Hemd über und griff nach seinem Mantel, der über dem Bettpfosten hing.
Flex hatte sich bereits abgewandt und Shade eilte ihm mit großen Sätzen nach.
„Wie haltet ihr diese Ungewissheit aus?“, fragte er dann auf dem Weg zur Rezeption.
„Ich schätze mal, Gewohnheit.“
„Ah, ich sehe schon, es ist wieder einmal Zeit, dass ich meine Klappe halte“, brummte Shade, weil ihm Flex’ knappe Antworten keineswegs entgingen.
„Vielleicht.“
Er ist angespannt, will es aber nicht zugeben. Warum?
Sie gelangten zur Rezeption, wo die anderen schon warteten. Alle wirkten ernst. Shades Ankunft wurde mit einem knappen Nicken gewürdigt.
Der Gesandte des Militärs schenkte ihm einen kritischen Blick.
Ein niedriger Offizier, mehr nicht! Das sind wir ihnen also wert.
Immer noch schweigend verließ die Gruppe das Gasthaus. Es war kalt. Doch die schweren Regenwolken vom vergangenen Tag hatten sich verzogen. Stattdessen strahlte ihnen ein klarer, türkisblauer Himmel entgegen. Shade ging neben Tau. Die Stadt erwachte gerade und sie trafen vor allem auf Händler, die den Märkten entgegenstrebten, ihre Karren voll bepackt mit frischen Esswaren. Shades Magen begann zu knurren – sein Besitzer konnte es ihm nicht übel nehmen.
„Seid ihr besorgt?“, brach er schließlich das Schweigen, um sich abzulenken.
„Angespannt. Wir wissen nicht, was vor uns liegt.“ Taus grüne Augen blickten ihn ernst an und er nickte langsam.
Sie verließen Delfan durch ein solides Tor. Während sich die Wohnhäuser eng an den natürlich entstandenen Hafen drückten, führte die Stadtmauer in einem so großzügig angelegten Bogen um die Häuser, dass die Fläche dazwischen als Agrarfläche gebraucht werden konnte. Immer noch wortlos wanderten sie an der Mauer entlang nordwärts. Aus dem kühlen Morgen war mittlerweile ein warmer Vormittag geworden. Nur der erfrischende Wind, der ab und zu aufkam, zeugte davon, dass es
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