Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
langsam Herbst wurde. Irgendwann ließen sie auch die Mauer hinter sich zurück und wanderten über eine stille Kiesstraße immer dem Verlauf der Küstenlinie folgend. Langes Gras wuchs zu beiden Seiten ihres Weges und wiegte sich im Wind. Die Landschaft wies hier nur geringfügige Höhenunterschiede auf. Weit im Osten, am Horizont, waren gerade noch die Umrisse des Gebirges zu erkennen.
Als sie über einen kleinen Hügel gewandert waren, sahen sie unerwartet auf ein befestigtes Lager hinunter. Shade, der seine Gedanken vorübergehend hatte schweifen lassen, konzentrierte sich wieder auf das aktuelle Geschehen.
Ihr Führer, der die ganze Zeit über kein Wort von sich gegeben hatte, brachte sie durch die Tore, dann war er auf einmal verschwunden.
„Na endlich!“, dröhnte es. Shade wirbelte suchend herum, um den Besitzer der Stimme auszumachen. Diese ließ ihm sämtliche Härchen im Nacken zu Berge stehen. Die Rüstung ließ keinen Zweifel zu: es war Lieutenant General Grimm.
Warum würde ich ihm am liebsten an die Gurgel springen? Ich habe diesen Mann noch nie gesehen!
Der Lieutenant General hatte offenbar gesprochen und die anderen setzten sich in Bewegung. Weil Shade aus der Reihe tanzte, trafen sich ihre Blicke. Blaugrau traf auf Dunkelbraun. Shade spürte, wie Energie durch seine Adern pumpte. Er müsste nur die Hand schließen, dann hätte er eine Waffe.
Was tu ich da eigentlich?
Erschrocken zwang er sich dazu, die verkrampften Finger zu lösen.
Er schloss zu den restlichen Tempelbewohnern auf und lauschte aufmerksam den Worten des Lieutenant Generals.
„… aber zunächst will ich euch etwas Wunderbares zeigen. Es ist vor drei Tagen angespült worden.“
Er führte sie an diversen Zelten vorbei, hinunter zum Strand. Die Soldaten, denen sie begegneten, beachteten sie nicht. Ein Teil des Ortes war mit Planen abgedeckt worden.
„Hereinspaziert, meine Freunde. Das ist besser als jeder Jahrmarkt! Ihr da, verschwindet!“, wies er einige Männer an, die seinem Befehl rasch Folge leisteten. Grimm grinste von einem Ohr zum anderen und hielt ihnen den Eingang auf. Fast augenblicklich schlug Shade ein intensiver Verwesungsgestank entgegen.
Halb im Wasser, halb auf dem Trockenen lag der Kadaver eines rubinroten Monsters. Shade stockte der Atem, als er es als eines jener Wesen erkannte, die er vor wenigen Tagen über dem Himmel des Binnenmeeres gesehen hatte. Jetzt lag es hier auf der Erde, die tellergroßen Augen trüb und gebrochen, doch trotz allem wirkte es auf seine eigene Art und Weise noch schön.
Die Stimme des Lieutenant Generals tönte über das Rauschen des Wassers hinweg. „Kommt hier hinüber!“ Er schritt geradewegs in das seichte Wasser. Die anderen folgten ihm. „Seht ihr, das ist eine Sitzvorrichtung. Wir haben also nicht nur eine bisher unbekannte Spezies hier an unserem Strand, sondern wir wissen auch, dass es von Menschen so weit gezähmt wurde, dass es als Flugtier genutzt werden kann!“
Shade fand das triumphierende Grinsen, welches das Gesicht des Lieutenants zierte, widerlich. Außerdem ging es ihm gegen den Strich, dass das Wesen nach seinem Tod so respektlos behandelt wurde. Der junge Arzt entfernte sich ein Stückchen, um sich einige der zahlreichen Wunden, die den Leib verunstalteten, anzusehen. Einige stammten eindeutig von scharfen Krallen, doch auf der rechten Bauchseite fehlte ein zu quadratisches Stück Haut, als dass es eine natürliche Verletzung hätte sein können. Um den Rücken und die Sattelkonstruktion besser untersuchen zu können, waren achtlos Pflöcke in das tote Fleisch geschlagen worden, sodass eine Art Leiter entstanden war. Shade trat noch einen Schritt näher und streckte ehrfürchtig die Hand aus. Von Weitem hatte er angenommen, dass die Haut der Wesen aus Schuppen bestand, doch er hatte sich getäuscht. Sie war glatt, beinahe glänzend.
„Stell dir einmal vor, was man mit diesen Tieren machen kann! Das sind die ultimativen Kriegswaffen. Wenn wir in den Besitz einiger davon kommen könnten …“ Grimm ließ das Ende des Satzes offen. Er war unbemerkt neben Shade getreten und strahlte ihn begeistert an.
Der Tempelbewohner hätte ihm am liebsten vor die Füße gekotztKarma, das Juwel Korins, thronte auf den Klippen einer felsigen Insel und bot an diesem verregneten Tag dem Sturm die Stirn. Wasser lief über die prächtigen Villen der Stadt und den gigantischen Palast des Hochkönigs. Die Bewohner hatten sich in ihre Häuser verkrochen. Nur wer
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