Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
er, dass sie vom Wind, der über irgendwelche Kanten pfiff, erzeugt wurden, doch er täuschte sich. Das Heulen und Brüllen wurde immer lauter und er wagte einen Blick hinunter in den Abgrund. Wo vorher noch undurchdringliches Schneegestöber geherrscht hatte, leuchtete ihm nun ein geisterhaftes Blau entgegen. Sein Blick wanderte zu Queens Gesicht.
Hat sie mich vorhin nicht gefragt, ob ich sie sehe? Meinte sie damit …?
Sein Gedankengang wurde abrupt unterbrochen, als Queen ihn unvermittelt losließ.Ein weiteres Mal an diesem Abend fiel er haltlos zu Boden und landete mehr oder weniger unversehrt auf dem Rücken.
Schimpfend und schlotternd kämpfte er sich auf die Beine, um Queen tüchtig seine Meinung kundzutun.
Was hat sie sich dabei gedacht? Es ist ein schieres Wunder, dass wir noch leben!
Queen, die elegant neben ihm gelandet war, hatte ihm jedoch den Rücken zugewandt. Ihre Flügel waren wieder verschwunden. An der Stelle, an welcher sie herausgebrochen waren und sich durch die Kleidung gebrannt hatten, leuchtete die Haut noch in einem matten Orange.
Shade folgte ihrem Blick, der sich auf einen Punkt über ihrem Kopf fixiert hatte, und fiel erneut – dieses Mal vor Schreck – zurück in den Schnee.
„Grundgütiger!“
Den Mund sperrangelweit offen, starrte er den riesigen Kopf an.
Das amazonitfarbene Wesen beugte den Hals leicht und stieß dann ein markerschütterndes Heulen aus. Es war so groß, dass der verschreckte Tempelbewohner nicht einmal dessen ganzen Körper ins Auge fassen konnte.
Es ähnelt dem Flugwesen, das wir bei Grimm gesehen haben.
Der Gedanke schoss ihm durch den Kopf und sofort fielen ihm die Ähnlichkeiten der beiden Geschöpfe auf. Doch es gab auch grundlegende Unterschiede zwischen ihnen. Das gegenwärtige Wesen war um das Dreifache größer als das Rubinrote und dazu durchscheinend. Es sah aus, als ob der Körper aus amazonitfarbenem Gas, das in unsichtbaren Phasengrenzen eingeschlossen war, bestehen würde. Der ganze Körper leuchtete intensiv und verdrängte die Dunkelheit der angebrochenen Nacht.
„Queen! Was ist das?“ Shade hatte endlich seine Stimme wiedergefunden. Er kroch neben sie, weil er seinen Beinen in diesem Moment nicht sein gesamtes Gewicht anvertrauen wollte.
Die Stimme der stehenden Frau war zärtlich, als sie meinte: „Das ist Niramat, eine vergessene Göttin aus alten Zeiten.“
„Eine Göttin?!“ Shade versuchte zu begreifen, was er gerade erlebte, scheiterte jedoch kläglich.
„Ja.“ Queen streckte eine Hand aus und wartete geduldig, bis Niramat den Kopf zu ihr senkte und sorgfältig daran schnupperte. Ein tiefes Schnurren ertönte aus ihrem Körper, das Queen als Aufforderung verstand, die Nüstern der Göttin zu streicheln. Wenn Queen sich ein wenig zusammengekauert hätte, hätte sie bequem in einem der beiden Nasenlöcher Platz gefunden.
Ich würde mich nicht wundern, wenn ihr dieser Gedanke tatsächlich kommen würde!
Eine Weile war nur das grollende Schnurren zu hören, doch dann sprach Queen erneut: „Niramat ist sehr weise und alt. Sie sagt, sie könne dir helfen.“
„Ich ...“ begann Shade, verstummte jedoch wieder.
Dann kann sie eben mit diesem Ding reden, was soll’s. Aber was weiß Niramat bitteschön über mich und meine Probleme?
„Ich habe keine Probleme!“, fauchte Shade gereizt und stand nun doch wieder auf.
Da fuhr Niramats gewaltiger Kopf zu ihm herunter und schubste ihn zurück in den Schnee.
„Heh!“, entrüstete sich Shade, wagte jedoch nicht, eine drohende Faust gegen die Göttin zu schwingen, sondern begnügte sich damit, ihr wütende Blicke zuzuwerfen.
Queen lachte vergnügt auf und meinte: „Sie sagt, jeder habe Probleme.“
„Wunderbar, dann soll sie doch einem anderen helfen, die seinen zu lösen! Ich brauche ihre Hilfe nicht!“
Queen kniete sich zu ihm hinunter und gab ihm eine Ohrfeige. „Das ist eine Göttin und wenn sie sich dazu entscheidet, dir zu helfen, dann nimmst du gefälligst ihre Hilfe an!“, schalt sie ihn.
Shade ließ ein tiefes Grollen hören, das dem des amazonitfarbenen Wesens fast Konkurrenz gemacht hätte, doch ein Blick in Queens goldene Augen ließ ihn einen bissigen Kommentar hinunterschlucken und er nickte langsam.
5. Der Kuss der Göttin
Shade machte keine Anstalten, aufzustehen, auch wenn er fror und sein Allerwertester vor Kälte nicht mehr zu spüren war. Queen war einige Schritte zur Seite getreten, um Niramat Platz zu machen.
Das ist Wahnsinn. Was mache ich
Weitere Kostenlose Bücher