Kriegssinfonie Band 1: Soldat (Die Kriegssinfonie) (German Edition)
Entweder sie erklären Euch öffentlich als Abtrünnigen oder, was meiner Ansicht nach wahrscheinlicher ist, sie eliminieren Euch stillschweigend. Was Ihr jetzt tun müsst, Mylord, ist unterzutauchen.“
Maerkyn lachte trocken auf, was ihm einen strafenden Blick von Lew einbrachte. Diesen ignorierend meinte er: „ Ihr wollt, dass ich untertauche? Klar. Ich lasse mein Königreich einfach so im Stich! Ihr habt ein falsches Bild von mir, wenn Ihr denkt, dass ich mich einfach verstecken werde. Schließlich bin ich immer noch ein König.“
Der kleine Mann ließ sich durch die leidenschaftlichen Worte nicht aus der Ruhe bringen. „Falls Ihr nicht geht, droht Euch der Tod und dann nützt Ihr niemandem mehr etwas.“ Seine Stimme wurde eine Spur sanfter: „Denkt an Eure Schwester. Ihr Tod sollte nicht umsonst gewesen sein. Ihr wollt doch nicht erneut einen folgenschweren Fehler begehen?“
Das Wetter zeigte sich von seiner unangenehmen Seite, als sie zu Pferd Richtung Süden preschten. Es wurde immer kälter und der Anblick eines blauen Himmels wurde zu einer seltenen Angelegenheit. Der Weg, dem sie folgten, wurde mit jedem verstrichenen Tag reiseunfreundlicher. Mittlerweile waren die Tempelbewohner weit in die Berge eingedrungen, doch noch hatten sie den schlimmsten Teil der Reise nicht überstanden: Der Pass lag noch vor ihnen. Mit jedem Tag fiel mehr Schnee vom Himmel, der das Weiterkommen nicht einfacher machte. Zuweilen mussten sie sogar aus den Sätteln steigen, weil der Untergrund zu rutschig wurde und das Reiten für Tier und Mensch zu gefährlich machte.
Shade hatte jedoch ein anderes Problem als das unangenehme Wetter: Seit sie die Höhle der Banditen verlassen hatten, plagten ihn heftige Kopfschmerzen. Die Träume wurden immer intensiver und er ertappte sich dabei, wie er begann, das Schlafen zu vermeiden. Stattdessen übernahm er ungewohnt oft die Nachtwache am Lagerfeuer und wenn er in seinem Schlafsack lag, dann spielte er, um nicht einzuschlafen, mit seinen Schattenfähigkeiten herum. Inzwischen war er ziemlich geschickt. Auf das Niveau der Schattenrüstung war er bis zu diesem Zeitpunkt jedoch nie mehr gelangt – ein weiteres Rätsel, welches er lösen musste. Es standen ihm noch genügend schlaflose Nächte bevor, während deren er seine Künste verbessern und darüber nachgrübeln konnte.
Shade wollte sich nicht eingestehen, dass er Angst vor den Leichen und Verstümmelten hatte, die ihn jede Nacht heimsuchten, wenn er träumte.
Diese Träume sind einfach mühsam. Sie zehren an meinen Nerven. Indem ich nicht schlafe, vermeide ich nur diesen emotionalen Quatsch.
Während der grauen, kalten Tage der Reise nach Süden gab es oft nicht viel, was ihn von seinen trüben Gedanken hätte ablenken können. Er hatte viel zu viel Zeit zum Denken. Wenn er seinen Geist schweifen ließ, dann stieß er irgendwann jedoch auf eine Barriere, an der er nicht vorbeikam. Egal, wie stark er sich darauf konzentrierte, er konnte sie nicht überwinden. Doch das war nicht einmal das Beunruhigendste an der ganzen Sache. Die Barriere bewegte sich seiner Ansicht nach vorwärts. Alles, was hinter ihr lag, versank im grauen Nichts. Shade vermutete, dass die Kopfschmerzen davon stammten, doch sicher konnte er sich nicht sein. Dann gab es noch die Sache zwischen ihm und Queen. Er bemühte sich, sie genauso zu behandeln wie die anderen acht Tempelbewohner. Irgendwie schien es ihm aber nicht zu gelingen. Er brachte kein belangloses Gespräch mit ihr zustande. Nach ein, zwei hin- und hergeschobenen Sätzen endete ihre Konversation meistens. Shade quälte dieser Umstand. Schließlich hatte sie den ersten Schritt auf ihn zu gemacht und er wollte sie nicht enttäuschen.
Die Gegend, die sie durchwanderten, war karg und unwirtlich. Trotzdem besaß sie eine wilde Schönheit, die Eindruck bei ihm hinterließ. Wenn es nicht zu stark schneite, dann erkannten sie die schroffen Berggipfel, die weit oben wie die Zähne eines Ungeheuers in den Himmel ragten. Manche waren schneebedeckt, an anderen steilen Hängen war die weiße Pracht hinuntergedonnert und hatte die darunterliegenden, schwarzen Felswände enthüllt.
Sie waren schon viele Tage unterwegs, als ihr langweiliger Reisealltag unterbrochen wurde. Der Tag neigte sich dem Ende zu. Da die Sonne den ganzen Tag von schwarzgrauen Wolken verdeckt gewesen war, war es nie wirklich hell gewesen. Dies war auch der Grund, weshalb sie tagsüber Fackeln mit sich geführt hatten. Shade bildete das
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