Kriegsspiele auf Zelos
Kwango ihn sich holen kam. Noch bewußtlos wurde er in die für ihn erbaute Unterkunft innerhalb der Umzäunung geschafft. Mit einem Kassettenrecorder bewaffnet, begleitete Kwango ihn. Indira gab dem Zeloser ein mildes Stimulans, das ihn zwar zu sich bringen, jedoch nicht die Wirkung des Sedativs beeinträchtigen würde. Ein Roboter brachte ein gut gebratenes Steak und einen großen Becher Wasser, wie Indira es empfohlen hatte, denn es bestand kaum Zweifel, daß die Zeloser Fleischesser waren, und Wasser zum Trinken war wohl noch das sicherste.
Etwa eine Stunde nach Tagesanbruch seufzte der Zeloser tief, öffnete die Augen und setzte sich auf. Er stierte Kwango an, schüttelte ungläubig den Kopf, dann starrte er ihn erneut an. Offenbar gefiel ihm gar nicht, was er sah. Er ächzte, schloß die Augen und kauerte sich zusammen.
Kwango stupste ihn mit den Zehen. »Hör zu, Junge, auch ich bin sehr zart besaitet, deshalb kann ich mir denken, wie du dich fühlst. Für mich ist schwarz schön, und weiß ist ein Fehler, der dem Schöpfer unterlief. Du siehst es genau umgekehrt. Also haben wir beide den gleichen Start. Jetzt setz dich mal schön auf und iß dein Frühstück.« Noch einmal stupste er den Zeloser, aber etwas fester.
Der Zeloser setzte sich auf, öffnete die Augen, schloß sie wieder, rieb sie und öffnete sie erneut.
»So ist’s gut, Junge. Nun iß tüchtig. Wir haben harte Arbeit vor uns.«
Der Zeloser nahm den Teller, roch am Steak und riß mit den Fingern ein kleines Stück davon ab. Vorsichtig strich er mit der Zunge darüber, und da ihm der Geschmack offenbar zusagte, schob er es in den Mund und fing zu kauen an. Dann fiel er wie ein Ausgehungerter über den Rest her. Messer und Gabel ignorierte er. Er nahm das Steak mit beiden Händen und biß riesige Stücke ab, die er mit bemerkenswerter Schnelligkeit kaute und schluckte.
Ein paarmal schüttelte er blinzelnd den Kopf. Schließlich griff er nach dem Becher, tauchte einen Finger hinein und schleckte ihn probehalber ab. Als er festgestellt hatte, daß es pures Wasser war, goß er den Inhalt in einem Zug hinunter. Dann stand er auf, spannte die Muskeln und rülpste lautstark.
»Gute Manieren, Junge«, sagte Kwango. »Und jetzt sag bitte etwas.« Er schaltete den Recorder ein und stellte ihn in eine Ecke.
Kwango war ein großer, gutgebauter Mann, aber der junge Zeloser war noch kräftiger als er. Er beobachtete den Schwarzen wachsam.
Es war ein herrlicher Morgen. Obwohl die Sonne kaum aufgegangen war, war die Temperatur angenehm. Conrad kam nach dem Frühstück aus dem Schiff und probierte die Gitterstäbe mit seinem Prothesenarm aus. Sie hielten. »Wie geht es, Kurt?« fragte er. »Hat er schon einen Laut von sich gegeben?«
»Noch nicht, Boß. Er hat gegessen und getrunken. Jetzt geht’s an die Arbeit.«
»Vergeude keine Zeit, wir brauchen ein Vokabular … Übrigens, Indira sagt, er hat alles, was wir haben, nur mehr davon. Und Dolfuss möchte beschwören, daß sie von ihm schwanger werden könnte.«
Kwango grinste. »Ich würde gern sehen, wie sie es versucht.«
»Sie sieht in unserer Mission immer noch eine Freikarte für den Nobelpreis«, sagte Conrad trocken. »Offenbar vergißt sie, daß Stockholm vierundzwanzig Lichtjahre entfernt ist.«
Der Zeloser schüttelte wieder blinzelnd den Kopf. Er wirkte ein wenig benommen. Vielleicht spürte er immer noch die Nachwirkung der Knockoutspritzen. Kwango wandte sich kurz von ihm ab, um etwas zu Conrad zu sagen.
Das hätte er nicht tun dürfen.
Der Zeloser stürzte sich auf ihn, packte ihn an der Schulter und drehte ihn herum. Eine Faust wie ein Schmiedehammer schlug auf seine Brust. Ehe er gegen die Gitterstäbe schmetterte und schmerzhaft daran zu Boden glitt, wurde Kwango bewußt, daß der Bursche auf sein Herz gezielt hatte! Er versuchte zu Atem zu kommen und bemühte sich, nicht zu ächzen. Vor seinen Augen funkelten Sterne, aber obgleich er alles nur verschwommen sah, konnte er ziemlich klar denken und erwartete zweierlei: daß der Zeloser ihn jetzt fertigmachen würde, solange er hilflos war; und zweitens, daß Conrad in den Käfig kam und den Burschen unschädlich machte.
Nichts von beidem geschah. Das verwirrte ihn. Die Schleier lösten sich vor seinen Augen. Seine Brust schmerzte noch, aber er konnte wieder atmen. Ganz offensichtlich wartete der Zeloser darauf, daß er aufstand. Und dann hörte er Conrads Stimme:
»Das ist deine Party, Kurt. Viel Spaß.«
»Danke, Boß«,
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