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Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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gleich bei Justins Erhebung am folgenden Tag – ein wahres »Kaiserwetter« nach dem nächtlichen Gewitter –, am 9. Juli 518, betonen, daß er sein Kaisertum vor allem Gott verdanke, dem Allmächtigen, konnte man immer wieder rufen: »Kaiser, du bist würdig der Dreieinigkeit, würdig des Reiches, würdig der Stadt« und am nächsten Sonntag, am 15. Juli, in der Hagia Sophia einen pompösen Gottesdienst feiern. 6
    Ohne Tumulte und Blut war die Regierungsübernahme gleichwohl nicht verlaufen, so gut abgekartet und von langer Hand vorbereitet sie offensichtlich war, wenn auch das ganze Netz von Intrigen, Querverbindungen schon damals wohl nur wenigen erkennbar wurde. Es kam zu wüsten Wirren, wiederholten Radauszenen selbst in der Sophienkirche. Mehrere Thronbewerber traten auf, kurz, wie Sternschnuppen, gingen augenblicklich unter im brodelnden Krawall. Und als der bestochene Senat Justin nominierte, stürzte sich eine Gruppe Oppositioneller auf diesen, einer spaltete ihm mit der Faust die Lippe, worauf seine Leute blankzogen, die Anstürmenden niedersäbelten und vertrieben. 7
    Jedenfalls schaffte der katholische Analphabet, wenn auch gewiß nur mit Hilfe des hinter ihm stehenden überlegenen Neffen, alles an einem Tag: Wahl, Bestätigung und Krone aufs Haupt.
    Trotz seines Schwurs bei der Wahl, keinen Konkurrenten oder bisherigen Gegner zu verfolgen, säuberte Justin sogleich den Hof von unerwünschten Elementen, von allem, was den »Ketzerkaiser« unterstützt hatte. Fast unmittelbar nach dem Festgottesdienst in der Hagia Sophia, nur zehn Tage nach dem Machtwechsel, wurde die Opposition ausgeschaltet, beinah lauter Eunuchen, Cubiculare: der Cubicularius Misael verbannt, dito der Kämmerer Ardabur, der Kämmerer Andreas Lausiacus geköpft, erst recht natürlich geköpft der Großkämmerer Amantios, dessen Bestechungsgelder Justin betrügerisch für sich selbst ausgegeben. Thronkandidat Theokrit, der Neffe und vorgeschobene Strohmann des Amantios, der, da Eunuch, nicht selber Kaiser werden konnte, wurde zu Tod gesteinigt, seine Leiche ins Meer geworfen. Die Opfer sympathisierten offenbar mit den Monophysiten und sind von ihnen auch als Märtyrer gefeiert worden. Noch vor ihrer Liquidierung aber hatte man »das
Benedictus
und das
Dreimal-Heilig
gesungen«, hatte das Chalkedon-Fest »seine Premiere in der Konstantinopler Liturgie gefeiert« (Grillmeier SJ). Bereits einen Tag nach der Ermordung der Konkurrenz wurden die Namen von Papst Leo I. sowie die der katholisch gesinnten Patriarchen Euphemios und Makedonios in das eucharistische Gebet aufgenommen. Und schon am 7. September konnte der kaiserliche Neffe Justinian nach Rom berichten: »Der Großteil der Glaubens-(fragen) ist durch Gottes Hilfe bereits beigelegt ...« 8
    Justin I. hatte bereits am 1. August seine Erhebung – »Gottes Gnadenerweis« – den Patriarchen des Reiches angezeigt, auch Papst Hormisdas, der »Heiligkeit« verkündend, »daß wir zuallererst durch der unteilbaren Dreifaltigkeit Gnade, dann durch der hochansehnlichen Würdenträger unseres kaiserlichen Palastes und des ehrwürdigsten Senates, dazu des treubeständigen Heeres Wahl zwar gegen unseren Willen und widerstrebend zur Herrschaft erwählt und bestätigt worden sind. Wir bitten nun, Ihr möget mit Euren heiligen Gebeten zur göttlichen Macht flehen, daß unserer Herrschaft Anfänge gestärkt werden. Das zu hoffen, steht uns wohl an und Euch, ihm zu Erfüllung zu verhelfen.« Der Papst betonte in seinem Glückwunschschreiben die gottgewollte Wahl und erhoffte eine baldige Kircheneinigung. 9
    Unterstützt hatten Justins Machtergreifung: die Armee, der der alte Haudegen dann – jedem Soldaten! – das chalkedonensische Bekenntnis zur Pflicht machte; weiter der Katholizismus, da Justins Sympathie dafür natürlich bekannt war; und die Masse des Volkes, der nicht zuletzt seine Abkunft als Schweinehirt imponierte sowie seine »Rechtgläubigkeit«, war die Hauptstadt doch überwiegend katholisch. Die Priester apostrophierten ihn als gottgeliebter und allerchristlichster Kaiser. Und Neffe Justinian bekannte 520, Justin begründe seine Herrschaft »auf der heiligen Religion«. 10
    Nun galt also die Glaubensformel von Chalkedon wieder. Denn Justinian, der maßgebliche Mann der neuen Regierung, zumindest bereits für die Kirchenpolitik, »begriff, daß nur ein klares Ja zu Chalkedon Aussicht auf Befriedigung des Reiches bot« (Bacht SJ). Anders gesagt: die katholische Kirche hätte, solange

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