Kriminalgeschichte des Christentums Band 02 - Die Spaetantike
Schisma aus. Wieder einmal kämpften zwei Päpste gegeneinander, wobei der Bürgerkrieg jahrelang jede päpstliche Ostpolitik unterband. Es ging jetzt nur um die Macht in Rom, auf dem »Apostolischen Stuhl«: ein blutiger Kampf, der von einem ganzen Haufen fundamentaler Fälschungen begleitet wurde. 83
7. Kapitel
Justinian I. (527–565)
Der Theologe auf dem Kaiserthron
»Ziel ist eindeutig
ein
Reich,
eine
Kirche und außer ihr kein Heil und keine Hoffnung auf Erden und
ein
Kaiser, dessen vornehmste Sorge eben das Heil dieser Kirche ist. In der Verfolgung dieses Ziels kennt Justinian keine Müdigkeit, und mit besessener Gründlichkeit verfolgt er, was ihm falsch dünkt, bis in die letzten Schlupfwinkel ...«
Handbuch der Kirchengeschichte 1
»Immer war es unser eifriges Bestreben, und ist es heute noch, den rechten, unbefleckten Glauben und den sicheren Bestand der heiligen katholischen und apostolischen Kirche Gottes unversehrt zu bewahren. Das haben wir stets als die vordringlichste unserer Regierungssorgen betrachtet«. »Und wegen dieses Wunsches haben wir gegen Libyen und den Westen so große Kriege unternommen für den ›rechten Glauben‹ an Gott und für die Freiheit der Untertanen.«
Kaiser Justinian I. 2
»Die einen tötete er ohne Grund, die anderen ließ er mit Armut kämpfend aus seinen Klauen, machte sie elender als Tote, daß sie flehten, der kläglichste Tod möge ihrer Lage ein Ende setzen. Manchem nahm er mit dem Vermögen auch das Leben. Da es aber für ihn nichts war, das Römerreich allein aufzulösen, konnte er die Eroberung von Libyen und Italien aus keinem anderen Grunde vollbracht haben, als um zusammen mit seinen früheren Untertanen auch die dortigen Menschen zu verderben.«
Der zeitgenössische byzantinische Historiker Prokopios 3
»Die rauchenden Trümmer Italiens, die Vernichtung zweier Germanenvölker, die Verarmung und empfindliche Dezimierung der alteingesessenen Bewohner des Westreichs waren dazu angetan, jedermann über die Hintergründe der oströmischen Religionspolitik die Augen zu öffnen ... Die katholische Geistlichkeit trägt ein gutes Teil der Verantwortung für den Ausbruch der vernichtenden Kriege des Zeitalters ... Der Einfluß der Kirche reichte bis in das letzte Dorf.«
Berthold Rubin 4
»... und damit begann das erste Goldene Zeitalter Konstantinopels«.
Cyril Mango 5
Umsturz unter Justin I. (518–527) oder vom Schweinehirten zum katholischen Kaiser
Mit Kaiser Justin begann buchstäblich über Nacht ein turbulenter Frontwechsel, eine neue Ära der Religionspolitik, siegt Rom, die Orthodoxie.
Um 450 in Tauresium/Bederiana (bei Naissus oder bei dem heutigen Skopje) geboren, war der illyrische Bauernsohn vom Schweinehirten zum General aufgestiegen, während seine Schwester Bigleniza noch immer in Tauresium als biedere Bäuerin hantierte. Justin, der im Isaurierkrieg, Perserkrieg und im Bürgerkrieg des Vitalian gekämpft hatte, war ein dickschädeliger bärbeißiger Analphabet, der kaum lesen, noch weniger schreiben konnte, nicht einmal recht seinen Namen, dabei aber bauernschlau, verschwiegen, zupackend und ein strammer Katholik. »Er hatte keinerlei Qualifikation, eine Provinz zu regieren, geschweige ein Weltreich« (Bury). Doch, so »supponiert« Jesuit Grillmeier, war er schon vor seiner Erhebung zum Herrscher Anhänger des Konzils von Chalkedon.
Mittlerweile etwa 67 Jahre alt, stand er von Anfang an unter dem entscheidenden Einfluß seines damals etwa 36jährigen Neffen und Nachfolgers Justinian, auch unter dem des katholischen Klerus, besonders des Mönchtums. Justin und Justinian hatten den Machtwechsel offenbar längst vorbereitet. Schon vor dem Umsturz bestanden da Kontakte mit Glaubenskämpfer Vitalian und dem Papst. Die eigentlichen Thronanwärter, die zwei Neffen des verstorbenen Kaisers, den Heermeister Hypatios und Pompeius, letzterer ein besonders eifriger Katholik, schaltete man aus, wie überhaupt, schon von Prokop und Euagrios gebrandmarkt, die zahlreiche Verwandtschaft des Kaisers um die Macht betrogen wurde. Noch in der Nacht von Anastasios Tod bestach Justin, der am nächsten Tag – welch widerliches Schmierenstück! – sich auf jede Weise scheinbar sträubte, die Krone, die Last zu übernehmen, alles, was zu bestechen war, um sich die Nachfolge zu sichern. Dabei verpulverte er das ganze Geld, das er für die Lancierung eines andren Thronbewerbers, von dessen Onkel, Großkämmerer Amantios, angenommen hatte! So konnte man denn
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