Kriminalgeschichte des Christentums Band 04 - Fruehmittelalter
Gottesfurcht? Wann je hätte die ihn davon abgehalten?! Mit Gottes Hilfe rückte er ja gerade aus, stets von neuem. Fast jedes Jahr! Doch lag ihm angeblich »mehr daran«, so eine fränkische Quelle wieder, »für die Wohlfahrt des Volkes zu sorgen, als den Starrsinn des Herzogs zu beugen«. In Wirklichkeit war Salerno, zumal ohne Flotte, schwer zu nehmen. Und eine Erhebung Süditaliens, ein Krieg mit Byzanz, mußte für Karl um so fataler sein, als im Norden ein Krieg mit den Awaren bevorstand. Und schließlich sollten auch »die Bistümer und Klöster nicht verheert werden«.
Grund genug, einmal nicht zu »kriegen«. Karl nahm also Grimoald samt zwölf langobardischen Adeligen als Geiseln, schickte Romuald zu seinem Vater, der samt Untertanen den Treueid schwören, die fränkische Oberhoheit anerkennen und künftig einen jährlichen Tribut von 7000 Goldsolidi zahlen mußte. 29
Rigide Bedingungen. Karl konnte zufrieden sein. Er ging wieder nach Rom, »um an den heiligen Stätten seine Andacht zu verrichten« (Einhard). Mit großer Freudigkeit soll er daselbst das heilige Osterfest gefeiert haben. Der Heilige Vater dagegen war weniger erfreut, obwohl ihm der Frankenkönig seine Ansprüche weitgehend erfüllte. Er »schenkte« ihm eine große Anzahl von Städten, darunter im Süden Arpino, Aquino, Capua. Ferner wurde der päpstliche Patrimonienbesitz im Gebiet um Salerno vermehrt. Und auch nach Norden gestand er dem Papst »eine erhebliche Erweiterung des Kirchenstaates zu«, überließ er ihm viele Städte des langobardischen Tuszien, darunter Soana, Viterbo, Orvieto – »ein beträchtlicher Erfolg«, konstatiert wieder der katholische Papsthistoriker Seppelt.
Aber Hadrian blieb unzufrieden. Nicht einmal als im Juli und August 787 Herzog Arichis und sein ältester Sohn Romuald starben, beruhigte er sich. Die Beneventaner baten um Freilassung Grimoalds, des noch als Geisel im Frankenreich festgehaltenen nächstberechtigten Thronerben, sowie um Rückgabe der dem Papst abgetretenen Städte, andernfalls sie den Gehorsam aufkündigen wollten. Der Heilige Vater aber drängte Karl wieder, »tut, wie es Eure Weisheit für gut findet; sollten jedoch die Beneventaner nicht, wie sie versprochen haben, Euren Befehlen nachkommen, so schickt sogleich ein Kriegsheer gegen sie. Wir haben auch bereits mit Euren Gesandten ausgemacht, daß, wenn die Beneventaner nicht bis zum ersten Mai Euren Willen tun, Euer an der Grenze bereitgehaltenes Heer sogleich über sie herfalle, später wäre es wegen der Hitze des Sommers nicht ratsam.«
Der Papst verlangte den Einmarsch eines fränkischen Heeres bis zum 1. Mai 788 in Benevent. Darauf ließ sich Karl, wenn auch vielleicht nur infolge der Lage nördlich der Alpen, nicht ein. Er schickte ausnahmsweise bloß Sondergesandte nach Benevent und gab später, da Adalgis, auf einen Einmarsch ins Herzogtum lauernd, schon in Kalabrien stand, gegen Anerkennung seiner Oberhoheit und andere Auflagen, Grimoald zur Machtübernahme in Benevent frei. Dabei hatte der Papst den König gewarnt: »Glaubt also, darum bitten wir Euch sehr, was den Grimuald, des Arichis Sohn, betrifft, niemandem mehr als uns; Ihr könnt Euch darauf verlassen, daß Italien nicht ruhig bleibt, wenn Ihr den Grimuald nach Benevent gehen laßt.« Inzwischen war ein byzantinisches Heer in Kalabrien gelandet. Auf Karls Befehl aber griff Grimoald im Verein mit dem Herzog Hildebrand von Spoleto die Byzantiner an und schlug sie gänzlich.
Auf die Dauer freilich, Hadrian behielt recht, mochte Grimoald Karls drückende Diktate nicht tragen. Er heiratete eine Nichte des byzantinischen Kaisers und brach mit den Franken. Auftragsgemäß verwüstete darauf Pippin von Italien 791 das Gebiet des »Rebellen«. Und zwei Jahre später unternahm Pippin, verstärkt diesmal durch aquitanische Truppen unter seinem Bruder Ludwig, einen weiteren Rachezug nach Benevent, ohne jedoch Entscheidendes zu erreichen. Eine Hungersnot hatte ihn zum Rückzug gezwungen und sein Aufgebot sogar genötigt, wie der Lorscher Annalist schaudernd schreibt, in der Fastenzeit Fleisch zu essen! Und noch 801 scheiterte eine neuerliche Attacke an einer Pippins Heer dezimierenden Seuche. 30
Die päpstliche Politik war natürlich nicht nur gegen Benevent, sondern auch gegen Byzanz gerichtet, dessen Herrscher ja von Jahrhundert zu Jahrhundert über Rom geboten hatten, bevor ihnen die Päpste mit Hilfe von Langobarden und Franken den Laufpaß geben und auf die ihnen von Gott
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