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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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»kluger Mann« Burchard keineswegs mit Geringschätzung empfangen, ihn vielmehr, freilich »in böser Absicht«, mit den größten Ehren aufgenommen. »Unter anderem gab er ihm sogar als Zeichen seiner besonderen Freundschaft die Erlaubnis, in seinem Gehege einen Hirsch zu jagen, was er sonst nur seinen liebsten und vornehmsten Freunden gestattete. Inzwischen entbot er alle Mannschaft von Pavia und noch einige italienische Fürsten zu Burchards Untergang und behielt diesen solange bei sich, bis er glaubte, daß alle, die ihn töten sollten, versammelt sein könnten.« Und schon am nächsten Morgen, am 29. April 926, vertauschte Herzog Burchard vor Novara, durchbohrt von den Lanzen der auf ihn eindringenden Italiener, »das Leben mit dem Tode«. Desgleichen wurde sein Gefolge, das in der Kirche »des heiligen Christusbekenner Gaudentius« Zuflucht gesucht, samt und sonders erschlagen, »sogar vor dem Altar selbst«.
    Darauf räumte König Rudolf kampflos das Feld. 55

König Hugo greift durch und bereichert die Seinen

    Nicht die eigentlichen Rivalen hatten in Italien gesiegt, sondern ein vordem wenig beteiligter Dritter. Hugo von Arles und Vienne, inzwischen zu Schiff nach Pisa, in das Herrschaftsgebiet seines Halbbruders Wido geeilt, wurde nun dort, nach Rudolfs Vertreibung, von den Legaten Johanns X. feierlich begrüßt und Anfang Juli 926 in Pavia durch Erzbischof Lambert von Mailand zum italienischen König gekrönt (926–947). Kurz darauf fand sich in Mantua auch der Papst bei ihm ein, wo beide einen förmlichen Pakt geschlossen haben sollen. Einerseits vermutlich über Hugos schon damals in Aussicht genommene Kaiserkrönung, aus der nichts wurde; andererseits über Gebietserweiterungen zugunsten des Heiligen Stuhls in der Sabina, dem Herzogtum Spoleto und der Mark Camerino, wo wahrscheinlich Petrus, der Bruder des Papstes, als Markgraf schaltete. 56
    König Hugo beseitigte zunächst mehrere ihm verdächtige oder unliebsame Große. Sie wurden gefangen, gefoltert, geblendet, geköpft, einige mit Beihilfe des Ortsbischof Leo von Pavia – das »tat der Bischof bereitwillig«, zumal die beiden »allmächtigen Richter« von Pavia darunter waren. Dem iudex Gezo stach man beide Augen aus, schnitt ihm die Zunge ab und nahm ihm seinen Besitz. Der iudex Walpert wurde enthauptet, sein Hab und Gut enteignet, seine Gemahlin Christina ergriffen »und auf mannigfache Weise gefoltert, um sie zur Herausgabe versteckter Schätze zu nötigen«. Liutprand fährt bezeichnend fort: »Infolgedessen wuchs nicht allein in Pavia, sondern überall in Italien die Furcht vor dem König, und statt ihn, wie die anderen Könige, für nichts zu achten, erwies man ihm jegliche Art von Ehren.«
    Starkes Durchgreifen ehrt hohe Halsabschneider durch die Zeiten, zumal wenn dazu noch große Ungerechtigkeit kommt, Ämterpatronage, zum Beispiel.
    König Hugo versorgte rührend seinen burgundischen Anhang, darunter mehrere Sprößlinge seiner drei Kebsweiber Pezola, Roza und Stephanie. Zu der letzteren war der gekrönte Lüstling, überhaupt »betört von den Reizen zahlreicher Konkubinen«, ganz »besonders heftig in schändlicher Liebe entbrannt«, während er sich seiner Gattin Bertha nicht nur ehelich verweigerte, sondern sie »in jeder Weise verwünschte« (Liutprand).
    Über politisch-militärische Machtpositionen verfügte Hugo bei den Vergabungen für die liebe Verwandtschaft ebenso wie über kirchliche. Sohn Hubert wurde Pfalzgraf und Markgraf von Spoleto, erhielt aber auch die Mark Tuscien. Sohn Tedbald wurde Archidiakon von Mailand mit der Aussicht auf Nachfolge im Erzbistum. Sohn Gottfried bekam die reiche Abtei Nonantula. Der mit Hugo verschwägerte, von seinem Lütticher Stuhl vertriebene Hilduin gewann das Bistum Verona, bald darauf auch Mailand. Ein Neffe des Königs, Erzbischof Manasse, verließ seinen Sprengel Arles und ging, auf den Onkel bauend, nach Italien, »um hier von Ehrgeiz getrieben viele Kirchen zu mißhandeln, ja zugrunde zu richten«. Er erhielt, »wider menschliches und göttliches Recht«, die Bistümer Mantua, Trient, Verona »zum Fraße« (Liutprand). Verona verkaufte er später einem Grafen Milo, den auch der Papst begünstigte. Johann X. war stets entgegenkommend, ersah er einen Vorteil, was man auch »Zweckdenken« nennt oder, noch schöner, »pragmatisch«. Mit Rücksicht auf König Rudolf von Burgund machte der Papst, schon mehrfach erwähnt, das Söhnchen des Grafen Heribert II. von Vermandois, den noch nicht

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