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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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doch allem Anschein nach schon im frühen Mittelalter »eine formgerechte Hetzjagdtechnik« (Schwenk) entwickelt mit vielen Arten von Hunden, Leithunden, Meutehunden, Spürhunden, Windhunden, Hirtenhunden, Vorstehhunden, Stöberhunden, Laufhunden, Vogelhunden, Biberhunden. Von den Terrier, den Spitzern und Pintschern, die zu den ältesten Jagdhunden gehören, über Pointer, Setter, Wachtel, Spaniels bis zu den Doggen, all das wurde zur Befriedigung hochgeborener Mordlust gezüchtet, scharf gemacht, auch in Klöstern, im Ardennenkloster St. Hubert zum Beispiel, und es erschien, liebevoll abgebildet, in den Mönchshandschriften, auf Altarbildern in Kirchen. (Jagdhunde und Reliquien zählt Ingrid Voss – unmittelbar hintereinander und in dieser Reihenfolge – als Präsente mittelalterlicher Fürsten an Fürsten auf.) Hielt ja auch – trotz der Konzilienverbote – der geistliche Adel hier kräftig mit. Leisteten sich doch Bischöfe, Äbte, simple Priester kostspielige Meuten und zogen das große Halali noch allemal der Sonntagsmesse vor – da sie »die Hymnen der Engel weniger als das Gebell der Hunde schätzten« (Bischof Jonas von Orléans).
    Schon die Kinder der Edlen wurden zur Jagd erzogen. Auch Ludwigs eigener Sohn Karl begleitete dabei den Vater, zusammen mit Mutter Judith, bereits als Dreijähriger, wie 826 bei Ingelheim. Und sobald der kleine Karl das Wild erspähte, erzählt Ermoldus Nigellus, der fränkische Kleriker, vielleicht Mönch, wollte er es »unbedingt nach dem Vorbild seines Vaters verfolgen«. Er flehte um ein Pferd, um Waffen. »Aber andere junge Leute fangen das flüchtige Jungwild und bringen es unversehrt zu Karl. Sofort greift er nach seinen Spielzeugwaffen und schlägt das zitternde Tier.«
    Früh übt sich. So wuchs man im christlichen Abendland auf. So »gehörte« es sich ...
    Töten, Mensch und Tier. Und Beten. Auf beides hin war Ludwig der Fromme eben von kleinauf dressiert. Eines so selbstverständlich wie das andere. »Des Königs frommer Sinn war schon von früher Jugend an«, schreibt der sogenannte Astronomus wieder, »für den göttlichen Dienst und die Erhöhung der heiligen Kirche besorgt, so daß man ihn nach seinen Werken eher einen Priester als einen König nennen möchte.« Ja, er brachte es dahin, daß »die ganze Geistlichkeit Aquitaniens«, die sich bisher »mehr dem Reiten, dem Kriegsdienst, dem Lanzenschwingen als dem göttlichen Dienst« gewidmet, es dann geradezu umgekehrt hielt. Jetzt nämlich blühte dank Ludwig – der doch sogar in der Fastenzeit (!) das Reiten nicht ganz unterließ – der göttliche Dienst samt der weltlichen Wissenschaft »schneller auf als man es glauben konnte«. Ja, dieser Klerus, vor Ludwig »ganz verfallen« (conlapsus erat), florierte durch den jungen König, der auch viele Klöster – bis 814 angeblich 25 – in seinem Machtbereich reformierte, wiederherstellte oder erst neu erbaute, nun derart, »daß er selbst das denkwürdige Beispiel seines Großoheims Karlmann« (vgl. IV 370 f.u. 385!) »nachzuahmen wünschte und daran dachte, den Gipfel des gottseligen Lebens zu erreichen«. 14
    Nun, daraus wurde nichts. Die Macht schmeckte besser. Denn da seine älteren Brüder Pippin und Karl schon gestorben waren, »erwachte in ihm die Hoffnung auf die Herrschaft des ganzen Reichs« (Anonymi vita Hludowici). Und so titulierte sich der fromme Potentat nicht mehr schlicht »rex Francorum«, sondern von allem Anfang an »imperator Augustus«. 15

Säuberung Aachens von »Hochverrätern« und Huren

    Ludwig der Fromme, beim Tod seines Vaters sechsunddreißig Jahre alt, weilte damals gerade in der Pfalz zu Doué-la-Fontaine (bei Saumur) in Aquitanien, jenem weiten, erst nach langen schweren Kämpfen 768 endgültig unterworfenen Land zwischen Atlantik und Rhone, zwischen Loire und der Pyrenäenkette. Zunächst ordnete er eine kirchliche Totenfeier, Gebete, Hymnen, Meßgesang an. Dann zog er über Orléans – wo ihn Ortsbischof Theodulf, der erfahrene Höfling, in einer ad hoc fabrizierten Ode so schwülstig wie überschwenglich verhimmelte – und Paris nach Aachen, allerorts zuerst Christentempel und Klöster besuchend, S. Aignan, S. Mesmin, S. Genevièv, S. Germain-des-Prés, S. Denis, die Grabstätte seines Großvaters Pippin. Und überall eilte ihm der hohe Adel, sagt der Astronom, »um die Wette in großer Menge« zu. Selbst Wala, Karls I. Vetter und einer seiner einflußreichsten Berater, ein Mann, von dem man es vielleicht am wenigsten

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