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Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 05 - Das 9 und 10 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Descher
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göttliche Eingebung. So durfte jetzt nicht aus Ludwigs Liebe zu den Söhnen das Reich zerrissen, vielmehr mußte der älteste Sohn, Lothar, aus Gehorsam zu »Gott« Alleinherrscher werden. Und so wurde er denn auch »auf göttliche Eingebung hin« zum Mitkaiser gewählt und unmittelbar danach gekrönt, wobei ihm nun Ludwig, wie diesem einst dessen Vater, den Schutz der Kirche und besonders des Apostolischen Stuhles ans Herz gelegt hat. Allerdings bekam Lothar die Krone aus eigener Hand, also ohne päpstliche oder bischöfliche Vermittlung; er bekam auch den größten Reichsteil.
    Die jüngeren Söhne, Pippin und Ludwig, erhielten den Königstitel sowie verhältnismäßig kleine, wenn auch nicht unbedeutende Gebiete: Pippin Aquitanien, Waskonien, die Mark Toulouse nebst einigen weiteren Grafschaften, Ludwig den größeren Teil Bayerns, die Ostmark, Pannonien und Kärnten. Beide wurden, um nach Ludwigs Tod dem Zerfall des Reiches in Teilreiche vorzubeugen, Lothar nachdrücklich untergeordnet, in den wichtigsten Herrscherrechten erheblich entmachtet, auf die Innenpolitik beschränkt und als Unterkönige dem Kaiser zum jährlichen Rapport verpflichtet; auch durften sie nur mit seiner Bewilligung heiraten und hatten zudem der Reichsversammlung zu gehorchen. Kurz, die jüngeren Brüder wurden von jeder gleichberechtigten Teilnahme an der Regentschaft ausgeschlossen.
    Andererseits haben die Unterkönige das Recht, alle Ämter in ihren Reichen zu vergeben, nicht nur die weltlichen, wie die Grafschaften, sondern auch die geistlichen, die Bischofssitze und Abteien. Und selbstverständlich behalten die fränkischen Bistümer und Klöster (St-Denis, St-Germain-des-Prés, Reims, Trier, Fulda u.a.) ihre eher mehr als weniger ausgedehnten Besitzungen in Aquitanien, Italien sowie anderen abhängigen Gebieten.
    Auf der Reichsversammlung von Aachen 817 wurden also die Teilreiche zu Reichsteilen. Sie sollten keine selbständigen Staaten, sondern Lothar, dem Beherrscher des Gesamtreiches, unterstellt und jede weitere Teilung, etwa infolge weiterer gesetzlicher Erben der Brüder, ausgeschlossen sein. Alle schworen, die vom Kaiser eigenhändig unterzeichneten Verfügungen zu halten. 24
    Die Ironie der Geschichte:
Karls I.
Divisio regnorum von 806 sah die Reichs
teilung
unter seine drei Söhne vor. Da aber die beiden älteren Söhne starben, wurde Ludwig Alleinherrscher und das Reich blieb ungeteilt.
Ludwigs
Ordinatio imperii von 817 suchte die
Reichseinheit
unter allen Umständen zu sichern. Doch das Unterfangen mißlang – trotz göttlicher Eingebung –, und das Reich wurde geteilt. Nicht zuletzt deshalb, weil König Bernhard von Italien, ein Neffe des Kaisers, in der Ordinatio imperii sang- und klanglos übergangen worden, aber auch keiner der jüngeren Kaisersöhne damit einverstanden war. Die neue Ordnung führte – wie so oft, ja, wie gewöhnlich – zu neuem Streit, zu fortgesetzten Rivalitäten innerhalb des Kaiserhauses und damit zur beginnenden großen Krise des karolingischen Imperiums.

Ludwig der Fromme läßt Verwandte schinden, scheren und legt ein öffentliches Schuldbekenntnis ab

    Das erste Aufbegehren gegen Ludwigs neue Regelung, welche die Einheit von Reich und Kirche, Thron und Altar sichern sollte, ging von Bernhard von Italien aus. Der einzige Sohn König Pippins, des Awarenschatz-Räubers (IV 487 f.), nach dem Tod seines Vaters (810) im Kloster Fulda erzogen, amtierte seit dem Aachener Reichstag vom September 813 offiziell als »König der Langobarden«. Er hatte beim Regierungswechsel dem neuen Kaiser gehuldigt, war »wieder unversehrt«, wie Chorbischof Thegan sagt, nach Italien gelassen, aber zum Reichsteilungsgesetz weder hinzugezogen noch darin auch nur erwähnt worden. Doch als er kraft der Ordinatio imperii Ludwigs Sohn Lothar I. so unterstehen sollte wie bisher Karl »dem Großen«, seinem Großvater, und Kaiser Ludwig, empörte er sich mit zahlreichen Magnaten seines Reiches. Allerdings ging die Initiative dazu, wie die Quellen übereinstimmend berichten, nicht von dem jungen, etwa 20jährigen König aus, sondern von seinen Beratern.
    Wenige Monate nach Veröffentlichung der Ordinatio imperii von 817 hat also der darin gänzlich übergangene Bernhard – zusammen mit »einigen schlechten Menschen« (Annales regni Francorum), ihn aufstachelnden Großen, darunter Bischof Theodulf von Orléans, der Hofpoet, die Bischöfe Anselm von Mailand und Wolfold von Cremona sowie, nach einer alten Quelle, auch Äbte

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