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Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert

Titel: Kriminalgeschichte des Christentums Band 06 - Das 11 und 12 Jahrhundert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Deschner
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Kirchenväter, auch der berühmtesten (II 73 ff!). Doch gab man schließlich als schon längst bestehend aus, was krasse Neuerungen waren und was auf Fälschungen und Lügen beruhte (II 124 ff.).
    Selbst Leo I. aber, der nicht zufällig den Beinamen »der Große« bekam und den raren Titel eines »Kirchenlehrers«, wie nur noch ein einziger Papst, selbst Leo I., der in einer Zeit des politischen Zusammenbruchs den papalen Vorrang nicht hoch genug hinauftreiben, der auch, um beiläufig daran zu erinnern, die Juden nicht genug herabsetzen, verdammen, die »Ketzer« nicht genug verfolgen konnte und dem Kaiser die Religion der Liebe anpries, weil sie »die Macht der Waffen unüberwindlich« mache (!), selbst dieser »große« Leo buckelt vor dem Imperator, ja, spricht ihm Unfehlbarkeit im Glauben zu und sich die Pflicht, den kaiserlichen Glauben zu verkünden (II, 5. Kap.). Dennoch freilich tritt bereits unter Leo I. das Imperium des Papstes theoretisch gleichberechtigt neben das des Kaisers.
    Nur wenige Jahrzehnte später, 495, formuliert Gelasius I. die sogenannte Zwei-Gewalten-Lehre, über ein Jahrtausend das wohl meistzitierte Papstwort, wonach »zwei Dinge« (quippe) die Welt regieren, die bischöfliche Autorität und die königliche Gewalt (II 329 ff.), und ordnet auch die bischöfliche Macht der kaiserlichen über: – es war aus den Fiktionen seiner Vorgänger zusammengeschwindelt. Und widersprach natürlich kraß den wirklichen Machtverhältnissen. Während der ganzen Antike sind die Päpste den Kaisern dienstbar, von ihnen abhängig. Und noch unter mittelalterlichen Monarchen, unter Karl »dem Großen«, den Ottonen, unter so manchen noch des 11. Jahrhunderts, sind sie nicht mehr als die Befehlsempfänger ihrer Gebieter.
    Jetzt aber, nachdem man allein dank der Kaiser im selbstverschuldeten Sumpf, in der eigenen Korruptheit nicht untergegangen, nachdem man allein mit imperialem Beistand mächtiger geworden war, jetzt möchte Gregor VII. sich auch die Kaiser gefügig machen, auch die Kaiser absolut unterordnen. Jetzt zögert er nicht, die Dinge, die Gesetze, die Geschichte, die hierarchischen Gegebenheiten auf den Kopf zu stellen, wofür er entweder gar keine Belege hat oder sie großen klerikalen Gaunerstücken entnimmt, insbesondere den berüchtigten Pseudoisidorischen Dekretalen, den »folgenreichsten Fälschungen« aller Zeiten (V 181 ff!).

Der Papst, der Untergeordnete des Kaisers, macht sich zu dessen Herrn und will die Welt beherrschen

    Die weltlichen Potentaten werden von Gregor nach Kräften degradiert. Das Königtum, erklärt er, gestützt auf Augustin, als eine Erfindung menschlichen Hochmuts, auf Antrieb des Teufels geschaffen. Es werde aber gar wohltätig, ordne es sich dem Klerus unter. Die Könige müßten den Priestern gehorchen, besonders natürlich dem Papst, dem Nachfolger des Petrus, der Herr und Kaiser sei neben Gott. »Wer von Petrus geschieden ist«, behauptet Gregor VII., »vermag keinen Sieg im Kampfe, kein Glück in der Welt zu finden. Denn mit stahlharter Strenge zerstört und zersprengt er, was sich ihm entgegenstellt. Niemand und nichts ist seiner Macht entzogen.«
    Der Bauernabkömmling aus der Toskana kann kaum genug betonen, »wie sehr« königliche und bischöfliche Würde differieren, wie sehr, so belehrt er am 8. Mai 1080 König Wilhelm I. von England, »die königliche Gewalt nächst Gott durch die apostolische Fürsorge und Leitung gelenkt wird« – welch ein »Abstand des höheren Ranges vom niedrigeren«! Doch indes er dem englischen König noch zugesteht, »der allmächtige Gott« habe »die apostolische und die königliche Würde, die alle anderen übertreffen, dieser Welt zu ihrer Leitung zugeteilt«, schreibt er – Pfaffen unter sich – dem Bischof Hermann von Metz, die königliche Würde habe die »menschliche Hoffart« erfunden! Einmal vom allmächtigen Gott herrührend, einmal von menschlicher Hoffart. Die bischöfliche Würde, erzählt er dem Bischof, »richtete die göttliche Barmherzigkeit ein. Jene jagt unablässig nach eitlem Ruhm, diese sucht beständig das himmlische Leben zu erlangen.«
    In Wirklichkeit suchen Bischöfe und besonders Päpste, insbesondere einer wie Gregor, nichts mehr als Macht, Macht, Macht. Und berichtet er, was die Bischöfe betrifft, nicht an anderer Stelle wieder selbst (gewiß nur von jenen, die ihm nicht passen): »Die Bischöfe aber ... setzen das Gesetz Gottes beinahe völlig hintan ..., streben vermittels ihrer kirchlichen

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